Durch die Digitalisierung gewinnt berufliche Weiterbildung an Bedeutung. Sie ist kein Nice-to-have, sondern ein Muss, sagt Expertin Vérane Meyer im Interview mit der Zeitschrift "Wirtschaftsinformatik & Management".
Wirtschaftsinformatik & Management: Wo sieht der Bitkom die größten Herausforderungen beim Thema Weiterbildung?
Vérane Meyer: Nie war es für Mitarbeiter einfacher, unabhängig von Zeit und Ort zu lernen - direkt am Arbeitsplatz, auf Bahnfahrten, im Wartezimmer oder in der Mittagspause. Zudem können die Inhalte besser und zielgerichteter vermittelt werden. Laut unserer Studie stehen acht von zehn Unternehmen digitalen Lernformaten aufgeschlossen gegenüber. Mehr als jedes dritte Unternehmen zeigt sich sogar sehr aufgeschlossen. Lediglich jedes siebte Unternehmen steht dem eher ablehnend gegenüber. Das sind sehr positive Zahlen, aber die Ernüchterung folgt sofort. Zwar sind 80 Prozent wie eben erwähnt grundsätzlich aufgeschlossen, aber nur 32 Prozent der Unternehmen nutzen bereits heute digitale Lernangebote im Rahmen der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Auch wenn digitale Lernformate in vielen Unternehmen also bereits bekannt sind, stehen wir bei der digitalen Transformation der Weiterbildung erst am Anfang. Noch immer ist die Weiterbildung in Deutschland vor allem durch konventionelle Präsenzformate geprägt. Die Herausforderung besteht also darin, dass von den unzähligen Möglichkeiten derzeit nur die wenigsten genutzt werden.
Sind Unternehmen in Deutschland bei diesem Thema gut aufgestellt?
Unsere Studien zeigen, dass regelmäßige Weiterbildungen in der Wirtschaft keine Selbstverständlichkeit sind und die Ressourcen dafür knapp bemessen sind. Berufliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Unternehmen profitieren von qualifizierten Mitarbeitern. Die Beschäftigten bekommen bessere Jobs und bleiben fit für den Arbeitsmarkt. Jedes Unternehmen muss dafür eine Weiterbildungsstrategie rund um digitale Kompetenzen ausarbeiten und für diese selbstverständlich auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen. Weiterbildung muss außerdem Chefsache werden. Führungskräfte müssen dafür sensibilisiert werden, dass Weiterbildung kein Nice-to-have ist, sondern ein Muss. Dazu gehört eine Weiterbildungskultur, in der das lebenslange Lernen über alle Beschäftigungsgruppen hinweg aktiv gefördert wird. Die Weiterbildung muss fester Bestandteil der Unternehmenskultur sein. Und schließlich gilt es, Weiterbildungsmaßnahmen individuell und flexibel auszugestalten - auch mithilfe digitaler Angebote. Weiterbildung sollte sich möglichst einfach in den beruflichen Alltag der Beschäftigten einfügen.
Das vollständige Interview mit Vérane Meyer können Sie in der "Wirtschaftsinformatik & Management", Heft 06/2019 lesen.