Laut einer Arbeitsmarktumfrage des Recruiting-Unternehmens Talents Connect unter 1.019 Ausbildungsabsolventen wünschen sich mehr als Dreiviertel der Auszubildenden bessere Informationen rund um die Berufswahl. Dies scheint durchaus nötig, denn nur vier von zehn aktuellen und Ex-Azubis haben eine Berufsberatung erhalten. 38 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihrem ersten jugendlichen Berufswunsch ohne Alternativensuche gefolgt seien. 22 Prozent ließen sich von Empfehlungen der Eltern oder Bekannter leiten. Und jeder Fünfte entschied sich aufgrund des Angebots an Stellenanzeigen. Dabei wünschen sich 73 Prozent der Umfrageteilnehmer ausführlichere Berufsinformationen schon in der Schule. Mehr als die Hälfte hätten zudem gern bessere Online-Informationsportale. Auch Onlinefragebögen mit Filteroptionen fänden sie gut, um die eigenen Möglichkeiten mit dem Arbeitsmarktangebot abzugleichen.
Verbundenheit mit dem Beruf ist wichtig
Angesichts des Stellenwerts, den der Beruf im Leben hat, ist eine auf die eigenen Interessen und Fähigkeiten abgestimmte Berufswahl sinnvoll. Ansonsten sind Frustration, Scheitern und Berufswechsel vorprogrammiert. Die große Bedeutung von Zufriedenheit und Verbundenheit für die "Passung zum Beruf und die Wahl einer Aus- oder Weiterbildung", bestätigen Christof Nägele, Simone Frey und Markus P. Neuenschwander.
"Zahlreiche Studien belegen, dass eine hohe Zufriedenheit als Ergebnis eines erfolgreichen Anpassungsprozesses und als Voraussetzung für eine positive weitere Entwicklung wichtig ist. Die Verbundenheit mit dem Beruf ist eine affektive Reaktion auf die aktuelle Situation, die eng mit der Entwicklung einer beruflichen Identität verbunden ist. Personen mit einer hohen Verbundenheit sind weniger abwesend, engagieren sich mehr in der Arbeit, leisten mehr und spielen weniger mit dem Gedanken, die Arbeit zu wechseln." Christof Nägele et al., Seite 183/184.
Orientierungshilfe durch Arbeitgeber
Vor dem Hintergrund der Befragungsergebnisse und der Klage vieler Arbeitgeber, keine geeigneten Auszubildenden zu finden, rät Lars Wolfram, Mitgründer und Vorstand von Talents Connect: "Eine wichtige Strategie, die genau passenden Berufseinsteiger zu finden, kann es sein, ihnen ein Angebot in Sachen Berufsorientierung zu machen." Damit hole man junge Menschen genau dort ab, wo sie Entscheidungshilfe benötigen.
Und noch ein weiterer Grund spricht für eine bessere Aufklärung der Jugendlichen über Berufsbilder sowie Voraussetzungen und Perspektiven: Die gestiegene Abbrecherquote bei Berufsausbildungen. Dem Berufsbildungsbericht 2018 des Bundesbildungsministeriums zufolge löst jeder vierte Lehrling (25,8 Prozent) in Deutschland den Ausbildungsvertrag vorzeitig. Den größten Schwund verzeichnet dabei der Nachwuchs an Sicherheitsfachkräften (50,6 Prozent), dicht gefolgt von Köchen, Restaurantfachkräften und Friseuren. Es verwundert kaum, dass in Berufen mit besonders geringer Vergütung deutlich weniger Auszubildende bis zur Prüfung durchhalten. Die niedrigste Abbrecherquote von nur 4,1 Prozent weist die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten auf.
Gute Ausbildungskonzepte zahlen sich aus
Der Berufsbildungsreport nennt als Ursachen für die hohen Abbrecherquoten von Seiten der Azubis allerdings in erster Linie Konflikte mit Vorgesetzten, mangelnde Ausbildungsqualität, ungünstige Arbeitsbedingungen und eben auch falsche Berufsvorstellungen.
Was Unternehmen alles einfällt, um Auszubildende zu gewinnen und zu halten, zeigt hingegen die Studie Deutschlands beste Ausbildungsbetriebe 2018. Die Kommunikationsberatung Faktenkontor, die im Auftrag von Focus/Focus Money die Ausbildungsqualität der 20.000 mitarbeiterstärksten Betriebe aus 93 Branchen untersucht hat, zeichnet darin 745 Unternehmen für ihre gute Ausbildungsqualität aus. So etwa das Unternehmen Allgäu-Pflege, das eine eigene Akademie betreibt. Oder die Elektrofirma Ziehl-Abegg, deren Ausbildungskonzept auch Auslandseinsätze vorsieht. In Zeiten schwer zu besetzender Ausbildungsplätze könnten Betriebe, die überdurchschnittlich in ihre Azubis investieren, punkten, meint denn auch Faktenkontor-Geschäftsführer Jörg Forthmann. Er verweist sowohl auf inhaltliche Maßnahmen – beispielsweise spezielle Förder- und Mentorenprogramme – als auch auf finanzielle Anreize.
Einen weiteren, für die Berufsausbildung relevanten Aspekt nennen zudem Rolf Arnold et al. in ihrem Fachbeitrag "Weiterbildung und Beruf": "Beruflichkeit hat sich in erheblichem Umfang 'geweitet' und ein umfassenderes und zum Lebenslangen Lernen kompatibles Verständnis von beruflicher Handlungskompetenz hervorgebracht." (Seite 935) Neben Fachkompetenzen werden methodische und persönlich-zwischenmenschliche Fähigkeiten immer wichtiger. Auch dem müssen Betriebe Rechnung tragen, wenn sie ihre Auszubildenden fit machen wollen für das Arbeitsleben.