In der deutschen und internationalen Politikwissenschaft herrscht im Allgemeinen ein weitgehender Konsens darüber, dass Parteien aufgrund der ihnen angedachten Funktionen einen herausgehobenen Stellenwert im politischen System einnehmen. Ihr Stellenwert in der deutschen Kommunalpolitik ist indes aus mehreren Gründen umstritten. Wie in diesem Kapitel vertiefend dargestellt wird, genießen Wählergemeinschaften vielfach den Ruf, eine adäquate Alternative zu den Parteien darzustellen. Um aufzuzeigen, weshalb die Selbstdarstellung der Wählergemeinschaften als parteifreie Akteure für die politikwissenschaftliche Analyse eine herausgehobene Rolle spielt, rückt in einem ersten Schritt das normativ-theoretische Spannungsverhältnis zwischen Wählergemeinschaften und Parteien in den Fokus. Zuerst werden deshalb kurz die Herausforderungen der Parteiendemokratie in der überörtlichen Politik skizziert, um anschließend detaillierter auf die Besonderheiten der Kommunalpolitik verweisen zu können. In einem zweiten Schritt wird sich dem empirischen Spannungsverhältnis von Wählergemeinschaften und Parteien zugewandt und der Analyserahmen abgeleitet. Es werden drei Forschungsdesiderate identifiziert, die als Anknüpfungspunkte für die vorliegende Studie dienen und das weitere Vorgehen strukturieren.
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Insofern lässt sich der Landes- und Bundesverband der Freien Wähler als Antwort auf die ansonsten fehlende Anbindung an die höheren politischen Ebenen interpretieren. Als Interessenorganisation setzte sich der Landesverband in Baden-Württemberg beispielsweise für die Teilhabe an der staatlichen Parteienfinanzierung ein (Freie Wählervereinigung Baden-Württemberg (2006, S. 47).
Kritisch ist einzuwenden, dass der Mitgliederschwund nicht zwangsläufig die Präsenz der Parteien vor Ort bedrohen muss. Nach Klein u. Spier (2011, S. 209) legen Erkenntnisse zu den Parteimitgliedern in Deutschland nah, dass Neumitglieder sich durch ein höheres Maß an Aktivität kennzeichnen als alteingesessene Mitglieder: „Möglicherweise werden wir folglich gegenwärtig Zeuge eines Prozesses, in dessen Verlauf die Mitgliederbasis der deutschen Parteien auf einen harten, aktiven Kern zusammenschmilzt. Die absolute Zahl der aktiven Parteimitglieder kann dabei ungeachtet der sinkenden Zahl nomineller Parteimitglieder durchaus konstant bleiben“.