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Erschienen in: e & i Elektrotechnik und Informationstechnik 2/2018

Open Access 27.03.2018 | Originalarbeit

Auslegung einer Einzelpol-Synchron-Reluktanzmaschine hinsichtlich sensorlosen Betriebs eines industriellen Antriebs

verfasst von: Matthias Hofer, Mario Nikowitz, Manfred Schrödl

Erschienen in: e+i Elektrotechnik und Informationstechnik | Ausgabe 2/2018

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Zusammenfassung

In dieser Arbeit wird die Auslegung einer Synchron-Reluktanzmaschine mit ausgeprägten Polen für eine industrielle Applikation vorgestellt. Dieser Maschinentyp besticht durch seinen einfachen und kostengünstigen Aufbau ohne Permanentmagnete und Wicklungen im Rotor und der zusätzlichen Möglichkeit, geberlose Regelungsverfahren anwenden zu können. Die Auslegungskriterien werden erläutert und die Maschine auf Basis eines gegebenen Stators untersucht. Ein niedriger Oberschwingungsgehalt der Statorspannung sowie eine geringe Welligkeit des Drehmoments sind wesentliche Ziele beim Entwurf. Durch Variation von Geometrieparametern wird ein optimaler Rotorentwurf gefunden. Abschließend werden mögliche Betriebsstrategien der Maschine im Feldschwächbetrieb analysiert und dadurch die Einsatzmöglichkeit für diese Anwendung bestätigt.

1 Einleitung

Synchron-Reluktanzmaschinen (SynRM) haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Einerseits ist der Maschinentyp durch einen einfachen Rotoraufbau ohne Permanentmagnete und Rotorwicklungen gekennzeichnet und andererseits können damit IEC-Wirkungsgradanforderungen der Klasse IE4 oder sogar IE5 [1] erreicht werden. Der alternative Einsatz von SynRM anstatt Asynchronmotoren (ASM) wurde in diversen Arbeiten [24] untersucht. Für diese Anwendung wurde bereits in einer vorgehenden Arbeit [5] ein SynRM-Rotor mit Flussbarrieren entworfen (Nenndaten in Tab. 1). Der Wirkungsgradvorteil dieser Maschine wurde durch eine deutlich geringere Erwärmung bei gleichem Anwendungsprofil bestätigt. Die Anforderungen aus der industriellen Anwendung an die elektrische Maschine können im Folgenden zusammengefasst werden:
  • Die Übernahme des Stators einer Norm-Asynchronmaschine (zumindest die Statorgeometrie und die Wicklungsanordnung) der Baugröße 63.
  • Ein Drehmoment von 0,6 N m bei 1,5 Aeff Phasenstrom bis zumindest einer Drehzahl von 800 min−1.
  • Ein weiter Konstantleistungsbereich von 50 W bis zu einer Drehzahl von 6000 min−1 im Feldschwächbetrieb bei 162 Veff Außenleiterspannung.
  • Ein niedriger Drehmomentrippel und ein geringer Oberschwingungsgehalt der Statorspannung für eine gute Regelbarkeit und geringe Schwingungsneigung des Antriebs.
Tab. 1.
Nenndaten der Synchron-Reluktanzmaschine
Nennleistung
185 W
Nennmoment
0,6 N m
Nenndrehzahl
3000 min−1
Nennstrom
1,5 Aeff
Nennspannung
162 Veff, Y
Mit der Verwendung einer SynRM anstatt einer ASM kann bereits eine Kostensenkung bei Material- und Fertigungskosten erreicht werden. Eine Kombination der SynRM mit einer sensorlosen Positionserfassung spart weiters die Gebereinheit und entsprechende Schnittstellen im Antriebssystem ein. Sensorlose Verfahren werden in einigen Anwendungen bereits industriell eingesetzt. Für SynRM wurde das sogenannte INFORM-Verfahren in [6] vorgestellt und auch in [7] erfolgreich angewendet. Auch für diese Anwendung wurde eine sensorlose Regelung der Flussbarrieren-SynRM einschließlich der Feldschwächung bereits in [5] untersucht. Aus Erfahrungen mit dieser Maschine und eines magnetgelagerten sensorlosen Antriebs mit einer Einzelpol-SynRM [7] können zwei wesentliche Anforderungen für eine gute Eignung der SynRM zur Verwendung von sensorlosen Positionsbestimmungsverfahren abgeleitet werden:
  • Eine hohe Achsigkeit durch ein großes Induktivitätsverhältnis \(L_{d}/L_{q}\).
  • Möglichst konstante Induktivitätswerte der Längs- und Querinduktivität \(L_{d}\) und \(L_{q}\), welche unabhängig vom Betriebspunkt sind.
Ausgehend von diesen Gesamtanforderungen wird in dieser Arbeit eine SynRM mit ausgeprägten Polen entworfen, weil bei diesem Maschinentyp die Geometrie hauptverantortlich für die Induktivitäten sind und eine geringe Arbeitspunktabhängigkeit erwartet wird.

1.1 Mathematische Beschreibung der SynRM

Mit einer Beschreibung der SynRM im rotorfesten \(dq\)-Koordinatensystem kann die Achsigkeit der Maschine entsprechend berücksichtigt werden. Die komplexe Statorspannung \(\underline{U}_{S}=U_{S,d}+j U_{S,q}\) kann durch die verkoppelten Differentialgleichungen
$$ \textstyle\begin{array}{@{}llll} \displaystyle U_{S,d} = R_{S} I_{S,d} + L_{d} \frac{d\ I_{S,d}}{dt} - \varOmega_{e} L_{q} I_{S,q} \cr U_{S,q} = R_{S} I_{S,q} + L_{q} \frac{d\ I_{S,q}}{dt} + \varOmega_{e} L_{d} I_{S,d} \end{array} $$
(1)
beschrieben werden, wobei \(R_{S}\) der Statorwiderstand, \(\varOmega_{e}\) die elektrische Kreisfrequenz, \(L_{d}\) die Längs- und \(L_{q}\) die Querinduktivität und \(\underline{I}_{S}=I_{S,d}+j I_{S,q}\) der komplexe Statorstrom ist. Es sei erwähnt, dass im Allgemeinen die Maschineninduktivitäten nicht konstant und abhänging vom Arbeitspunkt sind, also mit \(L_{d}(I_{S,d},I_{S,q})\) und \(L_{q}(I_{S,d},I_{S,q})\) Funktionen der Stromkomponenten sind. Das Drehmoment \(M\) ist abhängig von der Differenz der Induktivitäten und den Stromkompenenten in Längs- und Querrichtung
$$ M=\frac{3}{2} p (L_{d}-L_{q}) I_{S,d} I_{S,q} $$
(2)
Ist eine der beiden Stromkomponenten Null wird kein Drehmoment erzeugt. Weiters ist bei einer geringen Achsigkeit (\(L_{d}-L_{q}\)) die Drehmomentausbeute gering. Da speziell bei Flussbarrieren-SynRM die Induktivitäten über einen weiten Bereich variieren, resultiert daraus die äußerst geringe Drehmomententwicklung bei geringem Strom (Teillastbetrieb), solange die Rotorstege nicht gesättigt sind.

1.2 Rotor mit Flussbarrieren

Die SynRM mit Flussbarrieren im Rotor basieren üblicherweise auf dem Konzept durch die Anordnung von Bohrungen oder Schlitzen innerhalb der zylindrischen Rotorgeometrie eine Achsigkeit des Rotors zu erzeugen. Für diese Anwendung wurde bereits ein vierpoliger Rotor mit drei Flussbarrieren entworfen und aufgebaut (siehe [5]). Die gemessene stationäre Drehmoment/Drehzahl-Kennlinie in zwei verschiedenen Betriebsarten MTPA und MTPV (engl. Maximum Torque per Ampere, Maximum Torque per Volt) sowie die Drehmomentanforderung ist in Abb. 1 dargestellt. Dabei wurde der Stator der ASM vollständig (Windungszahl, \(\Delta \)-Schaltung) übernommen und die geforderten Drehmomente konnten erreicht werden. In dieser vorgehenden Arbeit wurde festgestellt, dass für den sensorlosen Betrieb dieser Maschine bei kleinen Drehzahlen inkl. Stillstand eine Mindestachsigkeit gefordert wird und diese nur durch eine permanente Bestromung mit einem Mindeststrom \(I_{S,q,min}\) sichergestellt werden kann. Das bedeutet einen schlechteren Wirkungsgrad im Teillastbetrieb gegenüber einer Regelung mit Drehgeber und ist mitunter ein Grund für die nähere Untersuchung eines Einzelpol-Rotors.
Rotoren mit Flussbarrieren können auch eine nicht-zylindrische Außenkontur haben. Beispielsweise werden in [8] unterschiedliche Rotorvarianten mit und ohne sogenannten „cut-offs“ bzw. „cut-outs“ untersucht. Durch Vergrößerung der äußersten Flussbarriere nach außen hin bis zum Rotordurchmesser entsteht eine Ausnehmung in der q-Richtung an der Rotoroberfläche. Je nach Abmessungen und Anzahl der Flussbarrieren kann so eine Mischform zwischen Flussbarrieren-Rotor und Rotor mit ausgeprägten Polen dargestellt werden. In [8] wird dadurch ein etwas höheres Induktivitätsverhältnis \(L_{d}/L_{q}\) erreicht, wodurch auch das maximale mittlere Drehmoment und der Wirkleistungsfaktor leicht ansteigen. Diese Ausnehmungen führen aber auch zu einem Anstieg des Drehmomentrippels. Aufgrund des Einflusses auf die Induktivitäten kann dadurch der benötigte Mindeststrom \(I_{S,q,\mathit{min}}\) für die sensorlose Regelung der Flussbarrieren-SynRM je nach Ausführung der Rotor-Mischform verringert oder ev. auch ganz vermieden werden. Dieser Rotortyp ist daher ebenfalls für einen sensorlosen Betrieb denkbar, jedoch ist die Rotorgeometrie komplexer, wodurch höhere Fertigungskosten als beim Einzelpolrotor erwartet werden.

1.3 Rotor mit ausgeprägten Polen

Beim SynRM-Rotor mit Einzelpolen bzw. ausgeprägten Polen kommt die Achsigkeit alleine durch einen variablen Luftspalt am Umfang des Rotors zustande. Die Maschinenparameter sind daher weitgehend unabhängig vom Lastpunkt der Maschine. Durch die Vermeidung von internen Ausnehmungen im Rotor kommt es auch nicht zu lokal auftretenden hohen mechanischen Spannungen bei hohen Drehzahlen. Daher erlaubt der Einzelpol-Rotor den Betrieb bei höheren Drehzahlen als ein Flussbarrieren-Rotor gleichen Durchmessers. Der Prinzipquerschnitt eines vierpoligen Einzelpolrotors mit den wesentlichen Parametern Polbreite \(b_{P}\), Polradius \(r_{P}\) und Polwinkel \(\beta_{P}\) ist in Abb. 2 gezeigt. Ein derartiger Rotor wurde für eine SynRM in \(\Delta\)-Schaltung bereits analysiert [9]. Die Analyse zeigt, dass hier eine hohe dritte Spannungskomponente auftritt und zu Problemen mit Kreisströmen führen kann. Eine Abhilfe bietet lediglich die Verwendung einer Zweischichtwicklung mit \(5/6\)- oder \(4/6\)-Sehung. In dieser Anwendung ist aber der Beibehalt der Werkzeuge und der Fertigungsschritte in der Statorfertigung gewünscht. Daher beruht die folgende Analyse auf einer Einschichtwicklung (\(q=2\)) bei 24 Statornuten mit einer adaptierten Statorwindungszahl \(N=74\) in Y-Schaltung.

2 Maschinenentwurf

In diesem Abschnitt wird der Maschinenentwurf der Einzelpol-SynRM mit entsprechendem Parametereinfluss des Rotors diskutiert. Die Statorgeometrie und die Statorwicklung bleiben unverändert. Die Analyse erfolgt mittels zweidimensionaler Finite Elemente Methode bei sinusförmiger Stromeinprägung. Die diskrete Schrägung des Rotors wird durch Berechnung von „Teilmaschinen“ und Superposition durchgeführt. Eine Berücksichtigung der Eisen- und Reibungsverluste erfolgt in diesem Entwurfsstadium noch nicht.

2.1 Rotorpolbreite und diskrete Schrägung

Ein wesentlicher Parameter des Rotors ist die Polbreite \(b_{P}\). Die Variation (Abb. 3) bei zylindrischer Rotorform (\(r_{P}=r_{R}\)) zeigt, dass in einem Bereich 16 mm bis 21 mm der Polbreite ein Plateau des Drehmoments liegt. Ebenfalls wurde eine diskrete Schrägung des Rotors um eine Statorzahnteilung (15) mit 3 Segmenten untersucht, welche eine signifikante Reduktion des Drehmomentenrippels bringt. Der Rippel ist im ungeschrägten Fall etwa 1 N m und wird bereits durch Schrägung mit 3 Segmenten um etwa Faktor 3 auf etwa 0,3 N m reduziert. Weiters ist das harmonische Verhalten der Außenleiterspannung in Abb. 4 ersichtlich. Die Fourier-Analyse zeigt ungerade Ordnungszahlen der Spannungsharmonischen (siehe auch Abb. 6). Die Spannungen \(U_{5}\), \(U_{7}\), \(U_{11}\) und \(U_{13}\) sind dabei dominant und lt. Abb. 4 je nach Polbreite \(b_{P}\) zusammen nahezu unabhängig bei etwa 20 V Amplitude. Zur Erfüllung der Spannungsanforderung ist eine möglichst kleine Spannungsgrundschwingung \(U_{1}\) bei einem Minimum der Oberschwingungen erwünscht. Diese wäre zwar bei \(b_{P}=14\) mm gegeben, was aber zu weniger Drehmoment führen würde, daher wurde \(b_{P}=16{,}75\) mm gewählt.
Die Rotorschrägung bringt hinsichtlich Drehmomentenwelligkeit schon mit 3 Segmenten eine deutliche Verbesserung. Eine Erhöhung der Segmentanzahl mit dem Einfluss auf das Drehmoment ist in Abb. 5 dargestellt. Während der Mittelwert bereits ab 3 Segmenten nicht mehr weiter sinkt, kann mit 9 Segmenten der gleiche Rippel erreicht werden wie bei kontinuierlichen Schrägung mit sehr großer Segmentanzahl. In der Fourier-Analyse Abb. 6 sieht man den großen Einfluss der Schrägung vor allem auf die höheren Harmonischen und eine deutliche Reduktion der Spannungen \(U_{11}\) und \(U_{13}\).

2.2 Ungleiche Polabstände

Üblicherweise ist die Geometrie und die Wicklungsanordnung von elektrischen Maschinen des Stators und Rotors symmetrisch und für jeden Pol bzw. jedes Polpaar gleich ausgeführt. D. h. eine vierpolige Maschine (\(2p=4\)) besitzt vier gleiche Polformen in äquidistanten Polabständen von \(\beta_{P}=90^{\circ}\). Die Verwendung von asymmetrischen Anordnungen, wie z. B. bei Flussbarrieren-SynRM [10], haben einen Einfluss auf die Spannungsharmonischen der Maschine und können als Entwurfsmaßnahmen zur Beeinflussung von Maschineneigen-schaften herangezogen werden. Bei diesem Design einer Einzelpol-SynRM wird der Abstand zwischen jeweils zwei Polen mit dem Winkel \(\beta_{P}\) durch Verwendung eines Versatzwinkels \(\Delta\beta\) zu
$$ \beta_{P,1,2}=\frac{360^{\circ}}{2p} \pm2 \Delta\beta $$
(3)
verändert. Damit ergeben sich für die vierpolige Maschine jeweils abwechselnd ein größerer Winkel \(\beta_{P,1}\) und ein kleinerer Winkel \(\beta_{P,2}\) zwischen zwei Polen. Positive oder negative Winkel \(\Delta\beta\) führen jeweils zur gleichen Wirkung von zwei größen und zwei kleineren Polwinkeln. Im Allgemeinen wäre es natürlich möglich alle Winkel unterschiedlich groß zu wählen um ev. durch die weiteren Freiheitsgrade eine zusätzliche Verbesserung zu erreichen. Lt. Abb. 2 liegt dann die magnetische \(d\)-Achse nicht mehr direkt auf einer Polachse, sondern ist um den Winkel \(\pm\Delta\beta\) verschoben. Die magnetische Querachse liegt weiterhin auf einer Symmetrieachse der Rotorgeometrie. Mit steigendem Polwinkel \(\Delta\beta\) nimmt das Drehmoment (Abb. 7) und die Spannungsgrundschwingung \(U_{1}\) (Abb. 8) ab. Es zeigt sich ein minimaler Drehmomentrippel bei einem Polwinkel \(\Delta\beta=8^{\circ}\). Die Spannungsoberschwinung, vor allem die Spannung \(U_{7}\) ist ebenfalls deutlich abgeschwächt. Dieser Polwinkel \(\Delta\beta=8^{\circ}\) stellt einen guten Kompromiss zwischen Spannungsharmonischen und Drehmomentwelligkeit dar.

2.3 Polform des Rotors

Eine spezielle Ausformung der Rotorpolschuhe stellt ebenfalls eine Möglichkeit zur Beeinflussung der Harmonischen dar. Oftmals werden Polschuhe bei Schenkelpolmaschinen oder Permanentmagnetsynchronmaschine (PMSM) mit einer inversen Cosinusfuktion (z. B. [11, 12]) entworfen. Ein kreisförmiger Pol mit einem Polradius \(r_{P}\), welcher kleiner als der Rotorradius \(r_{R}=27{,}8\) mm ist, stellt eine gute Näherung dar [12] und ist konstruktiv entsprechend einfacher. Ausgehend von einem zylindrischen Rotor führt eine Verringerung des Polradius \(r_{P}\) zur Reduktion der Spannungsgrundschwingung (Abb. 9) und zum Absinken des mittleren Drehmoments (Abb. 10). Das Rippelmoment sinkt nur leicht ab. Die größte Verbesserung des Drehmomentrippels hat die Rotorschrägung gebracht. Die Amplituden der Spannung mit den Ordnungszahlen 5, 7, 11 und 13 variieren nur marginal und steigen bei kleineren Radien sogar wieder leicht. Es zeigt sich also ein geringer Einfluss der Rotorpolform, dennoch wird für die Maschine ein um 2 mm kleinerer Polradius \(r_{P}=25{,}8\) mm verwendet. Die Statorspannungsgrundwelle beträgt \(U_{1}=264{,}3\) V bei Nenndrehzahl und das Drehmoment \(M=0{,}685\) N m liegt über der Anforderung. Um die Anforderungen des Antriebs zu erfüllen wird schließlich eine Verringerung der Windungszahl von \(N=74\) auf \(N=70\) vorgenommen. Folglich sinken bei Nennstrom die Drehmomente und die Spannungen.

3 Betriebsverhalten der Einzelpol-SynRM

Nach dem Entwurf der Maschine wird in diesem Abschnitt das Betriebsverhalten im Grunddrehzahl- und Feldschwächbetrieb untersucht. Zunächst sind die maximale Drehmomentausbeute und die Induktivitätswerte der Maschine von Interesse. Nachfolgend wird die Feldschwächung im MTPA- und MTPV-Betrieb erläutert.

3.1 Maximales Drehmoment pro Statorstrom

Bei der Untersuchung lt. Abb. 11 wird bei konstantem Strombetrag (Nennstrom und halber Nennstrom) der Stromwinkel \(\arg\{ \underline{I}_{S,dq} \}\) variiert, um das Maximum des Drehmoments zu ermitteln (engl. Maximum Torque per Ampere, MTPA). Der Höchstwert liegt sowohl bei Nennenstrom und halben Nennstrom erwartungsgemäß bei 45. Eine Verschiebung zu höheren Werten wie oft bei gesättigten Flussbarrieren-Maschinen ist hier aufgrund nahezu konstanter Induktivitäten nicht gegeben. Mit den optimalen Strömen \(I_{S,d}=I_{S,q}=|I_{S}|/ \sqrt{2}\) für diesen Maschinentyp im MTPA-Bereich erhält man somit den quadratischen Zusammenhang zwischen Drehmoment und Spitzenwert des Statorstroms zu
$$ M_{\mathrm{MTPA}}=\frac{3}{4} p (L_{d}-L_{q}) |\underline{I}_{S}|^{2} $$
(4)
Der Rippel des Drehmoments ist dabei unabhängig vom Stromwinkel und ist ebenfalls wie das Drehmoment bei halbem Nennstrom etwa nur ein Viertel so groß. Das maximale Drehmoment liegt über der Anforderung von 0,6 N m. Aus der Analyse der Statorspannung (Abb. 12) ist ersichtlich, dass bei Nenndrehzahl \(n_{N}=3000~\mbox{min}^{-1}\) bereits ein leicht feldschwächender Strom (\(\arg\{ \underline{I}_{S,dq} \} =49^{\circ}\)) nötig ist, damit die Spannungsgrenze eingehalten wird. Die Harmonischen sind dabei nahezu unabhängig vom Arbeitspunkt und liegen im Bereich <10 V.

3.2 Längs- und Querinduktivität

Die Achsigkeit der Maschine wird durch die Induktivitäten charakterisiert. Die Analyse zeigt die klaren Vorteile des Rotors mit ausgeprägten Polen gegenüber Flussbarrieren-Typen. Die Längsinduktivität \(L_{d}\approx134\) mH ist nahezu und die Querinduktivität \(L_{q}=38\) mH vollkommen unabhängig vom Arbeitspunkt der Maschine (Abb. 13). Eine vernachlässigbar kleine Gegeninduktivität \(L_{dq}\) zufolge Sättigung gibt es daher nur bei großen Strömen. Diese Maschine hat ein mittleres und nahezu konstantes Verhältnis \(L_{d}/L_{q}=3{,}52\). Diese Eigenschaft ist einerseits für die Verwendung einer sensorlosen Regelung äußerst vorteilhaft und ermöglicht andererseits die Verwendung einfacher linearer Maschinenmodelle lt. Gl. (1) mit konstanten Koeffizienten für die Regelung. Im Allgemeinen werden speziell für die optimale Regelung der Maschine im Feldschwächbetrieb Kennfelder \(L_{d}(I_{S,d},I_{S,q})\) und \(L_{q}(I_{S,d},I_{S,q})\) der Induktivitäten verwendet, um Sättigung und ev. Querkopplung entsprechend zu berücksichtigen.

3.3 Feldschwächung im MTPA-Betrieb

Die MTPA-Betriebsart ist dadurch gekennzeichnet, dass der optimale Stromwinkel, in diesem Fall konstant 45 verwendet wird (\(I_{S,d}=I_{S,q}\)), siehe Abb. 11. Somit wird ein minimaler Strom für die Erzeugung des angeforderten Drehmoments verwendet was gleichbedeutend mit minimalen ohm’sche Verlusten ist. Diese Betriebsart wird üblicherweise im Grunddrehzahlbereich (Bereich I), solange die Spannungsgrenze nicht erreicht ist, verwendet und kann aber auch im Feldschwächbetrieb angewendet werden (Bereich II), siehe Abb. 14 und Abb. 15. Dabei bleibt der Stromwinkel konstant und der Strombetrag wird beim Erreichen der Spannungsgrenze bei \(n=2850~\mbox{min}^{-1}\) reduziert. Genau an der Spannungsgrenze ist die Leistung maximal (185 W) und sinkt danach wieder bis auf 91 W bei 6000 min−1 ab.

3.4 Feldschwächung im MTPV-Betrieb

Abhängig von der Drehzahl der Maschine können nun drei Betriebsbereiche unterschieden werden (Abb. 16). Im Grunddrehzahlbereich (Bereich I) wird wieder der wirkungsgradoptimale MTPA-Betrieb verwendet. Ab der Spannungsgrenze bei \(n=2850~\mbox{min}^{-1}\) wird in den MTPV-Betrieb übergegangen. Dabei wird das maximal erreichbare Drehmoment (bzw. Leistung) an der Spannungsgrenze ermittelt. Der Strombetrag wird dabei nicht reduziert, sondern vorerst weiterhin voll ausgenützt. Der Stromwinkel \(\arg\{ \underline{I}_{S,dq}\}\) aber steigt von 45 bis 73 an (Bereich II). In diesem (näherungsweisen) Konstantleistungsbereich (engl. Constant Power Speed Range, CPSR) wird die q-Stromkomponente erhöht, während die \(d\)-Stromkomponente verringert wird (Abb. 17). Die Leistung der Maschine kann dadurch noch weiter erhöht werden (>185 W) und ist an den Bereichsgrenzen I–II und II–III gleich groß (185 W). Im Bereich III wird dann sowohl der d-als auch der q-Strom verringert und die Leistung sinkt mit steigender Drehzahl entsprechend ab.
Der Phasenwinkel \(\varphi_{1}\) ist für Drehzahlen über 1500 min−1 etwa im Bereich 50 bis 55, was einem Wirkleistungsfaktor \(\cos\varphi_{1}\approx 0{,}6\) entspricht. Dieser relativ geringe Wert ist typisch für SynRM oder auch ASM verglichen mit höheren Werten von PMSM. In der MTPV-Betriebsart wird die Leistungsfähigkeit des SynRM-Antriebs im Feldschwächbetrieb gegenüber reinem MTPA-Betrieb deutlich erhöht. Weiters wird festgestellt, dass die Einzelpol-SynRM zwar bereits im MTPA-Betrieb die Drehmomentanforderungen an den Antrieb erfüllt und im MTPV-Betrieb bei 6000 min−1 sogar eine Luftspaltleistung von 158 W, also etwa dreimal größer als die geforderte Leistung ist. Diese Analyse zeigt das hohe Potential der Einzelpolmaschine hinsichtlich Leistungsfähigkeit im Feldschwächbetrieb und auch der guten Eignung für eine sensorlose Regelung des Antriebs.

4 Zusammenfassung

Die Untersuchung der Einzelpol-Synrchonreluktanzmaschine in dieser Arbeit zeigt vier wesentliche Vorteile gegenüber der Flussbarrieren-Reluktanzmaschine aufgrund eines hohen und konstanten Induktivitätsverhältnisses auf. Erstens, die hohe und konstante Achsigkeit ermöglicht eine sensorlose Positionsbestimmung unabhängig vom Laststrom auch im stromlosen Zustand. Zweitens, im Teillastbetrieb erzeugt die Einzelpol-Maschine größere Drehmomente bei gleichem Statorstrom, da kein Magnetisierungsbedarf zum Aussättigen der Stege wie beim Flussbarrieren-Rotor nötig ist. Drittens, im Feldschwächbetrieb an der Spannungsgrenze können höhere Drehmomente und Leistungen abgegeben werden. Viertens, die konstanten Maschinenparameter erlauben die Verwendung einer konventionellen feldorientierten Regelungsstruktur ohne Parameterkennfelder mit hoher Modellgenauigkeit. Wesentlich ist noch, dass der Rotor durch einfache und unkritische Fertigungsschritte kostengünstig erzeugt werden kann. Als nachteilig gezeigt hat sich der etwas höhere Aufwand beim Entwurf der Maschine und dass aufgrund der einfachen Geometrie nur wenige Parameter für eine Optimierung zur Verfügung stehen. Für die Anwendung in einem industriellen Antrieb konnte aber schließlich ein Rotor entworfen werden, welcher die Anforderungen des Antriebs selbst voll erfüllt und eine weitere Kosten- und Strukturvereinfachung mittels sensorloser Positionsbestimmung ermöglicht. Der entworfene Rotor wird derzeit als Prototyp gebaut und nach Fertigstellung hinsichtlich der Anforderungen mit einer sensorlosen Regelung verifiziert.

Danksagung

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Metadaten
Titel
Auslegung einer Einzelpol-Synchron-Reluktanzmaschine hinsichtlich sensorlosen Betriebs eines industriellen Antriebs
verfasst von
Matthias Hofer
Mario Nikowitz
Manfred Schrödl
Publikationsdatum
27.03.2018
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
e+i Elektrotechnik und Informationstechnik / Ausgabe 2/2018
Print ISSN: 0932-383X
Elektronische ISSN: 1613-7620
DOI
https://doi.org/10.1007/s00502-018-0611-x

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