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Erschienen in:

Open Access 07.10.2024 | Hauptbeiträge

Auswirkung der Besonderheiten einer Organisation auf Change-Prozesse – die Integration interner Beratung am Beispiel von „ekiba 2032“ der Evangelischen Landeskirche in Baden

verfasst von: Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer, Prof. Dr. Frank Habann, Oliver Wehrstein, Prof. Dr. Christopher Zerres

Erschienen in: Organisationsberatung, Supervision, Coaching | Ausgabe 4/2024

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Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht die Auswirkungen der Besonderheiten einer Organisation auf Change-Prozesse am Beispiel des Strategieprozesses 'ekiba 2032' der evangelischen Landeskirche in Baden. Kirchen sind besondere Organisationen mit starken Professionskulturen und Sinnstiftung, die vor existenziellen Herausforderungen stehen. Die Analyse konzentriert sich auf vier Hauptmerkmale: Rollenmischung, träge Organisation, Purpose-driven Organization und Rollenwechsel. Diese Merkmale werden detailliert untersucht und mit beispielhaften Maßnahmen und Prozessschritten verbunden, die im evangelischen Kirchenbezirk Ortenau erprobt wurden. Die Befragungsergebnisse basieren auf Interviews mit Prozessbeteiligten und werden mittels Inhaltsanalyse ausgewertet. Der Beitrag hebt hervor, wie die Beratung in Change-Prozessen in kirchlichen Organisationen gestaltet werden kann und welche spezifischen Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen notwendig sind.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Kirchen sind besondere Organisationen, die keineswegs mehr unhinterfragt den Charakter einer Institution aufweisen, da zentrale Merkmale wie die früher als gegeben angesehene „Volkskirchlichkeit“ (Weyel 2018, S. 21) schon wenige Jahre später (2024) in Frage stehen. Sie zeichnen sich durch Sinnstiftung, starke Professionskulturen, konfessionelle Praktiken und starke interne Strukturen in Form von Amtshierarchien, Finanzhoheit bis hin zu einem eigenständigen Rechtsrahmen aus. Trotz ihrer Jahrhunderte währenden Tradition, ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung und ihrer kulturprägenden Rolle kämpfen die Landeskirchen in Deutschland mit existenziellen Herausforderungen. Im Fokus der Dynamik stehen die sinkenden Mitgliederzahlen. Dadurch reduziert sich der Finanzrahmen (iwd 2023), sodass Kirchen ihre Organisationsstrukturen anpassen und ihre Inhalte neu an den Bedürfnissen der Mitglieder und der Gesellschaft ausrichten müssen. Sie bei diesen Veränderungsprozessen zu begleiten, ist von besonderen Herausforderungen für die Beratung geprägt: (1) Rollenmischung sowie Haupt- und Ehrenamt, (2) träge Organisation als lose gekoppeltes System, (3) Purpose-driven Organization und (4) Rollenwechsel und die Arbeit im und am System. Diese vier Merkmale kommen zwar auch in anderen Organisationen in der einen oder anderen Form vor, sie sind jedoch selten so stark ausgeprägt wie in konfessionellen Institutionen.
Dieser Beitrag analysiert die Beratungsherausforderungen am Beispiel des Strategieprozesses „ekiba 2032 – Kirche. Zukunft. Gestalten“, den die evangelische Landeskirche in Baden 2022 beschlossen hatte (vgl. EKIBA 2022a). Ausgangspunkt ist eine kurze Skizze der verschiedenen Ebenen der Landeskirche im „ekiba 32“-Prozess. Auf Basis von Beobachtungen und Interviews werden die genannten vier besonderen Herausforderungen detaillierter analysiert und mit beispielhaften Maßnahmen und Prozessschritten verbunden, die im evangelischen Kirchenbezirk Ortenau erprobt wurden. Die Befragungsergebnisse basieren auf zehn strukturierten, jeweils einstündigen Interviews mit Prozessbeteiligten (50:50 Frauen – Männer) auf der Ebene von Haupt- und Ehrenamt zwischen 26.02.2024 und 06.03.2024 (Tab. 1). Die verwendeten elf Fragen umfassten Sichtweisen zum Prozess und der Rolle der Gemeindeberatung im Rahmen des Prozesses und wurden mit der Methode der Inhaltsanalyse ausgewertet.
Tab. 1
Strukturmerkmale der Befragten (eigene Darstellung)
Geschlecht
Hauptamt
Ehrenamt
Kirchengemeinde
Kirchenbezirk
Landeskirche
Weiblich
Im Ruhestand
Aktiv
x
x
Weiblich
Aktiv
Aktiv
x
x
Männlich
Aktiv
x
Weiblich
Aktiv
Aktiv
x
Männlich
Aktiv
Aktiv
x
x
x
Weiblich
Aktiv
Aktiv
x
x
Männlich
Aktiv
x
Männlich
Aktiv
x
Weiblich
Aktiv
x
Männlich
Aktiv
Aktiv
x
x

2 Strategieprozess der evangelischen Landeskirche in Baden (EKIBA)

Um die Herausforderungen des Prozesses verstehen zu können, bedarf es einer Betrachtung der Ebenen und Strukturen. Die evangelische Kirche in Baden ist auf drei verschiedenen Ebenen (Landeskirche, Kirchenbezirke, Kirchengemeinden/Kooperationsräumen) organisiert (s. Abb. 1).
Im Rahmen der selbstbestimmten Arbeit der Kirchengemeinden kommt den Repräsentanten des Ehrenamts ein besonderer Stellenwert zu, da sie Teil der Gremienstruktur sind, die am Ende über die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung entscheiden. Ihre Einbindung muss die „komplizierte Balance zwischen Geben und Nehmen“ (Knizia 2003, S. 321) in ausreichendem Maße berücksichtigen. Das Nebeneinander von hauptamtlichen Akteuren (HA), ehrenamtlichen Akteuren (EA) und Gremien (G) findet sich auf allen drei Ebenen wieder (vgl. Abb. 1). Viele Akteure nehmen dabei Mehrfachrollen ein. Bezogen auf den Gesamtprozess ergeben sich Teilaufgaben der drei Ebenen, wie in Abb. 2 dargestellt.
Als übergeordnetes Ergebnis lassen sich drei Phasen der Hauptverantwortung feststellen:
1.
Phase der Landeskirche (Oberkirchenrat, Landessynode): Rahmensetzung Top-Down,
 
2.
Phase der mittleren Ebene (Kirchenbezirk, Bezirkskirchenrat): Umsetzung Reduktion und Strukturvorgaben Landeskirche, Unterstützung für c),
 
3.
Phase der Kooperationsräume/Kirchengemeinden (Kirchengemeinderäte und neue Gremien): Umsetzung vor Ort durch Haupt- und Ehrenamt im Sinne einer Bottom-Up-Bewegung.
 
Der Prozess zur inhaltlichen und strukturellen Ausgestaltung der künftigen Kirchen- und Gemeindearbeit in der badischen Landeskirche beinhaltet eine verbindliche Senkung der Kosten um 30 % bis 2032 sowie Anpassungen der Stellenpläne und der Gebäudebewirtschaftung (vgl. EKIBA 2022b). Die Prozessbegleitung im vorliegenden Praxisfall wird durch Gemeindeberater:innen geprägt. Es handelt sich um eine Form der internen Beratung mit dem Vorteil einer hohen Anschlussfähigkeit und dem Nachteil einer gewissen Betriebsblindheit (Krizanits 2011, S. 50), die vor allem durch die gemeinsame mentale Grundhaltung zwischen Gemeindeberater:innen und dem Klientensystem geprägt ist (vgl. Knizia 2003, S. 318). Die Gemeindeberatung ist nach einer Startphase außerhalb der EKIBA inzwischen in der Landeskirche angesiedelt (EKIBA o.J.) und an den Grundsätzen Allparteilichkeit, Unabhängigkeit und Verschwiegenheit (vgl. Winter 2005; Bauz 2011, S. 143) ausgerichtet.

3 Die vier Hauptmerkmale und Herausforderungen aus Beratungssicht

Auf Basis der Analyse des Gesamtprozesses werden im Folgenden die skizzierten vier Hauptfelder ausführlicher analysiert und mit exemplarischen Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus der Beratungsperspektive verbunden.

3.1 Rollenmischung sowie Haupt- und Ehrenamt

3.1.1 Sachverhalt und Hintergrund

Kirchen weisen als Organisationen eine besondere Führungs- und Organisationsstruktur auf: „Es gibt eine Reihe von Organisationstypen, die (…) zu einer ‚Dilettantenverwaltung‘ neigen: Rechtsanwaltsfirmen, Krankenhäuser, Kirchen, Schulen und Universitäten. ‚Dilettantenverwaltung‘ heißt, dass die Leitung und Verwaltung dieser Organisationen nicht durch spezialisierte Manager vorgenommen werden, sondern von Personen, die eigentlich für die Leistungserbringung eingestellt wurden: von Juristen in Rechtsanwaltsfirmen, von Ärzten in Krankenhäusern, von Pastoren oder Priestern in Kirchen“ (Kühl 2007, S. 5). Die Rollen und Professionsgruppen auf der Ebene der Kirchengemeinden, Kooperationsräume und Kirchenbezirke sowie Pfarrer:innen, Dekan:innen, Schuldekan:innen, aber auch andere Professionen wie Diakon:innen oder Verwaltungsmitarbeitende verfolgen eigene Interessen. Viele üben neben ihrer Funktion im Hauptamt auch eine Funktion auf der höheren Entscheidungsebene im Ehrenamt aus, wenn z. B. eine Religionspädagogin Mitglied im Bezirkskirchenrat oder der Landessynode ist. Wir haben es damit nicht nur mit der Parallelität, sondern mit einer Verschränkung von Haupt- und Ehrenamt und dadurch mit einer ständigen Durchmischung der Rollen zu tun.
Für diejenigen, die ausschließlich über das Ehrenamt an die Kirche gebunden sind, spielt die Motivation vor, während und nach den einzelnen Schritten des Veränderungsprozesses eine entscheidende Rolle, sodass eine Kenntnis der typischen Motivationslagen Teil einer wirksamen Änderungsbegleitung darstellt. Neben den für kirchliche Belange typischen Motivationen wie „ethisch wertvolle Beiträge“, „etwas für andere tun“, die auch das Thema Glaube als altruistisches Motiv (Oostlander et al. 2015, S. 60) repräsentieren, geht es vielen ehrenamtlich Tätigen um die Möglichkeiten „selbstständig entscheiden“, „kein Vorschreiben“, „Flow-Erleben“ (Güntert 2015, S. 29). Diese Motivatoren stellen hohe Anforderungen an den organisatorischen Rahmen des Ehrenamts und sind im Zuge eines kostendominierten Change-Prozesses gefährdet.

3.1.2 Ergebnisse der Befragung und Beobachtung

Da Information und Einbindung Schlüsselfaktoren für motiviertes Mitwirken in Veränderungsprozessen darstellen, stellt sich die Frage, wie die Akteure im Haupt- und Nebenamt im Rahmen von „ekiba 2032“ sich informiert und eingebunden fühlen. Auf den Ebenen von Kirchengemeinde bis Kirchenbezirk sehen die Befragten den Bereich Information generell kritisch, wobei Gremienmitglieder als klassische Vertreter:innen des Ehrenamts sich überwiegend gut informiert fühlen. Ähnlich verhält es sich beim subjektiv wahrgenommenen Grad der Einbindung. Hier sind die Befragten überwiegend zufrieden, da die grundsätzliche Entscheidung auf der Ebene der Landeskirche als stimmig empfunden wird. Personen im Hauptamt werden von den Befragten dem Top-Down-Aspekt des gesamten Change-Prozesses zugerechnet. Die ehrenamtlich Aktiven erhoffen sich von ihnen Impulse, die jedoch nicht die Entscheidungsfindung zu sehr vorprägen sollen.
Befragte befürchten, dass die Ausdehnung des Ehrenamts dazu führen könnte, dass Kräfte des Ehrenamts sich zur eisernen Ersatzreserve einer Kirche im Sparmodus entwickeln und Konflikte zwischen Haupt- und Ehrenamt (vgl. Händel-Burckardt 2000, S. 334) verstärkt werden. Die Überlastung von Haupt- und Ehrenamtlichen aufgrund der knappen Ressourcen wird als Risiko für die Organisationsform Landeskirche, aber weniger als unmittelbares Risiko für das christliche Bekenntnis angesehen. Eine verringerte Wahrnehmung der Kirche, sinkende gesellschaftliche Relevanz, Rückgang der Präsenz vor Ort (u. a. diakonische Arbeit) und eine zunehmende Entfernung von den Menschen wird von einigen Befragten als drohende Abwärtsspirale wahrgenommen.

3.1.3 Beispielhafte Maßnahmen

Drei beispielhafte Maßnahmen zeigen, wie das Engagement und die Motivation der ehrenamtlich Engagierten im Rahmen des Veränderungsprozesses stabilisiert und langfristig erhöht werden kann.
(1) Abkehr von der „Initiativschuld“ und Schaffung von Strukturen
Wenn Diskussionen über Themen so geführt werden, dass im Sinne einer Initiativschuld diejenigen, die eine Idee einbringen, sich auch bereit erklären müssen, diese umzusetzen, lähmt dies die Kooperationskultur. Neben der Abkehr von der Initiativschuld ist auch eine zeitliche und inhaltliche Begrenzung des Commitments hilfreich. Am einfachsten lassen sich ehrenamtliche Gruppen bilden, wenn sie „befristet sind und einen klaren Auftrag haben“ (Wolff 2003, S. 333), sodass es klug sein kann, in der Phase der Transformation die Gremien durch zeitlich befristete und klar fokussierte Projektgruppen zu ergänzen und zu entlasten. Die Aufgaben der Ehrenamtlichen müssen sich für sinnerfülltes Arbeiten eignen (vgl. Hermes 2003, S. 344), was bei reinen Strukturdebatten nur begrenzt der Fall sein dürfte.
(2) Transparenz herstellen – „Wo stehe ich?“
Beim Formieren neuer Gruppierungen durch haupt- und ehrenamtliche Akteure gilt es, die Gruppendynamik im Blick zu behalten. Daher kommt hier die Empfehlung für ein Format, das Kennenlernen und Orientierung ermöglicht. Als förderlich hat es sich erwiesen, die Gruppe im Raum entlang einer auf dem Boden ausgelegten Kübler-Ross-Trauer‑/Changekurve ihren persönlichen aktuellen Standpunkt in Bezug auf den „ekiba 2032“-Prozess einnehmen zu lassen (s. Abb. 3). Dadurch wurde den einzelnen Teilnehmenden deutlich, dass es nicht den einen einheitlichen Verlauf des Change-Prozesses gibt, sondern sich jede einzelne Person an einem anderen Punkt im Prozess befindet. Gerade bei den hauptamtlichen Akteuren ist entweder ein sehr frühes oder eher spätes Stadium als persönlicher Standpunkt in der Veränderungskurve typisch. Dies ermöglichte den ehrenamtlich Aktiven, die oft nur mit ein bis zwei Personen aus dem Hauptamt näher in Kontakt stehen, zu erkennen, dass ihre Ansprechperson keineswegs „typisch“ für alle Personen im Hauptamt sein muss.
(3) Ausweitung des Ehrenamts im Rahmen von Zukunftswerkstätten
Oft lastet das Ehrenamt schlichtweg auf zu wenigen Schultern. Ein Zustand, der im Rahmen der notwendigen strukturellen Anpassungen gleich mitgedacht werden sollte. Das Format „Zukunftswerkstatt“ (Sellnow 1998) kann für eine grundsätzliche inhaltliche Ausrichtung eines Kooperationsraums eingesetzt werden. Es eignet sich für eine Annäherung der teilnehmenden Haupt- und Ehrenamtlichen sowie Gremienmitglieder der Kirchengemeinden, die durch weitere interessierte Ehrenamtliche ergänzt werden, sodass eine breitere Basis der Freiwilligenarbeit entstehen kann. Die Hinzunahme externer Kooperationspartner:innen aus einzelnen Themenfeldern (Seniorenarbeit, Jugendarbeit) sowie Vertreter:innen der politischen Gemeinden (Kommunen) ermöglicht intern wie auch extern breitere Strukturen und eine weitere Vernetzung der haupt- und ehrenamtlich Aktiven. Hier kann das Modell des „Circle of Influence“ von Stephen Covey (2014) hilfreich sein (vgl. Abb. 4), wenn es darum geht, zwischen der scheinbar eigenen Machtlosigkeit und den organisatorischen Zwängen von außen den Weg für eigenverantwortliches Handeln von Einzelnen und Gruppen aufzuzeigen.

3.2 Träge Organisation als lose gekoppeltes System

3.2.1 Sachverhalt und Hintergrund

Kirchen können lose gekoppelte Netzwerkorganisationen (Weyel 2018, S. 23) mit den Charakteristika einer trägen Organisation sein. Die EKIBA mit den unterschiedlichen Ebenen und Teilinstitutionen besitzt die Merkmale eines geschlossenen Netzwerks, bei dem die Teileinheiten nicht vollständig in die Hierarchie integriert sind und bei dem die Balance zwischen Autonomie der Teileinheit (z. B. Kirchengemeinde) und die Interdependenz mit anderen (teils übergeordneten) Einheiten relevant sind. Der Befund, dass lose gekoppelte Systeme folgende Merkmale aufweisen:
„Die beteiligten Personen zeigen oft fluktuierendes Engagement, wechselnde Präferenzen und fluktuieren in ihren Rollen, oft ohne offensichtlichen Grund.
Der Prozess der Beteiligung an Meinungsbildung und Entscheidung ist meist wichtiger als das Resultat.
Das Recht zur Teilnahme an Sitzungen, Gremien, Ausschüssen und Steuerungsmeetings wird oft heiß erkämpft, nur um später dann gar nicht wahrgenommen zu werden“ (Kunert 2024, S. 4).
lässt sich 1:1 im Change-Prozess „ekiba 2032“ nachweisen. Die EKIBA besitzt zudem die Merkmale einer trägen Organisation (Welsch 2010, S. 97), was sich auch aus der Beharrlichkeit lose gekoppelter Systeme (Wolff 2010, S. 291) ableiten lässt.

3.2.2 Ergebnisse der Befragung und Beobachtung

Die oben dargestellten theoretischen Befunde aus 3.2.1 lassen sich auch in der Praxis des „ekiba 2032“-Prozesses im oben beschriebenen beobachtbaren Verhalten von Einzelnen und Gruppen sowie bei den Befragungsergebnissen nachweisen. Es geht dabei um die Balance zwischen Autonomie und Interdependenz der zentralen und dezentralen Einheiten und der unterschiedlichen Ebenen der Organisation (z. B. zwischen Leitung des Kirchenbezirks und Kooperationsräumen oder zwischen einzelner Kirchengemeinde und Kooperationsraum). Im Sinne eines lose gekoppelten Systems besteht der Wunsch, die eigenen Themen z. B. auf der Ebene der Gemeinden unabhängig von den übergeordneten Kooperationsräumen umzusetzen. Bei der Frage nach Top-Down-Elementen des Veränderungsprozesses wurde von vielen Befragten Unzufriedenheit geäußert. „Die Veränderung muss von der Basis kommen“ – dieser Grundsatz wurde in unterschiedlichen Varianten formuliert. Zugleich sind auch die positiven Aspekte lose gekoppelter Netzwerkorganisationen in den Befragungsergebnissen sichtbar. Auf der Ebene der einzelnen Organisationseinheiten besteht der Wunsch und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und damit in Kirchengemeinden und Kooperationsräumen auch die inhaltlichen und organisatorischen Festlegungen zu treffen.
Das theoretisch zu erwartende Motiv des Bewahrens als Merkmal einer trägen Organisation spiegelt sich auch in den Befragungsergebnissen wider. Für viele Befragte ist die Frage nach der Kern-DNA der Organisation zentral. Was bleibt von einer Kirche übrig, wenn unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen die von außen kommenden notwendigen Veränderungen, wie etwa die Schließung von Kirchen und die Kürzung von Pfarrstellen vor Ort, vorgenommen werden? Es geht dabei nicht um Beharrung um jeden Preis. Ein „Festkleben an alten Strukturen“ wird auch von den Befragten als Risiko betrachtet, die zugleich die Konsequenzen des Reformprozesses, wie etwa den Rückzug aus der Fläche, als Problem empfinden.

3.2.3 Beispielhafte Maßnahmen

Die Methoden zum Aufbrechen bestehender Strukturen und zum Herauslösen von Einzelnen und Gruppen aus Beharrungstendenzen haben die meisten Beratenden in Change-Prozessen ohnehin im Blick. Zwei Maßnahmen, die den Schwächen von lose gekoppelten Systemen und der Stärke einer trägen Organisation Rechnung tragen, sollen hier herausgegriffen werden:
(1) Strukturbildung in lose gekoppelten Netzwerkorganisationen
Generell sind lose gekoppelte Systeme durch eine Reihe von Gegensätzen geprägt (Kunert 2024, S. 5). Eine Lösung kann darin bestehen, das Klientensystem gemeinsam (neu) zu strukturieren. Im vorliegenden Prozess sind es Gremien und Projektgruppen, wie etwa konstituierende Treffen von Steuergruppen oder fachliche Untergruppen für Organisation bzw. Verwaltung oder inhaltliche Themen kirchlicher Arbeit, wie z. B. Familienarbeit oder Gottesdienstarbeit. Die Strukturen erhöhen dabei den Grad der Verbindlichkeit und helfen auch bei der Einbindung des Ehrenamts (vgl. 3.1.3).
(2) Respekt vor zu Bewahrendem – Erarbeitung des Markenkerns
Neben der Aktivierung und dem Aufbrechen bestehender Strukturen gilt es, das Bestehende zu würdigen – was im Falle von Kirchengemeinden Lebensleistungen der haupt- und ehrenamtlichen Akteure sein können. Im Sinne des von den Befragten geäußerten und in den Workshopformaten beobachtbaren Wunsches, zentrale inhaltliche und formale Aspekte des Glaubens zu bewahren, hat es sich bewährt, diese Dinge in den Mittelpunkt von Gruppenarbeiten und Austauschrunden zu stellen, da es den Beteiligten Sicherheit vermittelt, was ihre gemeinsame Ausgangsbasis darstellt. Sie bekommen dadurch in einer irritierenden Situation der Veränderung und Transformation wieder „festen Grund“ unter die Füße.

3.3 Purpose-driven Organization

3.3.1 Sachverhalt und Hintergrund

Purpose als Sinngebung bei der eigenen Tätigkeit steht seit der Generation Y („Why?“) (Lackner und Schuster 2020, S. 404) bei vielen Organisationen im Vordergrund. Dabei muss berücksichtigt werden, dass eine „purpose-driven organization“, bei der die Mitglieder und Mitarbeitenden durch die gemeinsame und eigene sinnhafte Mission in ihrer intrinsischen Motivation gestärkt werden, keineswegs eine strategische Kopfgeburt sein kann. Es geht um eine Mission, die bereits vorhanden und fühlbar ist (Quinn und Thakor 2018, S. 81).
Kirchen haben hier einen gewissen Startvorteil, da Sinngebung mit zum Markenkern gehört. Das Thema Spiritualität ist schon von Beginn an „der Schwerpunkt schlechthin“. Dennoch unterscheiden sich Gläubige und Gemeinden in ihrer Detailausprägung, was auch Folgen für die gemeinsamen Zielsetzungen hat. Selbst für die im Vergleich zur evangelischen Kirche sehr viel monolithischere katholische Kirche gibt es Befunde, die zeigen, „dass die Definitionsmerkmale von Organisationen auf den unteren Ebenen kirchlicher Hierarchie zunehmend fluide werden“ (Heiser 2017, S. 243). Beim vorliegenden Change-Prozess haben wir es mit der Zielgruppe konfessionell orientierter Menschen zu tun. Bei allen Veränderungsschritten geht es auch um die Frage, wie sich die Veränderung auf den spirituellen Markenkern und die durch Sinngebung geprägte intrinsische Motivation der Personen im Haupt- und Ehrenamt auswirkt.

3.3.2 Ergebnisse der Befragung und Beobachtung

„Warum soll ich hier smarte Ziele formulieren? Wäre es nicht besser, wenn wir gemeinsam darauf vertrauen, dass Gott uns den Weg weist?“ In jedem anderen Transformationsprozess würde ein Akteur mit dieser Haltung wohl auf wenig Verständnis stoßen. Im Zuge von „ekiba 2032“ wird jedoch häufiger in unterschiedlicher Form die Rückbindung an den spirituellen Auftrag in den Mittelpunkt gerückt. Dabei sind sowohl die Prozessschritte als auch die inhaltlichen Festlegungen von solchen Fragen betroffen. Je nach spiritueller Ausprägung wird eine Verwässerung der Überzeugungen des Evangeliums oder ein Verlust der Relevanz kirchlicher Positionen in der Gesellschaft befürchtet. Dieses Risiko einer geringeren Wirkung wurde von fast allen Befragten thematisiert.
Die Transformation verändert die Strukturen und Prozesse innerhalb der Landeskirche, was Auswirkungen auf die konfessionelle Kundschaft auf allen Ebenen hat. Der Change-Prozess hat Auswirkungen auf Funktionen, Rollen und Berufsbilder. Pfarrpersonen waren früher nach dem Parochialprinzip (Tetzlaff 2002) als Einzelpersonen vor Ort für ihre Gemeinde aktiv und mussten dann im Zweifel alle Themen einer Pfarrtätigkeit allein bestreiten. Sie wurden als umfassend versierte Kräfte nach dem schweizerischen Offiziersmesserprinzip ausgebildet. Beim Übergang vom Parochialprinzip zur Dienstgruppenaufteilung in Kooperationsräumen können sich Akteure des Hauptamts spezialisieren; sie benötigen jedoch ein höheres Maß an Teamfähigkeit. Für die betroffenen Personen kann dies belastend sein, da sie nach eigenen Worten „Abschied nehmen“ von ihrem bisherigen „Pfarrerdasein“. Für die Gemeindeglieder selbst besteht die Gefahr der Auflösung einer Gemeinschaft, wie sie aus der Zugehörigkeit auf der Basis von Glaubensbekenntnis und Ortsgemeinschaft über Jahrhunderte konstitutiv war (vgl. Krech et al. 2013, S. 55). Die Gefahr der Delokalisierung von Gemeindearbeit und eines weiteren Bindungsverlusts durch die Aufgabe des Parochialprinzips (vgl. Gabriel 2010) ist als Ergebnis der Analyse, Beobachtung und Befragung spürbar. Das Ende als Volkskirche (Steinbrink 2003), die Spezialisierung in der Nische und der Rückgang der gesellschaftlichen Relevanz wird als Risiko der Veränderungen gesehen. Dabei lehnen die Befragten eine Fokussierung auf die Zielgruppe der „hoch verbundenen“ (Stegbauer et al. 2015, S. 400) Gläubigen ab.

3.3.3 Beispielhafte Maßnahmen

Der Themenkomplex Sinnhaftigkeit und Spiritualität ist nicht nur eines der ausgeprägtesten Unterscheidungsmerkmale zwischen einer Kirche und anderen Organisationen, sondern auch ein sehr kritisches Themenfeld, was den Reformerfolg bei „ekiba 2032“ angeht. Vier Maßnahmenbündel zeigen, wie die Spiritualität im Prozess gestärkt, nach Zielgruppen ausgerichtet, emotional erlebbar gemacht und bei veränderten Berufsbildern der Pfarrpersonen gestärkt werden kann:
(1) Sinn und Spiritualität als zentrales Thema anerkennen und ritualisieren
Im Sinne einer „ambiguitätstolerant“ und „flexibel“ (Kunert 2024, S. 6) gestalteten Beratung in lose gekoppelten Kontexten braucht es Anerkennung und Offenheit für Themen des Sinns und Glaubens auch dann, wenn eigentlich Rechtsformen, Strukturen und Ressourcen die Schwerpunkte eines Workshops sein sollen. Als Selbstdefinition der Organisation und der Akteure muss dem Bedürfnis, „Sachthemen“ mit der Ebene des Sinns und der Spiritualität zu verbinden, Rechnung getragen werden. Durch die Integration von spirituellen und sinngebenden Ritualen in die einzelnen Prozessschritte und Formate kann man dem Thema unter Nutzung der Vielfalt der Wahrnehmungen (Hirn, Herz, Hand und Bauch) gerecht werden.
(2) Differenzierung der Zielgruppen
Werteorientierung erfordert eine besondere Sensibilität bei der Ausgestaltung einzelner Prozessschritte, was eine Differenzierung nach Zielgruppen und Selbstverständnis unterschiedlicher Personen und Gruppierungen erfordert. Die zufällige Kumulation spezifischer Sichtweisen (z. B. eine Gruppe hoch verbundener Akteure pietistischer Prägung) darf nicht dazu führen, dass andere Zielgruppen und Sichtweisen vernachlässigt werden. Im Moderationsprozess kann z. B. die zirkuläre Fragetechnik („Was würden die nicht anwesenden Gremienmitglieder, die übrigen Gemeindeglieder etc. zu dieser Entscheidung sagen?“) genutzt werden.
(3) Sinnhaftigkeit im Rahmen von praktisch erlebbaren Szenarien
Wenn es um die Sinnwirkung einer Organisation geht, dann stellt sich oft die Frage, ob man auch im tagtäglichen Tun ein emotional sinnhaftes Erleben bei den unterschiedlichen internen und externen Gruppierungen, wie etwa Mitarbeitenden und Kund:innen, auslösen kann. Im vorliegenden Fall sind es sinnhafte Erfahrungen von haupt- und ehrenamtlichen Akteuren im Zusammenhang mit kirchlichen Präsenzen (Diakonie, Kindergärten, Religionsunterricht etc.). Diese Erfahrungen und Erlebnisse bieten auch für externe Zielgruppen wie Kinder, Pflegebedürftige und Angehörige etc. eine Sinnstiftung.
(4) Unterstützung bei neuen Rollen mit Sinnbezug
Wenn im Rahmen eines Transformationsprozesses zentrale Rollen und Professionskonzepte mit Auswirkungen auf den Bereich „Purpose“ verändert werden, erfordert dies konkrete Zusatzmaßnahmen. Bei „ekiba 2032“ ist die Veränderung der Arbeit von Pfarrpersonen ein solcher Fall, da die Abkehr von der ortsbezogenen Gemeindearbeit als Universalanbieter auch das „Leistungsangebot Pfarrer:in“ verändert. Gezielte Maßnahmen der Personalentwicklung und der persönlichen Begleitung durch Trainings mit gruppenbezogenen Impulsen und Phasen der Selbstreflexion sowie Coachings liegen zwar außerhalb des Prozesses, sind jedoch für dessen Erfolg mit entscheidend. Denn diese Personen und ihre Kongruenz mit den Erwartungen des geistlichen Amtes sind nicht nur als Träger des Veränderungsprozesses, sondern auch als zentrale Akteure im Rahmen des spirituellen Auftrags für den Erfolg des Projekts „ekiba 2032“ von entscheidender Bedeutung.

3.4 Rollenwechsel und die Arbeit im und am System

3.4.1 Sachverhalt und Hintergrund

Veränderungsprozesse werden von denjenigen Betroffenen, die sich nicht als Beteiligte fühlen, meist als Zumutung wahrgenommen. Daher geht es stets um die Erhöhung der Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit der Akteure. Beim vorliegenden Prozess erhält dieses Thema durch die in 3.1 dargestellte Verschränkung von Haupt- und Ehrenamt eine zusätzliche Komplexität, denn Akteure des Ehrenamts bestimmen über die Rollenfestlegungen, die im Hauptamt möglich sind. Personen sind z. B. als Mitglied der Landessynode in der Lage, Beschlüsse zu fassen, die für ihre Arbeit im Haupt- und Ehrenamt auf der Ebene des Bezirks, der Kooperationsräume oder der Kirchengemeinden bindend sind.
Während nun in der modellhaften Betrachtung für ein Mitglied des Kirchengemeinderats die Entscheidungsebene des Kirchenbezirks oder der Landeskirche im äußeren Ring des „Circle of Concern“ angesiedelt ist, kann derselbe Kirchengemeinderat als Mitglied im Bezirkskirchenrat, der Bezirkssynode oder der Landessynode auf einmal Entscheidungen aus dieser Ebene als Themen des „Circle of Influence“ einordnen. Hier zeigt sich die Notwendigkeit, dass Menschen bereit sind, nicht nur im System zu arbeiten und ggf. die gesetzten Grenzen zu akzeptieren, sondern auch am System zu arbeiten und im Sinne der gemeinsamen Rahmensetzung Einfluss zu nehmen.

3.4.2 Ergebnisse der Befragung und Beobachtung

Bei vielen Prozessschritten ist eine ambivalente Haltung gegenüber den eigenen Handlungsspielräumen und den Rahmensetzungen anderer erkennbar. Die Rahmensetzung für den Gesamtprozess als Verantwortungsbereich der Landeskirche steht dabei außer Frage. Dennoch kommt in vielen Fällen die Rückmeldung, dass man sich bei der konkreten Ausgestaltung des Prozesses das eine oder andere kooperativer gewünscht hätte.
Der Top-Down vorgegebene Rahmen kann dazu führen, dass Einzelakteure und Gruppen sich unter Druck gesetzt fühlen und in der Folge dazu neigen, sich in eine Objektrolle zu begeben und nach Blockademöglichkeiten zu suchen („Können wir gegen einen solchen Beschluss klagen?“), um einem Gefühl der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertseins zu begegnen. Diese Objektrolle kann, verbunden mit dem Verlust von Selbstwirksamkeit, gruppendynamische Prozesse auslösen, bei denen Teilgruppen sich weniger kreativ und teilweise auch weniger konstruktiv beteiligen und ihre Gestaltungsspielräume nur noch begrenzt erkennen und nutzen. Es gilt daher, die Maßnahmen zu nutzen, die den Blick auf die eigenen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten stärken.

3.4.3 Beispielhafte Maßnahmen

Zwei beispielhafte Maßnahmen zeigen, wie individuell und gruppenbezogen die Eigenverantwortung und die Weiterentwicklung der eigenen Strukturen als Arbeit am System gestärkt werden können:
(1) Schaffung von Transparenz über Handlungsspielräume
Bei „ekiba 2032“ ist in den einzelnen Terminen und Arbeitsphasen eine paradoxe Situation gegenüber den hierarchischen Instanzen sicht- und spürbar, die nicht ganz untypisch ist für teilextern begleitete Transformationsprozesse. Erwartet werden richtungsweisende Impulse – befürchtet wird eine Vorwegnahme von Entscheidungen. Daher gilt es, im Rahmen der Moderation Transparenz zu schaffen und z. B. durch Reflexionsphasen die Widersprüchlichkeit herauszuarbeiten. Dabei ist es notwendig, immer wieder das Gefühl der Selbstwirksamkeit bei allen Beteiligten – unabhängig von Hierarchien und Hauptamt – zu stärken, indem in Einzel- und Gruppenreflexion die eigene Rolle und der eigene Beitrag herausgearbeitet werden. Es geht dabei um die Selbstverantwortung der Führungskräfte (z. B. auf der Ebene der Dekanate) und der einzelnen Prozessbeteiligten (bis hin zu ehrenamtlichen Gemeindemitgliedern ohne Gremienfunktion).
(2) Arbeit am System als durchgängiges Thema
Einige Befragte wünschen sich Unterstützung bei der Weiterentwicklung des eigenen Systems. Hier kann von Seiten der Beratung in den unterschiedlichen Veranstaltungsformaten ein durchgängiger Schwerpunkt gesetzt werden, ohne den systemischen Ansatz zu schwächen. Damit wird in Arbeitsphasen die Eigenverantwortung der Einzelakteure und Gruppen gestärkt, aber auch konsequent eingefordert, indem konkrete Herausforderungen des zu gestaltenden Systems (Rechtsform des Kooperationsraums, Kooperationsformen für den Bereich Kirchenmusik etc.) benannt und gemeinsam Lösungsoptionen erarbeitet werden.

4 Fazit

Beim Prozess „ekiba 2032“ gibt es auf Basis der Beobachtungen und Befragungen keinerlei Zweifel, dass das Gefühl der Dringlichkeit bei allen Akteuren angekommen ist. In Verbindung mit der Trauerarbeit des Loslassens liebgewonnener Strukturen und Inhalte muss daraus jedoch ein Prozess gestaltet werden, in dem die unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnisse von Haupt- und Ehrenamt vereint werden können und eine dauerhafte Motivation entstehen kann. Der bei den Praktikern beliebte Ansatz, Menschen mitzunehmen und ins Boot zu holen, scheitert in der Praxis vor allem an den unterschiedlichen Positionen. Man kann niemanden ins Boot holen, der vom eigentlichen Ufer noch recht weit weg steht. Hier muss – um im Bild zu bleiben – der Prozess von den Akteuren (vor allem den Leitungspersonen in Haupt- und Ehrenamt, Gemeindeberater:innen und Gremienmitgliedern) so gestaltet werden, dass die individuelle Situation der Personen berücksichtigt wird. In der Praxis ist dies auch dann, wenn man die vier skizzierten Cluster an Hauptherausforderungen ausreichend berücksichtigt hat, eine entscheidende Hürde.
Die Fallstudie liefert im Sinne des Beitragsformats einen kurzen Einblick in einen komplexen Prozess. Im Vordergrund steht dabei die Zuordnung von Besonderheiten der betroffenen Organisation (EKIBA) zu theoretischen Modellen und Konstrukten und die Auswirkungen dieser Zuordnungen für die integrierten Beratungsschritte durch die Gemeindeberatung. Die Integration der Gemeindeberatung in den Gesamtprozess wird nur dadurch möglich, dass sie sich stets mit einer gewissen wohlwollenden Distanz zur EKIBA dieser Besonderheiten bewusst ist. Auch in künftigen Phasen wird es erforderlich sein, einen derart lang andauernden Prozess unter denselben sowie weiteren Gesichtspunkten, wie etwa der langfristigen Weiterentwicklung der Ziele und Motivationsstrukturen, auf den unterschiedlichen Ebenen der EKIBA zu analysieren.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei allen Interviewpartner:innen und vor allem bei Dr. Sebastian Kunert, der als Herausgeber dieser Ausgabe durch sein konstruktives Feedback entscheidend zur finalen Struktur dieses Artikels beigetragen hat.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

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Literatur
Zurück zum Zitat Bauz, G. (2011). Organisationsberatung im Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der evangelischen Kirchen von Hessen und Nassau (Interview). In J. Krizanits (Hrsg.), Professionsfeld Inhouse Consulting. Praxis und Theorie der internen Organisationsberatung (S. 139–143). Heidelberg: Carl-Auer. Bauz, G. (2011). Organisationsberatung im Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der evangelischen Kirchen von Hessen und Nassau (Interview). In J. Krizanits (Hrsg.), Professionsfeld Inhouse Consulting. Praxis und Theorie der internen Organisationsberatung (S. 139–143). Heidelberg: Carl-Auer.
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Metadaten
Titel
Auswirkung der Besonderheiten einer Organisation auf Change-Prozesse – die Integration interner Beratung am Beispiel von „ekiba 2032“ der Evangelischen Landeskirche in Baden
verfasst von
Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer
Prof. Dr. Frank Habann
Oliver Wehrstein
Prof. Dr. Christopher Zerres
Publikationsdatum
07.10.2024
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Organisationsberatung, Supervision, Coaching / Ausgabe 4/2024
Print ISSN: 1618-808X
Elektronische ISSN: 1862-2577
DOI
https://doi.org/10.1007/s11613-024-00900-3