Autokratische Regimelegitimation und soziale Entwicklung

Der Auf- und Ausbau des Sozialstaats gilt als Antwort auf die neuen sozialen Probleme im Zuge des Modernisierungsprozesses und dabei vor allem der Industrialisierung. Erst durch die Industrialisierung wurde die Regelung der Konflikte zwischen „Kapital“ und „Arbeit“ zu einem zentralen Element moderner Staatlichkeit (Flora und Heidenheimer 1981).

Im Vergleich dazu definiert die Weltbank den Begriff der „sozialen Entwicklung“ deutlich enger: „It is a form of poverty reduction as well as a means to development effectiveness“ (World Bank 2004, S. 6).

Zur Unterscheidung von x‑ und y‑zentrierten Forschungsdesigns (u. a. Ganghof 2005).

Ausgenommen sind hiervon insbesondere „nichtstationäre Banditenregime“ (Olson 1993) die nach zumeist kurzer, extrem zerstörerischer Herrschaft weiterziehen und eine ausgeplünderte ökonomische Basis zurücklassen.

Unter dem Etikett „Ideokratien“ fassen wir Regime zusammen, die eine totalitäre Ideologie aufweisen und die in der Typologie von Linz und Stepan (1996) unter die Rubriken totalitäre oder post-totalitäre Regime fallen. Ausführlich zum Typus der Ideokratie: Backes und Kailitz (2015). Eine etwas andere Abgrenzung des Begriffs nutzen Piekalkiewicz und Penn (1995).

Im 18. Jahrhundert herrschte in der Staatsformenlehre die Anhängerschaft zur Monarchie vor. Johann Heinrich Gottlieb von Justi definierte sie so: „Die wahren und guten Monarchien sind von dem Muster der Regierung eines Vaters über seine Kinder und Familie hergekommen“ (Justi 1762, S. 3). In seinem Werk „The Moral Basis of a Backward Society“ zitiert Edward C. Banfield einen Vertreter der monarchistischen Partei Italiens mit folgender, geradezu paradigmatischer Begründung seiner Gefolgschaft zur Monarchie: „A monarchy is the best kind of government because the king is then the owner of the country. Like the owner of a house, when the wiring is wrong, he fixes it. He looks after his people like a father. If you have a child, always you love him more and do more for him than you would for others. It is in this way that the king looks after his people. He wants them to love him.“ (Banfield 1958, S. 26) Die Bedeutsamkeit der Legitimation und Selbstlegitimation der Herrscher als Landesvater erläutert mit Blick auf die Monarchien im arabischen Raum (Elbers 2008, S. 82–83; auch Herb 1999).

Forscher wie Samuel Huntington (1966) prognostizierten daher, dass die traditionalen Monarchien in der Moderne nicht überlebensfähig seien. Tatsächlich erwiesen sich die verbliebenen Monarchien als erstaunlich widerstandsfähig, weil sie die schwindende Tragfähigkeit des Musters der Regimelegitimation durch ein verstärktes Streben nach Outputlegitimation ausreichend kompensierten.

Häufig wird die longitudinale Mehrebenenanalyse auch als Random-Effects-Regression bezeichnet (z. B. Bell und Jones 2015). Wir verwenden den Begriff Random-Effects hier ausschließlich zur Kennzeichnung klassischer, nach dem GLS-Verfahren geschätzter Panelanalysen. Wachstumskurvenmodelle unterscheiden sich davon, erstens, durch die Verwendung des Maximum-Likelihood-Verfahrens und, zweitens, durch die Modellierung eines Trends.

Beispielsweise setzt die MANOVA einen vollständigen Längsschnitt voraus. Schon Beobachtungseinheiten mit einem einzigen fehlenden Wert werden vollständig von der Analyse ausgeschlossen (Finch et al. 2014). Das kann mindestens zu einer massiven Minderung der Teststärke führen. Fixed- und Random-Effects-Regressionen verlangen eine Entscheidung für eine Längsschnitts- oder Querschnittsfragestellung (Giesselmann und Windzio 2012). Mit Blick auf die soziale Entwicklung von Autokratien heißt das, die Ergebnisse würden nur zeitabhängige Dynamiken unter Vernachlässigung von Kontextfaktoren oder das Gegenteil beleuchten.

Dieser Beitrag folgt der Terminologie von Gelman und Hill (2006).

Wir verzichten auf komplexere Wachstumskurven. Höhere Polynome würden zwar die Übereinstimmung unserer statistischen Modelle mit den empirischen Daten verbessern. Bei näherer Betrachtung stellt sich dies jedoch als Überanpassung an besonders langlebige Autokratien wie China oder Kuba heraus.

Wir verwenden den Indikator SP.DYN.IMRT.IN aus den World Governance Indikatoren der Weltbank (World Bank 2012).

Das Regressionsgewicht elektoraler Autokratien berechnet sich aus der mit −1 multiplizierten Summe über die Koeffizienten aller übrigen Autokratietypen.

Wir danken einer/einem anonymen Gutachter/in für den Hinweis, auch die religöse Fragmentierung in unseren Modellen zu berücksichtigen.

La Porta et al. (1999) machen Angaben zu Katholiken, Protestanten sowie Muslimen und fassen alle übrigen Religionen in einer Residualkategorie zusammen. Das theoretische Maximum des berechneten Indikators beträgt daher 0,75.

Sowohl die Mittelwerte als auch die Konfidenzintervalle wurden mit Hilfe eines nicht-parametrischen, geclusterten Bootstraps ermittelt (5000 Iterationen). Dieses Verfahren trägt einerseits der hierarchischen Datenstruktur Rechnung, die jährliche Beobachtungswerte nach autokratischen Regimen gruppiert (Cameron et al. 2008; Davison und Hinkley 1999, S. 391–393). Andererseits kompensiert es zeitabhängige Entwicklungen innerhalb einzelner politischer Regime. Die Berechnung der Konfidenzintervalle erfolgte nach der BCa-Methode (Shikano 2010, S. 196–197).

Wir verzichten auf Pseudo-R²-Maße und Varianzpartitionierungskoeffizienten (VPK). Bei Verwendung von Varying-Slope-Modellen hängt das Verhältnis von Querschnitts- zu Längsschnittsvarianz vom Wert der Variablen ab, deren Koeffizient variiert. Folglich verändert sich im vorliegenden Fall die Bedeutung der Regimeebene im Zeitverlauf und es wären jeweils 51 unterschiedliche Pseudo-R²-Maße bzw. VPKs zu berichten. Die Informationen in Tab. 2 reichen aus, um sich einen guten Eindruck von der Erklärungskraft der Modelle zu verschaffen.

Auch in der Kommunismusforschung gibt es Stimmen wie die von Carol Nechemias (1980), die das Ausmaß der Sozialpolitik in kommunistischen Autokratien vor allem auf eine Angst vor sozialen Unruhen und nicht auf eine ideologische Präferenz für Sozialstaatlichkeit zurückführen. Tatsächlich schließen sich beide Deutungen keineswegs aus. Die Deutung, dass die kommunistische „Ideologie“ entscheidend sei für das überproportionale Ausmaß der Sozialstaatlichkeit von kommunistischen Autokratien im Vergleich zu anderen Autokratien, ist tatsächlich komplementär zu einer etwas modifizierten Variante der Selektoratstheorie. Die Regimelegitimation legt nämlich dar, wer bevorzugter Teil der Gewinnkoalition ist. In kommunistischen Regimen wird aus dieser Perspektive propagiert, dass Arbeiter und Bauern das Rückgrat der Gewinnkoalition sind.