Die Cloud-basierte Navigationstechnologie für fahrerlose Transportsysteme ermöglicht die kooperative Kartierung und Pfadplanung über einen zentralen Navigationsserver.
Rainer Bez | Stuttgart IFF/Fraunhofer IPA
Fahrerlosen Transportsysteme (FTS) sind in den meisten Einsatzumgebungen noch immer starre Installationen, bei denen die einzelnen Fahrzeuge fest vorgegebenen Routen folgen. Die Informationen über ihre Einsatzumgebung, die sie für die Pfadplanung benötigen, müssen ihre bordeigenen Sensoren laufend erfassen. Stellt sich ihnen ein Hindernis in den Weg, bleiben sie stehen, bis der Weg frei ist. Einmal eingerichtet, lässt sich das FTS nur noch mit hohem Aufwand an neue Layouts anpassen. Um bei Umstrukturierungen kostspielige und zeitraubende Umbaumaßnahmen zu vermeiden, hat ein vierköpfiges Forschungsteam um Gruppenleiter Kai Pfeiffer am Fraunhofer IPA alle fahrerlosen Transportfahrzeuge sowie die externen Laserscanner einer Werkhalle über die Cloud miteinander vernetzt.
Umgebungskarte immer auf dem aktuellen Stand
Bestandteil der Cloud-Navigation ist das eigens entwickelte Softwaremodul "Cooperative Longterm-SLAM" (SLAM = Simultaneous Localization and Mapping): Sämtliche fest im Raum installierten Laserscanner und die Sensoren aller fahrerlosen Transportfahrzeuge sammeln gemeinsam Informationen über ihre Umgebung und erstellen daraus eine Karte, die fortlaufend aktualisiert wird. "Aus diesen Daten errechnet der Cloud-basierte Navigationsserver die Routenkarten für jedes einzelne Fahrzeug", erläutert Pfeiffer. Das Softwaremodul "Predictive Driver", eine Weiterentwicklung von "Elastic-Band", ist für die reaktive Pfadplanung zuständig. Die Software reagiert auf spontan auftretende Hindernisse und errechnet eine Ausweichroute. Kreuzen sich die Routen zweier fahrerloser Transportfahrzeuge, stimmen sich deren Bewegungsplaner über die Cloud miteinander ab. Staus oder Kollisionen werden so vermieden.
Ein vorhandenes FTS lässt sich jederzeit mit der Cloud-Navigation nachrüsten. Dabei lässt sich die Cloud-Lösung lokal, also am Einsatzort, als eine Art Leitrechner, implementieren. Erste Einsätze haben gezeigt, dass die Lokalisierungsgenauigkeit um bis zu 75 Prozent zunehme. Außerdem verkürze die kooperative Pfadplanung die zurückgelegten Fahrwege um bis zu 20 Prozent, während der reibungslose Verkehr an Kreuzungspunkten eine Zeitersparnis von 25 Prozent bringe. Auch bei der Hardware erlaube die Cloud-Navigation Einsparungen: Die einzelnen fahrerlosen Transportfahrzeuge kommen mit weniger Sensoren und Rechenleistung aus, weil sie keine rechenintensiven Navigationsalgorithmen ausführen müssen. "So werden FTS zugleich leistungsfähiger und wirtschaftlicher", fasst Pfeiffer zusammen. "Der Energiebedarf pro Recheneinheit sinkt um 70 Prozent und die Kosten für Sensoren in bestimmten Fällen um bis zu 80 Prozent."