IT-Systeme wie ERP und MES bilden spezifische Anforderungen in der digitalen Transformation nicht oder nur nach teurer Individualisierung ab. No- und Low-Code-Apps bieten hingegen eine effiziente Lösung.
Mit Low-Code-Anwendungen lassen sich Lösungen für spezifische Prozessanforderungen maßschneidern.
Grapelmages
Industrieunternehmen stehen zunehmend vor Herausforderungen wie dem Arbeitskräftemangel und instabilen Lieferketten. Um vor diesem Hintergrund wettbewerbsfähig zu bleiben, starten viele Unternehmen eine ganzheitliche digitale Transformation ihrer Operations. Dabei sollten sie zunächst ihre Produktions-, Logistik- und Geschäftsprozesse optimieren und auf Basis des Industrie-4.0-Gedankens horizontal und vertikal vernetzen, bevor sie das bestehende Geschäftsmodell betrachten.
Ein wichtiger Schritt ist dabei, die Bottom-Up-Potenzialidentifikation und die anschließende Bewertung der identifizierten Use Cases vor dem Hintergrund der Unternehmensstrategie, die bestehende und zukünftige Kunden- und Umfeldanforderungen berücksichtigt. An dieser Stelle im Prozess oder im anschließenden Use-Case-Design ergeben sich oft unternehmensindividuelle Anforderungen an das abbildende System.
Zu spezifische Anforderungen für ERP, MES oder PLM
Diese Anforderungen sind oft so spezifisch, dass größere IT-Systeme wie Enterprise Ressource Planning (ERP), Manufacturing Execution Systeme (MES), Product Lifecycle Management (PLM) oder auch Advanced Planning Systeme (APS) und Warehouse Management-Systeme (WMS) diese im – für den Softwareanbieter auf möglichst viele Kunden skalierbaren – Standard nicht abbilden und so bei einer Einführung des Systems für andere Use Cases zusätzlich kostenintensiv individualisiert werden müssten.
Besonders bei kleineren Unternehmen kommt es aber auch zu der Situation, dass sich identifizierte Use Cases zwar in den genannten Systemlösungen abbilden ließen, eine Implementierung aber aufgrund einer fehlenden Skalierung auf Unternehmensprozesse, Arbeitsplätze oder Maschinen nicht wirtschaftlich wäre. Beide Fälle ergeben sich auch, wenn Anforderungen entstehen, die über den Funktionsumfang von nicht systemgestützten IT-Einzellösungen hinausgehen.
No- und Low-Code- statt Indiviualprogrammierung
An dieser Stelle könnten Unternehmen zu Individualprogrammierungen greifen, die ihre spezifischen Anforderungen erfüllen. Durch den Abstimmungsaufwand zwischen Fachabteilungen, Projektmanagement und Programmierern, der entsteht, wenn nicht zufällig ein Mitglied des prozessverantwortlichen Teams programmieren kann, sind diese Lösungen jedoch oft ebenfalls zu aufwendig, um wirtschaftlich sinnvoll zu sein.
No- und Low-Code-Plattformen bieten hier einen Ausweg. Da diese keine oder kaum Programmierkenntnisse erfordern, können Fachabteilungen oder Mitarbeiter selbst agil und effizient eigene Apps entwickeln, die ihre spezifischen Anforderungen abdecken und innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit sind. Zusätzlich können Unternehmen diese Apps auch weiterentwickeln und so eigene, wachsende Systeme mit eigenen Datenstrukturen schaffen. Diese Datenstrukturen können im Sinne der horizontalen Vernetzung auch dafür genutzt werden, Synergien mit No- oder Low-Code-Apps in anderen Unternehmensfunktionen zu schaffen und so einen fortlaufenden Transformationsprozess zu ermöglichen.
Drei Kategorien von No- und Low-Code-Plattformen
Im Wesentlichen können drei Arten von No- und Low-Code-Plattformen unterschieden werden:
Die erste Kategorie sind Dashboarding-Apps wie Microsoft PowerBI oder Peakboard. Der Kernnutzen der Apps dieser Kategorie liegt darin, Datenquellen einfach anzubinden beziehungsweise selbst zu erfassen und Daten zu visualisieren. Mithilfe dieser Apps können innerhalb weniger Tage Dashboards gebaut werden, die Prozesse transparent machen und mithilfe derer ein Abweichungsmanagement sowie ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess aufgebaut werden können.
Die zweite Kategorie sind Workflow-Apps wie Microsoft PowerApps beziehungsweise PowerAutomate sowie Tulip und Outsystems. Diese Plattformen dienen dazu, eigene Systeme und Datenstrukturen zu schaffen und so eigene Apps für die Nutzung in Produktions-, Logistik und Geschäftsprozessen zu erschaffen. Klassische Beispiele dafür sind Andon- und Escalation-Management oder Werkerassistenzlösungen. Außerdem können auf Basis dieser Apps erste Prozesse automatisiert werden.
Die letzte Kategorie sind Low-Code-Lösungen zur Prozessintegration. Dazu gehört etwa die Plattform Mendix, mit deren Hilfe komplexe Prozesse mit Integration in IT-Systemlösungen abgebildet werden können. Dies wird benötigt, um Geschäftsprozesse und Daten systemübergreifend zu implementieren und Prozesse parallel zu den Systemlösungen mit größerem Detaillierungsgrad abzubilden.
Wo No- und Low-Code fast unschlagbar sind
Welche dieser drei Kategorien für das jeweilige Unternehmen interessant sind, muss anhand der spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen entschieden werden. Alle drei haben ihre Daseinsberechtigung.
Fazit: Die Implementierung einer No- oder Low Code-Lösung ist immer eine Frage der Skaleneffekte. Immer dann, wenn die Lösungen sehr spezifisch sind und standardisierte Lösungen sich nicht rechnen, bieten No- und Low-Code-Lösungen einen fast unschlagbaren Nutzen.