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06.10.2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

24. Aachener Kolloquium: "Unsere Industrie wird sich verändern"

verfasst von: Angelina Hofacker

4:30 Min. Lesedauer

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"In Zukunft wird unser Geschäft nicht nur die Produktion und der Verkauf von Fahrzeugen sein, sondern die Bereitstellung von Mobilitätslösungen", erklärte Professor Pim van der Jagt von Ford in seiner Keynote auf dem diesjährigen Internationalen Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik.

"Unsere Industrie wird sich verändern. Welche Geschäftsmodelle eine Zukunft haben und wie die künftige Mobilität aussehen wird, versuchen wir derzeit noch herauszufinden", sagte Pim van der Jagt, Executive Technical Leader im Ford Research & Innovation Center Aachen. Fest stehe, dass das Automobil in Zukunft nicht mehr zwangsläufig im Mittelpunkt der Mobilität stehe. Ford werde weiterhin Fahrzeuge entwickeln, fertigen, verkaufen und finanzieren. Aber gleichzeitig soll ein Geschäftsbereich des Unternehmens darauf abzielen, Mobilität für Jedermann bereitzustellen. Dafür sei es nicht zwangsläufig nötig, ein Produkt zu verkaufen, betont van der Jagt in seinem Vortrag.

Intelligente Mobilität der Zukunft

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Die Veränderungen werden laut van der Jagt von vier Haupteinflussfaktoren getrieben: Urbanisierung, eine wachsende Mittelschicht, die Schonung der Umwelt und ein verändertes Kundenverhalten. Mit dem veränderten Kundenverhalten gehen auch neue Anforderungen einher, betonte van der Jagt und zitierte die Harris-Interactive-Studie aus dem Jahr 2014, derzufolge 75 Prozent der Befragten angaben, dass sie ihr Geld lieber für ein besonderes Erlebnis (ein Event) ausgeben würden, als für ein begehrenswertes Produkt. 23 Prozent der Befragten würden auch ihr eigenes Fahrzeug mit anderen Personen teilen. Ford teste deshalb zurzeit verschiedene Arten des Carsharing, um daraus die Kundenanforderungen ableiten zu können.

Prinzipiell zielen die derzeitigen Ford-Forschungsaktivitäten laut van der Jagt darauf ab, die führende Rolle in einem integrierten multi-modalen Transportsystem zu erlangen. In diesem soll der Kunde - mit dem Smartphone als Kontrollinstrument - individuell abgestimmte Empfehlungen zur Nutzung verschiedener Verkehrsmittel kombiniert mit anderen Dienstleitungen auf Knopfdruck erhalten. Eine nahtlose, intelligente Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel (Stichwort "Smart City") ist dafür eine Voraussetzung. Um das Kundenverhalten besser einschätzen zu können, arbeiten allein rund 100 Ford-Mitarbeiter ausschließlich an Big-Data-Analysen, berichtete van der Jagt. Das Recht an den eigenen Daten des Fahrzeughalters und der damit verbundene Datenschutz werde dabei von Ford gewahrt. Das Unternehmen verspricht sich von der Datenanalyse, die Mobilitätserfahrung in Zukunft verbessern zu können.

Mechatronik als wesentlicher Bestandteil der Schaeffler-Zukunft

Aus Sicht eines Partners der Industrie, sprach auch Professor Dr. Peter Gutzmer, Vorstand Technologie und stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Schaeffler, in seinem Plenarvortag von den derzeitigen Veränderungen in der Branche. Als ursprünglich klassisches Maschinenbau-Unternehmen sehe man bei Schaeffler die dringende Notwendigkeit, den Bereich Elektrik/Elektronik und die damit verbundene Software in das Geschäft zu integrieren. Schaeffler will seine Expertise auf mechatronische Produkte in Zukunft ausweiten. Diese strategische Ausrichtung bedeute eine erhebliche Komplexitätssteigerung und erfordere ein hohes Systemverständnis. Deshalb habe der Zulieferer unter anderem eine große Flotte an Demonstratorfahrzeugen aufgebaut und beschäftige sich auch mit Fertigungsprozessen im Sinne von Industrie 4.0.

Auch in Bezug auf künftige Fahrzeugantriebe verwies Gutzmer auf die Notwendigkeit zur Veränderung. Die Elektrifizierung des Verbrennungsmotors werde in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Er geht davon aus, dass im Jahr 2030 der Anteil von reinen Verbrennungsmotoren bei 35 Prozent liegen wird und 56 Prozent der Fahrzeuge elektrifiziert beziehungsweise 9 Prozent rein elektrisch fahren. Besonderes Potenzial sieht Gutzmer in Hochvolt-Hybridmodulen in P2- beziehungsweise P4-Anordnung. Schaeffler hatte jüngst auf der IAA ein Hochvolt-Hybridmodul in P2-Anordnung vorgestellt. Dass auch in der Elektrifizierung Emotion und Freude am Fahren liegen kann, will der Zulieferer Gutzmer zufolge in seinem Engagement in der Formel E beweisen. Schaeffler entwickelt den Antriebsstrang für das Team ABT Sportsline.

Entwicklungsthemen bei Mercedes-AMG

Auch bei Mercedes-AMG ist Elektrifizierung ein Zukunftsthema, berichtet Tobias Moers, Vorsitzender der Geschäftsführung von Mercedes-AMG, in seinem Vortrag. Die Performance- und Sportwagen-Marke habe sich weiterentwickelt. Systematischer Leichtbau, Fahrdynamik, effiziente Motoren und die E-Drive-Hybridisierung sind Moers zufolge Kernpunkte in der Entwicklungsabteilung der Mercedes-Tochter. Die neuesten Motoren - der 2-l-Vierzylinder-Ottomotor mit Turboaufladung (Engine-of-the-Year-Gewinner 2015) und der 4,0-l-Achtzylindermotor mit Biturboaufladung mit heißem Innen-V und Trockensumpfschmierung - seien Resultat der konsequenten Beschäftigung mit diesen Themen. Der Trend zur Elektrifizierung werde bei Mercedes-AMG insbesondere in Hinblick auf eine verbesserte Traktion und Spontanität in die Entwicklungsüberlegungen mit eingebunden.

Über weitere aktuelle Themen der Industrie und Forschung berichten noch bis zum morgigen Mittwoch, 7. Oktober 2015, Experten der Branche in über 100 Fachvorträgen. Fünf der insgesamt dreißig Sektionen des Kolloquiums drehen sich um die Themen Elektromobilität und Hybridisierung von Fahrzeugen. Motorseitig stehen neben der Vorstellung neuer Generationen von Otto- und Dieselmotoren die Elektrifizierung, Brennverfahren, Emissionskonzepte und Abgasnachbehandlung für Pkw und Nutzfahrzeuge im Fokus. Fahrzeugseitig sind das automatisierte Fahren, Fahrerassistenzsysteme sowie aktuelle Fahrwerktrends die Leitthemen der Fachvorträge.

Das Internationale Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik findet in diesem Jahr schon zum 24. Mal statt. 1800 Teilnehmer aus 30 Ländern sind laut Veranstalter für einen fachlichen Austausch angereist. Das Kolloquium wird vom Institut für Kraftfahrzeuge (ika) und vom Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen (VKA) der RWTH Aachen gemeinsam durchgeführt.

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