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02.08.2012 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

BMW HP4: Vierzylinder-Supersportler, DDC serienmäßig

verfasst von: Katrin Pudenz

8:30 Min. Lesedauer

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Die BMW HP4 ist ein Vierzylinder-Supersportler der 1000er-Klasse mit einer Motorleistung von 142 kW. Das auf der BMW S 1000 RR basierende Sportmotorrad wiegt einschließlich Race ABS und zu 90 Prozent gefülltem Tank 199 kg (169 kg trocken). Laut Hersteller sei der neue Supersportler der bis dato leichteste Vierzylinder der 1000er-Klasse. Als erstes Serienmotorrad verfügt sie über die Dynamic Damping Control DDC, zudem führt das Unternehmen das Motorrad mit Launch Control ein. Mit ihrer Vorstellung im Jahr 2012 feiert die neue HP4 Weltpremiere. BMW Motorrad setzt damit die im Jahr 2005 etablierte HP-Modellreihe fort. Nach den Boxer-Modellen HP2 Enduro, HP2 Megamoto und HP2 Sport ist die BMW HP4 das erste Vierzylinder-Motorrad der HP-Familie, wobei das Label HP für High Performance steht.

Im Herbst 2009 wurde die S 1000 RR offiziell der internationalen Presse vorgestellt. Ausgerüstet ist sie mit Race ABS und Dynamischer Traktionskontrolle DTC (Dynamic Traction Control). Doch selbst die S 1000 RR bietet noch Raum für Optimierung, betont der Motorradhersteller. Die HP4 stelle nun die Homologationsbasis für den Einsatz von BMW Motorrädern im Rennsport dar, insbesondere in der Superbike- und Superstock-Kategorie. Ihre Zielorientierung Rennsport und Rennstrecke untermauert das neue Modell durch zahlreiche technische Neuerungen. Ihrem Anspruch an ein Hochleistungsmotorrad trage die neue HP4 fahrwerksseitig mit einer Weltneuheit für Serienmotorräder Rechnung: Das Fahrzeug ist serienmäßig mit der Dynamic Damping Control DDC ausgestattet. Bei diesem System wird die Dämpfung der Zug- und Druckstufe dynamisch an die jeweilige Fahrsituation, zum Beispiel an schnelle Richtungswechsel in Schikanen oder Fahrbahnunebenheiten, angepasst. Das semiaktive Fahrwerkssystem reagiert automatisch auf Fahrmanöver wie Bremsen, Beschleunigen oder Kurvenfahren sowie auf die Fahrbahnbeschaffenheit und stellt die Dämpfung über elektrisch angesteuerte Dämpferventile situativ richtig ein. Hierbei kommen im Gegensatz zu ESA II jedoch keine Kennlinien, sondern Kennfelder zum Einsatz, die innerhalb eines definierten Bereichs die optimale Dämpferabstimmung bereitstellen.

Dynamic Damping Control

Die Grundeinstellungen der Dynamic Damping Control DDC sind mit den Modi Rain, Sport, Race und Slick verknüpft, die vom Fahrer bequem per Knopfdruck angewählt werden können. Über das Setup-Menü der Instrumentenkombination kann die Dämpfung noch besser an die Wünsche des Fahrers angepasst werden. Wie bei einer mechanischen Einstellung besteht die Möglichkeit, das Fahrwerk weicher (-7) oder straffer (+7) einzustellen. Die Justierung der Federbasis (Federvorspannung) erfolgt von Hand und wie bei der Gabel mittels eines 17-mm-Schlüssels.

Im Rain- und Sport-Modus liegt der Abstimmungsschwerpunkt der DDC auf einer satten, angenehmen Dämpfung, wie sie vorzugsweise im Landstraßenbetrieb auf schlechten bis gut asphaltierten Straßen gefordert wird. In den Modi Race und Slick sei die Abstimmung der DDC hingegen auf Leistung getrimmt und unterstütze eine sportliche Fahrweise, insbesondere auf der Rennstrecke. Die Dämpferabstimmung ist straff.

Der Vorteil der DDC liegt in der dynamischen und damit situativen Dämpfereinstellung während der Fahrt, erläutert der Hersteller. Bei der Entwicklung der DDC habe das Unternehmen auch von Synergieeffekten mit BMW Automobilen profitiert, wo diese Technik bereits seit längerem in der Serie zum Einsatz kommt. Die Herausforderung lag in der Adaption des Systems an die Anforderungen der Motorrad-Fahrphysik und in der Integration in die entsprechenden Regelsysteme.

Die Justierung der Dämpfung erfolgt im Millisekundenbereich über ein elektrisch gesteuertes Ventil, bei dem ein Ringspalt - und damit der Durchflussquerschnitt für das Dämpferöl - verändert wird. Damit verfügt die HP4 in jeder Fahrsituation über die optimale Einstellung für die Dämpferzug- und -druckstufe. Kompromisse beim Fahrwerks-Setup gehören der Vergangenheit an. Die DDC ermöglicht maximale Traktion zur optimalen Umsetzung der Motorleistung in Beschleunigung.

Vor Antritt der Fahrt wird mit dem Einschalten der Zündung zunächst der Systemcheck und der Informationsfluss von Motorsteuerung, Sensorbox sowie Federwegsensor zur Dynamic Damping Control DDC aktiviert. Das Steuergerät der DDC verarbeitet eine Vielzahl fahrdynamisch relevanter Informationen, wie beispielsweise Federweg, Fahrgeschwindigkeit und Drosselklappenstellung. Darüber hinaus liefert die Sensorbox der DTC Informationen über die Schräglage des Motorrads und weitere Parameter.

Die beiden Gabelbeine der DDC-Upside-down-Gabel sind identisch aufgebaut; der Unterschied liegt im Innenleben von Stand- und Tauchrohr. So befindet sich der Einstellmechanismus für die um 15 mm (RR 20 mm) variierbare Federbasis (Federvorspannung) im rechten Gabelholm. Das für den dynamischen Aufbau der Dämpfungskraft verantwortliche Ventil ist mitsamt seiner elektrischen Anbindung in der Dämpferkartusche des linken Gabelholms untergebracht. Der Ausgleichsraum im unteren Teil des linken Gabelholms steht unter erhöhtem Gasdruck und nimmt das von der Dämpferkolbenstange verdrängte Ölvolumen in der geschlossenen Kartusche auf.

Serienmäßig erfolgt die Ansteuerung der Telegabel-Dämpfung ganzheitlich und nicht nach Zug- und Druckstufe getrennt. Der Kabelbaum der HP4 ist jedoch mit einem Anschluss für einen linearen Federwegsensor an der Gabel vorbereitet. Das Steuergerät erkennt, wenn der Sensor angeschlossen wird, und erweitert das Menü in der Instrumentenkombination dann automatisch um eine getrennte Zug-/ Druckstufeneinstellung. Dieser Sensor ist auf dem Zubehörmarkt erhältlich.

Das neue DDC-Federbein ist über einen Leichtmetalleinsatz, den sogenannten Kulissenstein, mit dem Rahmen verschraubt. Das Motorrad wird mit einem 0-mm-Einsatz ausgeliefert. Über die zwei beigefügten Einsätze (1,5 und 3 mm) kann das Fahrzeugheck angehoben beziehungsweise abgesenkt und die Fahrwerksgeometrie schnell an die jeweiligen Streckenverhältnisse und die individuellen Wünsche des Fahrers angepasst werden. Bei Einsatz eines anderen Kulissensteins muss der hintere Federwegsensor über das Setup-Menü entsprechend kalibriert werden. Vorne erfolgt die Anpassung in gewohnter Weise über die Gabelbrückenklemmung.

Race ABS

Mit der Einführung des Race ABS in der S 1000 RR wurde ein Antiblockiersystem erstmals konsequent auf supersportliche Belange zugeschnitten, berichtet das Unternehmen. Für die HP4 wird der nächsten Schritt getätigt. Das System wurde nochmals verfeinert und insbesondere für den Rennstreckenbetrieb angepasst. Nach wie vor verfügt es über vier verschiedene Modi für unterschiedliche Einsatzbedingungen wie nasse Fahrbahn (Rain), Straße (Sport), Rennstrecke mit Supersportreifen (Race) oder Rennstrecke mit Slicks (Slick). Das Race ABS arbeitet in den Modi Rain, Sport, und Race teilintegral, das heißt, dass beim Betätigen der Vorderradbremse automatisch auch hinten gebremst wird. So bleibt das Motorrad in der Bremsphase deutlich fahrstabiler und ermöglicht enorm kurze Bremswege.

Im Slick-Modus ist die Abstimmung des Race ABS der HP4 nun auf maximale Verzögerung ausgelegt und gibt dem Fahrer jederzeit ein transparentes Feedback über das Gripniveau. Das neue, in der Internationalen Deutschen Meisterschaft erarbeitete IDM-Setting verfügt über verfeinerte Regelimpulse und erlaubt maximale Verzögerungen an der Haftgrenze der Reifen. In diesem Modus sind sowohl die Hinterradabhebeerkennung als auch die ABS-Funktion für das Hinterrad deaktiviert, so dass der versierte Fahrer die HP4 auch über die Hinterradbremse steuern und Bremsdrifts ausführen kann.

Die aus der RR bekannte Dynamische Traktionskontrolle DTC wurde für den Einsatzzweck der HP4 optimiert. Im Slick-Modus kann während der Fahrt über die Schaltwippe Slick +/- DTC an der linken Lenkerarmatur die Traktionskontrolle an veränderte Gripverhältnisse angepasst werden. Damit hat der Fahrer nun die Möglichkeit, gezielt auf Umgebungsbedingungen wie Luft- und Asphalttemperatur, Veränderung des Reifenhaftung über die Dauer des Einsatzes sowie Fahrbahnzustände zu reagieren.

Der Einstellbereich reicht von –7 über 0 bis +7. Der Wert 0 entspricht der von der RR bekannten Einstellung im Slick-Modus, während -7 eine deutliche Verringerung der Regeleingriffe bedeutet. So können beispielsweise deutlich stärkere Slides gefahren werden. Bei +7 greift die DTC dagegen deutlich stärker regelnd ein.

Launch Control

Die Leistung beim Beschleunigen aus dem Stand - etwa bei Rennstarts - optimal in Vorwärtsdrang umzusetzen, erfordert vor allem bei leistungsstarken Supersportlern hohes fahrerisches Können. Deshalb bietet die HP4 als erstes Motorrad der Herstellers eine sogenannte Launch Control, die den Fahrer im Slick-Modus beim Anfahren aktiv unterstützt. Für volles Beschleunigen aus dem Stand begrenzt die Launch Control das Motordrehmoment dabei so, dass das maximal vom Hinterrad übertragbare Drehmoment bei gerade lastfreiem Vorderrad bereitgestellt wird. Dadurch muss sich der Fahrer beim Start sehr viel weniger auf die richtige Gasdosierung konzentrieren, denn er steuert die Beschleunigung lediglich über die Kupplung. Er kann den Gasgriff nahezu voll geöffnet lassen. Beim Startvorgang selbst wird die Motordrehzahl auf 8000/min begrenzt, bei Überschreiten von 60 km/h wird diese Drehzahlbegrenzung aufgehoben. Schaltet der Fahrer in den zweiten Gang, wird das Motordrehmoment automatisch um die Übersetzungsänderung korrigiert und kann so erneut das maximal übertragbare Drehmoment ans Hinterrad übertragen.

Die Launch Control wird deaktiviert, wenn in den dritten Gang geschaltet, eine Schräglage von über 30 Grad erreicht oder vom Fahrer in einen anderen DTC-Modus gewechselt wird. Die Funktion wird ebenfalls deaktiviert, wenn die Zündung ausgeschaltet oder der Motor abgewürgt wird.

Zusätzlich unterstützt wird der Fahrer der HP4 bei aktivierter Launch Control durch die angepasste Wheelie-Erkennung, die das Motordrehmoment reduziert, sobald sie ein Abheben des Vorderrads detektiert. Bei nicht aktivierter Launch Control werden Wheelies im Race-Modus bei einer Schräglage von unter 25 Grad und im Slick-Modus von unter 30 Grad zugelassen. Schaltassistent zum Hochschalten nahezu ohne Zugkraftunterbrechung.

Bei der neuen HP4 ist der Schaltassistent bereits Bestandteil der Serienausstattung. Mit diesem Feature hat der Fahrer die Möglichkeit, ohne Betätigung der Kupplung und damit nahezu ohne Zugkraftunterbrechung hochzuschalten. Dabei werden für den Schaltvorgang für Sekundenbruchteile die Zündung sowie die Kraftstoffzufuhr unterbrochen. Auf diese Weise lässt sich beim Beschleunigen wertvolle Rundenzeit gewinnen.

Vierzylinder-Reihenmotor

Die neue HP4 verfügt über den wassergekühlten Vierzylinder-Reihenmotor der S 1000 RR mit einer Spitzenleistung von 142 kW bei 13000/min und einer Maximaldrehzahl von 14200/min. Sein maximales Drehmoment von 112 Nm wird bei 9750/min erreicht. Für den Einsatz in der neuen HP4 stellt der Reihenvierzylinder nun in den vier Fahr-Modi die volle Leistung bei identischer Gaskennlinie und damit Gasannahme bereit. Für ein noch kraftvolleres Herausbeschleunigen aus der Kurve konnte zudem das Drehmoment im Drehzahlbereich von 6000/min bis 9750/min gesteigert werden. Für den Rain-Modus wurden die Leistungs- und Drehmomentkurve im Bereich von 2500/min bis 8000/min geglättet.

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