Mit der Forschungsinitiative Ko-HAF gehen verschiedene OEMs und Zulieferer einen nächsten Schritt auf dem Weg zur Serieneinführung des hochautomatisierten Fahrens. Ko-HAF erarbeitet Standards und Lösungen für das kooperative hochautomatisierte Fahren.
Das Forschungsprojekt namens ''Kooperatives Hochautomatisiertes Fahren'' (Ko-HAF) ist gestartet. Die Abkürzung Ko-HAF steht dabei für kooperatives hochautomatisiertes Fahren, wobei mit kooperativ die Interaktion zwischen hochautomatisierten Fahrzeugen gemeint ist.
Ziel von Ko‑HAF ist es, Standards und Technologien zu entwickeln, die kooperatives Fahren zwischen hochautomatisierten Fahrzeugen im alltäglichen Straßenverkehr ermöglichen - beispielsweise bei Einfädelvorgängen auf Schnellstraßen. Die Projektarbeit erstreckt sich über verschiedene Themenfelder von Simulationen am Computer bis hin zu Testfahrten auf abgesperrtem Gelände und später auf öffentlichen Straßen.
Gemeinsam mit einem Konsortium aus Automobilherstellern - wie BMW, Audi und Opel - Automobilzulieferern und öffentlichen Partnern startete Ko-HAF zum 1. Juni 2015. Ko-HAF hat ein Gesamtbudget von 36,3 Millionen Euro und läuft voraussichtlich bis November 2018. Projektträger ist der TÜV Rheinland im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das BMWi unterstützt Ko-HAF als erstes Projekt im Rahmen des neuen Programms "Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien". Continental hat die Koordination des Forschungsverbundprojekts übernommen.
Hochautomatisiert Fahren und dabei E-Mails bearbeiten
Projektziel ist die Erforschung neuer Systeme und Funktionen, die das hochautomatisierte Fahren bei höheren Geschwindigkeiten und in komplexeren Situationen ermöglichen. Da der Mensch beim hochautomatisierten Fahren nicht vollständig herausgenommen werden soll, wird bei dem Forschungsvorhaben auch die sichere Rückübernahme durch den Fahrer einbezogen.
Dieser Aufgabe widmet sich unter anderem Ko-HAF: Ansatzpunkt ist eine sogenannte Backend-Lösung, bei der die Fahrzeuge untereinander über einen Server mithilfe von Mobilfunk (LTE/UMTS) kommunizieren. Im Server werden Informationen über das Fahrzeugumfeld gesammelt, ausgewertet und den Fahrzeugen in konsistenter Form wieder zur Verfügung gestellt. Diese Art des vorausschauenden Fahrens ist für die Hochautomatisation in komplexeren Situationen notwendig.
"Bei der Forschungsinitiative Ko-HAF werden Standards entwickelt und getestet, die der Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen dienen. Ein Schlüssel dazu ist die Verfügbarkeit von aktuellen Informationen und deren Darstellung in einer präzisen Karte zur Freigabe von Streckenabschnitten oder einzelner Fahrspuren", so Dr. Ralph Raßhofer, der für BMW Mitglied im Steuerkreis der Ko-HAF-Initiative ist. Im Projekt Ko-HAF wird die benötigte Vorausschau von mehr als 300 Metern über kooperative Maßnahmen, also durch Rückmeldungen von anderen hochautomatisierten (HAF) Fahrzeugen erreicht. Die Fahrdaten der HAF-Fahrzeuge werden in einem Sicherheitsserver vorgehalten und über den schnellen LTE-Mobilfunk bei Bedarf an andere HAF-Fahrzeuge übertragen.
BMW: Generierung einer digitalen Karte, gesicherte Rückübernahme durch den Fahrer
Die BMW-Spezialisten sind unter anderen an folgenden Vorhaben beteiligt:
- Entwicklung hochgenauer Straßenmodelle zur Generierung einer digitalen Karte
- Fahrzeug-Eigenlokalisierung über die digitale Karte sowie kartenunabhängig über die Lokalisierung durch Fahrbahnmerkmale
- Untersuchung von Konzepten zur gesicherten Rückübernahme durch den Fahrer
- Hochautomatisierte Reaktionen auf Störungen und Hindernisse im Straßenverkehr
- Vorausschauendes automatisiertes Fahren bei normalen Verkehrssituationen
- Erhöhung der Verkehrssicherheit durch hochautomatisierte Fahrerassistenzsysteme
Hierzu werden auch Vorschläge zur Standardisierung von Prüfsituationen, Messmethoden und Maßeinheiten entwickelt. Zur Ergänzung der Absicherung in realen Fahrversuchen wird ein Konzept zur virtuellen Absicherung hochautomatisierter Fahrerassistenzsysteme erarbeitet.
Opel: Kommunikation zwischen Sicherheits-Server und Fahrzeug
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Opel kümmert sich schwerpunktmäßig um die Kommunikation zwischen Sicherheits-Server und Fahrzeug. Dazu gestalten die Experten im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum die Server-Architektur, definieren die Schnittstellen und sorgen für den ungestörten Datenfluss in beide Richtungen.
Darüber hinaus richtet Opel den Fokus auf das Fahrerverhalten im Auto. Um zu klären, ob und wie schnell der Fahrzeugführer während der automatisierten Phase bereit wäre, das Kommando an Bord zu übernehmen, entwickeln die Ingenieure ein Analyseprogramm und ein Sensorsystem.
Außerdem arbeitet Opel daran, dass das Auto Signale aussenden kann, um sich selbst zu lokalisieren und den jeweils aktuellen Aufenthaltsort auf Navigationskarten sichtbar zu machen. Diese Daten sollen dann mit Informationen vom Server sowie von weiteren Karten, Bewegungssensoren und dem Globalen Navigationssatellitensystem GNSS synchronisiert werden.
Ein Opel-Entwicklungsträger soll das kooperative hochautomatisierte Fahren auf deutschen Autobahnen ermöglichen. So wollen die Forscher demonstrieren, wie sich das Versuchsfahrzeug in diesem Hochgeschwindigkeits-Umfeld zurechtfindet. Vom selbstständigen Auffahren und Einfädeln über das Spurhalten, Mitschwimmen und Überholen bis hin zum Verlassen der Autobahn soll Ko-HAF Regie führen. Sobald das System bei Tests auf dem Opel-Versuchsgelände sicher und verlässlich funktioniert, können die Prototypen-Fahrten auf öffentliche Straßen verlagert werden.
Audi: hochautomatisierte Reaktion auf Störungen im Straßenverkehr
Audi engagiert sich in allen Themenbereichen der Forschungsinitiative. Zu ihnen zählen:
- das Entwickeln präziser Straßenmodelle als Basis für digitale Karten
- das Lokalisieren von Autos über digitale Karten und Umgebungsmerkmale aus den Daten der Umfeldsensoren
- Konzepte zur gesicherten Übernahme der Fahraufgabe durch den Fahrer
- hochautomatisierte Reaktion auf Störungen im Straßenverkehr
- vorausschauendes automatisiertes Fahren für optimierten Verkehrsfluss, mehr Komfort und erhöhte Verkehrssicherheit
Continental: Austausch von Umfeld- und Ortungsinformationen, neue Systemfunktionen
Continental ist an unterschiedlichen Arbeitspaketen mit Experten der Divisionen Chassis & Safety und Interior beteiligt. So befassen sich Mitarbeiter von Continental etwa mit der Erarbeitung von Schnittstellen zum firmenübergreifenden Austausch von Umfeld- und Ortungsinformationen über den Server und an der verbesserten, fahrstreifengenauen Ortung im Fahrzeug als solches. Continental baut hierbei auf sein M2XPro-Konzept zur Vernetzung von Fahrdynamiksensoren mit GNSS-Informationen (GNSS = Globales Navigationssatellitensystem) auf und ergänzt es um erkannte Landmarken.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Continental liegt auf neuen Systemfunktionen, die beim kooperativen Verhalten der Fahrzeuge untereinander eine wichtige Rolle spielen. Im Fokus stehen dabei das Einfädeln, das Auffahren und Fahrmanöver am Ende von Fahrstreifen. Außerdem werden Testeinrichtungen und Validierungsmethoden für das automatisierte Fahren entwickelt, die zum Beispiel basierend auf Simulationen arbeiten. Continental plant außerdem Versuchsfahrzeuge in das Projekt einzubringen, um so Kommunikation und Fahrfunktionen testen und Prüfmethoden entwickeln zu können.