Skip to main content

05.11.2012 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Leichter, flach und hochsteif: Ölwannen aus Polyamid

verfasst von: Katrin Pudenz

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Polyamide eröffnen in der Herstellung von Pkw-Motorölwannen verglichen mit Stahlblech oder Druckguss-Aluminium Chancen zur Gewichtseinsparung. Getriebeölwannen lassen sich statt aus Stahlblech oder Druckgussaluminium aus Polyamid 6 herstellen. Anwendungsbeispiele benennt nun das Chemieunternehmen Lanxess.

Die Motorölwannen (Bild) in den 1.8- und 2.0-l-Ottoturbomotoren, die unter anderem im Audi A3, A4 und A6 sowie im Volkswagen Passat zum Einsatz kommen, sind aus Polyamid gefertigt, wie das Unternehmen berichtet. Genauer gesagt bestehen sie aus dem Polyamid 66 Durethan AKV 35 H2.0 und wiegen im Vergleich zu einer Bauteillösung aus Stahl rund 1 kg weniger, wie es heißt. Gegenüber einer Ausführung in Aluminium seien diese Wannen um rund 50 Prozent leichter. Hergestellt werden sie von Polytec Plastics mit Sitz in Lohne.

Zu den Eigenschaften von Polyamid zählen die großen Freiheiten in der Formgebung. Sein Vorteil gegenüber Aluminium ist neben dem Potenzial zur Gewichtseinsparung vor allem, dass mit ihm im Spritzguss montagefertige Bauteile anfallen. Ölwannen aus Druckguss-Aluminium müssen dagegen nachbearbeitet werden, um etwa Grate zu entfernen oder Flansche plan zu fräsen. Diese Arbeiten haben schnell großen Anteil an den Fertigungskosten. Weitere Stärke von Polyamid im Vergleich zu Metall sind die Möglichkeiten zur kostensenkenden Integration von Funktionen per Spritzguss. Im Falle der Motorölwannen für die Turbomotoren sind zum Beispiel die Aufnahmen für den Ölstandsensor und die Ölablassschraube direkt mit angeformt. "Gerade wenn viele Funktionen integriert werden können, ergeben sich gegenüber der Aluminium-Bauweise deutliche Kosteneinsparungen, weil separate Schweiß- und mechanische Arbeitsschritte und daran gekoppelte logistische Abläufe entfallen", erklärt Frank Krause, bei Lanxess Experte für ölführende Motorbauteile aus Polyamid. Denkbare "Kandidaten" für die Funktionsintegration seien im Falle von Motorölwannen beispielsweise Aufnahmen für die Ölkühlung und -filtration, Backen zur Vergrößerung des Ölvolumens, Leitungen für den Ölrücklauf oder Versteifungselemente im Bereich der Getriebeabstützung.

Durethan AKV 35 H2.0 ist mit 35 Prozent Glasfasern gefüllt. Trotz dieser Verstärkung lassen sich mit dem Kunststoff verzugsarme Ölwannen herstellen, deren Flansche dicht halten. Die hohe Zähigkeit, Steifigkeit und Festigkeit des Kunststoffs tragen mit dazu bei, dass die Ölwannen Steinschläge und ein Aufsetzen auf einer hohen Bordsteinkante gut überstehen. Die Wärmestabilisierung des Polyamids stellt eine hohe Formbeständigkeit der Bauteile unter typischen thermischen Dauerbelastungen sicher.

Ein Beispiel für eine Getriebeölwanne aus Polyamid 6 ist das S-tronic-Getriebe des Audi R8. Die Ölwanne des Sportwagens wird aus dem mit 60 Gewichtsprozent Glasfasern hochverstärkten Durethan DP BKV 60 H2.0 EF gefertigt. Systemlieferant der komplett montierten Getriebeölwanne ist IBS-Filtran in Morsbach.

Die Ölwanne hat eine Höhe von weniger als 20 mm und ermöglicht einen tieferen Einbau des gesamten Getriebeaggregates. Dadurch sinke der Fahrzeugschwerpunkt, was zu der hervorragenden Fahrdynamik und Straßenlage des R8 beiträgt. Die flache Bauweise der Ölwanne habe eine geringe Flanschhöhe zur Folge. Käme beim Spritzgießen der Ölwanne ein herkömmliches Polyamid 6 zum Einsatz, würden sich die Flansche unter Dichtlast durch Kriechen verformen und undicht werden. "Unser hochgefülltes Polyamid kriecht dagegen kaum. Selbst bei 150 °C ist es doppelt so steif wie zum Beispiel das mit 30 Prozent Glasfasern verstärkte Standard-Polyamid 6 Durethan BKV 30 H2.0. Außerdem neigt es kaum zum Verzug, was sich ebenfalls positiv auf die Dichtigkeit der Flansche auswirkt", erläutert Krause.

Neben einem Ölverdrängungskörper und einer Aufnahme für die Ölablassschraube sei in die Ölwanne nach einer patentierten Technik von IBS-Filtran direkt auch der Ölfilter per Spritzguss integriert worden. Im Falle einer Bauteilausführung in Metall hätte der Ölfilter dagegen separat aus mehreren Komponenten gefertigt werden müssen. "Das hätte neben höheren Kosten einen deutlich höheren Aufbau der Ölwanne zur Folge gehabt und damit den Vorgaben für den Bauraum nicht entsprochen", betont Krause. Gegen Stahlblech sprach auch, dass der Ölverdrängungskörper wegen zu großer Ziehverhältnisse nicht tiefgezogen werden konnte.

Der Deckel des Ölfilters besteht aus dem mit 30 Gewichtsprozent Glasfasern gefüllten Polyamid 66 Durethan AKV 30 H2.0. Er wird mit dem Gehäuse des Ölfilters verschweißt. Die resultierende Schweißnaht zeige eine ausreichend hohe Festigkeit und erfülle alle Dichtigkeitsanforderungen.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

    Premium Partner