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07.10.2010 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Mit sechs Zylindern: Die BMW K 1600 GT und BMW K 1600 GTL

verfasst von: Katrin Pudenz

9 Min. Lesedauer

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Im Herbst 2009 präsentierte BMW Motorrad die Konzeptstudie Concept 6 mit einem neuen Sechszylinder-Reihenmotor. Bis dahin standen beim bayrischen Hersteller Sechszylinder-Reihenmotoren für Automobile-Motorentechnik. Mit der neuen BMW K 1600 GT und der K 1600 GTL gibt es nun erstmals auch BMW Motorräder mit einem eigens entwickelten Sechszylinder-Reihenmotor als Antrieb und http://www.atzonline.de/Aktuell/Nachrichten/1/12451/ZKW-praesentiert-adaptives-Kurvenlicht-fuer-Motorraeder.html.

Das Triebwerk baut schmaler als alle bisherigen im Serienfahrzeugbau gefertigten Sechszylinder-Reihenmotoren. Die kompakte Bauweise und die geringe Baubreite wurden durch ein leicht unterquadratisches Hub-Bohrung-Verhältnis von 67,5 zu 72 Millimeter (0,938) mit relativ langem Hub sowie durch kleine Zylinderachsabstände von 77 Millimeter erreicht. Der Abstand zwischen den Zylinderlaufbuchsen beträgt fünf Millimeter. Zudem ist der Motor mit einem Gewicht von 102,6 Kilogramm (Grundmotor inklusive Kupplung, Getriebe und Lichtmaschine) leicht. Der quer eingebaute Sechszylinder-Reihenmotor verfügt über einen Hubraum von 1649 Kubikzentimeter. Seine Nennleistung beträgt 118 Kilowatt bei 7750 1/min. Das maximale Drehmoment von 175 Newtonmeter wird bei 5250 1/min erreicht. Schon ab 1500 1/min stehen über 70 Prozent des maximalen Drehmomentes zur Verfügung.

Zur Realisierung der Baubreite sind die elektrischen Nebenaggregate sowie deren Antrieb hinter die Kurbelwelle in den Freiraum oberhalb des Getriebes verlegt worden. Hierdurch wurde ein Antrieb mit Massenkonzentration in der Fahrzeugmitte realisiert. Die Gesamtbreite des Motors beträgt 555 Millimeter. Mit diesem Maß baut der Motor nur geringfügig breiter als ein aktueller großvolumiger Vierzylinder-Reihenmotor.  Aufgrund des durch die Bauart bedingten Massenausgleichs kann beim Sechszylinder-Reihenmotor auf eine Ausgleichswelle und deren Antriebselemente verzichtet werden, was sich in Gewichtsvorteilen und - im Vergleich zum Vierzylinder - gesteigerter Laufruhe niederschlägt. In seinem Layout lehnt sich der Sechszylinder-Reihenmotor an den Vierzylinder-Reihenmotor der K 1300 Baureihe an und verfügt wie dieser über eine um 55 Grad nach vorn geneigte Zylinderachse.

Die Kurbelwelle des Sechszylindermotors ist einteilig aus Vergütungsstahl geschmiedet. Sie besitzt Gegengewichte und trägheitsmomentoptimierte Scheiben sowie die übliche Sechszylinder-Kröpfung von 120 Grad für gleichmäßige Zündabstände. Das Gewicht der Kurbelwelle ist mit 12,9 Kilogramm unwesentlich höher als bei einem vergleichbaren Vierzylindermotor. Die Kurbelwelle ist gleitgelagert. Der Durchmesser der Hauptlagerzapfen beträgt 42 Millimeter, jener der Pleuellagerzapfen 40 Millimeter. Alle Hauptlager werden direkt mit Drucköl versorgt. Die Schmierstoffversorgung der Pleuellager erfolgt von den Hauptlagern aus. Eines der Kurbelwangen-Gegengewichte ist als Zahnrad für den Primärantrieb zur Kupplung ausgeführt. Eine weitere Verzahnung an der äußeren Kurbelwange wird zur Drehzahlerfassung genutzt. Die anderen Gegengewichte sind strömungsgünstig ausgeformt. Der Antrieb der Nockenwellen im Zylinderkopf erfolgt mit einer Zahnkette, die über ein am rechten Kurbelwellenende verpresstes Zahnkettenrad läuft. Die gleitgelagerten Pleuel sind leichte Schmiedeteile aus Vergütungsstahl. Mit einer Länge von 124,45 Millimeter begünstigen sie einen ruhigen Motorlauf, stehen für geringe Seitenkräfte der Kolben und damit für geringe innere Reibung in diesem Bereich. Die Horizontalteilung erfolgt mit der bewährten Crack-Technik (cracken = brechen), bei der das große Pleuelauge durch eine hydraulisch aufgebrachte schlagartige Zugkraft gezielt in der Mittenebene durchgebrochen wird.

Es werden Leichtbau-Kastenkolben mit kurzem Kolbenhemd, zwei hinsichtlich der Reibleistung optimierten schmalen Kolbenringen sowie einem schmalen Ölabstreifring eingesetzt. Durch die flache Gestaltung des Brennraums konnten trotz des hohen Verdichtungsverhältnisses von 12,2:1 der Kolbenboden und die Ventiltaschen flach gehalten werden. Dies unterstützt einen thermodynamisch günstigen Verbrennungsablauf und ermöglicht eine gewichtsoptimierte Kolbenbodenkontur.

Das zweiteilige Zylinder-Kurbelgehäuse besteht aus hochfesten Aluminiumlegierungen. Die Teilungsebene verläuft in der Kurbelwellenmitte. Das Oberteil bildet einen hochsteifen Verbund aus den sechs Zylindern und dem oberen Lagerstuhl für die Kurbelwelle. Durch die Herstellung im Sandgussverfahren konnten niedrige Wandstärken realisiert werden. Der Zylinderblock ist als Open-Deck-Konstruktion ausgeführt, das heißt der Wassermantel ist zum Zylinderkopf hin offen. Die Laufbahnen sind mit einer verschleißfesten, reibungsarmen Nickel-Silizium-Dispersionsbeschichtung versehen. Das im Druckgussverfahren hergestellte Unterteil bildet das Gegenstück für die Hauptlagerung der Kurbelwelle und nimmt das Sechsganggetriebe auf.

Der Ventilwinkel für das Triebwerk beträgt einlassseitig zwölf Grad und auslassseitig 13 Grad. Die Ventilgrößen betragen einlassseitig 29 Millimeter sowie auslassseitig 24,8 Millimeter und die Schaftdurchmesser fünf Millimeter. Die beiden obenliegenden Wellen werden über eine Zahnkette angetrieben. Dieser Zahnkettenantrieb wird hydraulisch gespannt und bedämpft und zeichnet sich durch hohe Laufruhe aus. Eine Neuheit im Bau von Motorradmotoren stellen Konstruktion und Fertigung der Nockenwellen dar. Hierbei handelt es sich um gebaute Nockenwellen, bei denen die einzelnen Nocken mit der Welle, die als Rohr ausgebildet ist, formschlüssig verpresst werden. Vorteile gegenüber konventionellen Schalenhartguss-Nockenwellen ergeben sich insbesondere bei der Gewichtsbilanz. Die Gewichtseinsparung beträgt hier rund ein Kilogramm. Die für die Serie festgelegte Drehzahlgrenze liegt bei 8500 1/min, die rein mechanische Drehzahlverträglichkeit liegt jedoch weit darüber. Im Bestreben, ein möglichst geringes Gewicht der Antriebseinheit zu realisieren, wurden der Ventildeckel ebenso wie der Kupplungsdeckel aus leichtem Magnesium gefertigt.

Ein enger Ventilwinkel ermöglicht einen kompakten Brennraum mit flacher Kalotte und bietet damit die Voraussetzung für ein hohes geometrisches Verdichtungsverhältnis von 12,2:1 bei einem thermodynamisch günstig, weitgehend eben gestalteten Kolbenboden. Dieser hohe Wert spiegelt die gelungene Geometrie des Brennraums im Hinblick auf einen idealen Verbrennungsablauf und besten Wirkungsgrad wider.

Im Sechszylinder-Reihenmotor der Modellreihe kommt eine integrierte Trockensumpfschmierung zum Einsatz. Neben großer Betriebssicherheit ermöglicht sie eine flache Bauweise des Kurbelgehäuses und damit eine tiefere Einbaulage des Motors sowie eine schwerpunktnahe Konzentration der Massen. Der damit mögliche Verzicht auf eine herkömmliche Ölwanne mit Ölreservoir erlaubt es, das Triebwerk gegenüber einer herkömmlichen Konstruktion deutlich weiter unten im Fahrzeug anzuordnen. Das Ölreservoir bildet ein im hinteren Bereich des Motorgehäuses integrierter Öltank. Ein separater Tank entfällt somit.

Das Drehmoment wird von der Kurbelwelle über einen gerade verzahnten Primärtrieb auf eine 10-Scheiben-Ölbadkupplung übertragen. Augenmerk legten die Entwickler auf eine geringe Betätigungskraft am Handhebel. Erreicht wird diese durch eine sich selbstverstärkende Mechanik im Kupplungskorb. Wird diese aktiv, äußert sich dies unter Umständen in leichten Bewegungen am Kupplungshebel. Das Getriebe ist samt Winkeltrieb im Motorgehäuse integriert. Zur Reduzierung der Baubreite insbesondere im Bereich der Fahrerfußrasten ist es als Dreiwellen-Getriebe mit drei übereinander liegenden Getriebewellen konstruiert. Die Zahnräder sind schrägverzahnt. Dies bietet eine gute Voraussetzung für ein niedriges Laufgeräusch. Das Schalten der Übersetzungsstufen erfolgt mittels Schaltwalze, Schaltgabeln und Schiebemuffen zur kraftschlüssigen Verbindung. Um Gewicht zu sparen, ist die wälzgelagerte Schaltwalze hohl ausgeführt und aus einer hochfesten Aluminiumlegierung gefertigt. Die Schaltgabeln bestehen aus Stahl und werden durch Drucköl geschmiert.

Die neuen Sechszylinder verfügen über die digitale Motorsteuerung BMS-X (BMW Motor Steuerung X), die erstmals in K 1600 GT und K 1600 GTL eingesetzt wird. Vollsequenzielle, zylinderselektive Einspritzung für sechs Zylinder, schnelle Verarbeitung umfangreicher Sensorsignale durch modernste Mikroelektronik, ein kompaktes Layout, geringes Gewicht und Eigendiagnose sind ihre wichtigsten Kennzeichen. Das momentenbasierte Motormanagement mit Alpha-n-Steuerung berücksichtigt eine Vielzahl von Einflussgrößen. So ermöglicht es eine gezielte Drehmomentabgabe sowie eine feinfühlige Anpassung des Motorbetriebs an unterschiedlichste Randbedingungen. Die Grundlage der Steuerung stellt die angesaugte Luftmenge dar, die indirekt über den Drosselklappenwinkel und die Motordrehzahl bestimmt wird. Aus zusätzlichen Motor- und Umgebungsparametern (unter anderem Motortemperatur, Lufttemperatur und Umgebungsluftdruck) bildet die Motorsteuerung zusammen mit abgespeicherten Kennfeldern und hinterlegten Korrekturfunktionen individuell abgestimmte Werte für Einspritzmenge und Zündzeitpunkt.

Die Bereitstellung des Kraftstoffs geschieht bedarfsgerecht über die Ansteuerung der elektrischen und geregelten Benzinpumpe mit einem Druck von 3,5 bar. Mithilfe zweier Lambdasonden wird die Gemischzusammensetzung geregelt. Diese sind an den Zusammenführungen von jeweils drei Abgaskrümmern platziert und sorgen für eine präzise Erfassung der Abgaszusammensetzung. Die BMS-X integriert die Funktionen einer automatischen Leerlaufregelung sowie einer Kaltstartanreicherung über die elektronisch geregelte Drosselklappe. Die Leerlaufanhebung im Warmlauf erfolgt bei Bedarf automatisch über eine Anhebung der Solldrehzahl.

Die Ansteuerung der zentralen Drosselklappe mit 52 Millimetern Durchmesser erfolgt über einen Elektromotor in Form eines so genannten E-Gas-Systems - auch Ride-by-Wire-System genannt. Der Fahrerwunsch wird durch einen Sensor im Gasdrehgriff erfasst. Die Motorsteuerung rechnet diesen Fahrerwunsch innerhalb von Millisekunden in eine Drehmomentanforderung um und regelt die Lage der Drosselklappe entsprechend elektronisch. Dies ermöglicht optimale Fahrbarkeit in den verschiedensten Situationen, elektronische Geschwindigkeitsregelung und Traktionskontrolle. Zudem erschließt der Einsatz des E-Gases über verschiedene auswählbare Fahrmodi weitere Potenziale hinsichtlich Kraftstoffverbrauch und Fahrdynamik.

Das Fahrwerk der BMW Sechszylinder-Motorräder basiert auf dem Konzept, das bereits bei den aktuellen Vierzylinder-Modellen der K-Baureihe zum Einsatz kommt. Die wesentlichen Elemente sind der Leichtmetall-Brückenrahmen sowie Duolever und Paralever für die Aufgaben der Radführung vorn und hinten. Für die Anforderungen, die ein Tourer mit Sechszylinder-Triebwerk stellt, wurde Augenmerk auf die Austarierung der Massen gelegt. Das Zusammenspiel von Fahrwerk und Motorlage ergibt zusammen mit der Sitzposition des Fahrers nicht nur einen niedrigen Gesamtschwerpunkt mit günstiger Massenkonzentration, sondern auch eine ausgewogene, ideale statische Radlastverteilung von 52 Prozent vorn zu 48 Prozent (K 1600 GT unbeladen) hinten. Dies gewährleistet selbst im Zweipersonenbetrieb und mit hoher Beladung hervorragende Fahreigenschaften. Das zentrale tragende Bauteil ist der Hauptrahmen in Brückenbauweise. Der neu entwickelte Aluminium-Leichtbaurahmen besteht aus einem Schweißverbund von vier hochfesten, wärmebehandelten Kokillengussteilen mit geringen Wandstärken. Sowohl die komplexe Geometrie als auch die hohe Anzahl an Anbindungspunkten stellen dabei höchste Ansprüche an die Fertigungstechnologie. Durch den stark nach vorn geneigten Motor können die Profile des Hauptrahmens oberhalb des Zylinderkopfes geführt werden, so dass ihr Verlauf von dessen Breite weitgehend unabhängig ist. Dies erlaubt eine sehr schmale Gestaltung des Rahmens, insbesondere im ergonomisch wichtigen Kniebereich. Das Gewicht des Hauptrahmens beträgt lediglich 16 Kilogramm.

Mit den neuen Tourern ist erstmals im Motorrad-Bereich zusätzlich zum serienmäßigen Xenon-Scheinwerfer als Sonderausstattung ab Werk die Option Adaptives Kurvenlicht verfügbar. Die serienmäßig verbaute Abblendeinheit im Hauptscheinwerfer besteht aus einem mittig angeordneten, beweglichen Xenon-Projektionsmodul mit Reflektionsspiegel. Höhenstandssensoren an Vorderrad- und Hinterradaufhängung liefern Daten für die permanente Leuchtweitenregulierung. Durch den Nickausgleich erhellt das Licht bei Geradeausfahrt unabhängig vom Fahr- und Beladungszustand immer den optimalen, voreingestellten Bereich. Die Sonderausstattung Adaptives Kurvenlicht beinhaltet zudem einen Stellmotor, der aus dem serienmäßig statischen Reflektionsspiegel einen Schwenkspiegel macht. Der Spiegel wird dann in Abhängigkeit von der Schräglage über eine Achse gedreht und gleicht den Rollwinkel des Fahrzeugs aus. Das Abblendlicht erfährt so zusätzlich zum Nickausgleich einen Ausgleich der gefahrenen Schräglage. Beide Bewegungen überlagern sich, so dass sich ein Hineinleuchten in die Kurve ergibt. Daraus resultieren eine deutlich verbesserte Ausleuchtung der Fahrbahn bei Kurvenfahrt und damit ein enormer Zugewinn an aktiver Fahrsicherheit.

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