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02.10.2012 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Auf leisen Pfoten: Erste Testfahrt mit dem Prototypen des Mahle-Range-Extenders

verfasst von: Alexander Heintzel

5 Min. Lesedauer

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Für Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb erscheint ein Range Extender als die geeignete Lösung, um Reichweiten sicherzustellen, die denen eines konventionellen Antriebsstrangs nahekommen. Der Stuttgarter Powertrain-Spezialist Mahle hat in nur 10 Monaten ohne die Unterstützung eines OEM einen eigenen Range Extender mit flexibler Einbaulage entwickelt (siehe Fachartikel in ATZ 11/2012).

Der 900 cm3-Zweizylinder-4-Takt-Motor mit 0°/180°-Zündfolge leistet 30 kW mit einem maximalen Drehmoment von 72 Nm bei 2000 bis 4000/min. Die elektrische Synchronmaschine liefert 55 kW (Spitze 100 kW). Die Kraft gelangt mittels eines Zweigang-Reduktionsgetriebes mit maximal 120 km/h auf die Straße. Mit Abmessungen vergleichbar denen eines Handgepäcks baut die gesamte Einheit wesentlich kompakter als der 1,2-l-Reihenvierzylinder aus dem Basisfahrzeug Audi A1. Dies führt zu einer deutlichen Reduktion des NVH-Levels im Innenraum, da alle wesentlichen Antriebskomponenten außer der Hochvoltbatterie im Vorderwagen untergebracht werden konnten. Letztere verfügt bei 350 V nominaler Spannung über 14 kWh Speicherinhalt und befindet sich unterhalb des Kofferraumbodens in der Reserveradmulde, wobei auch ein Einbau im Mitteltunnel oder hinter den Rücksitzen denkbar wäre. Ein integriertes Managementsystem optimiert das Thermomanagement.

Das kleine Batteriepackage senkt Kosten und Gewicht, sodass das Gesamtfahrzeug nur rund 200 kg mehr auf die Waage bringt. Gestartet wird mit einem 38 kW-Startermotor. Kaltstarts sollten weitgehend durch sogenanntes Katalysatorvorheizen vor dem Start des Extenders vermieden werden. Natürlich springt auch der Range Extender von Mahle gerade bei tiefen Temperaturen früher an, da zum Beispiel das Fahrzeug beheizt werden muss, aber selbst im Winter ist - ausreichend Batterieladung vorausgesetzt - ein rein elektrisches Losfahren möglich. Der Range Extender wird in Abhängigkeit sowohl von der anliegenden Last als auch vom Ladezustand gestartet, wobei die Batterie beim Prototypen stattliche 80 Prozent ihrer Kapazität nutzt.

Aber wie fährt er sich denn nun? Um es kurz und bündig auf einen Nenner zu bringen: Überraschend gut. Wie man es von einem E-Antrieb erwarten kann, spurtet der Wagen souverän los. Die von Mahle angegebenen 12 Sekunden von 0 auf 100 km/h scheinen ein realistischer Wert zu sein. Lenkung und Bremsen sind wie bei einem Audi A1 zu erwarten, also kann alle Konzentration auf den Antriebsstrang gerichtet werden, der schließlich bei dieser Testfahrt die Hauptrolle spielt. Der Knackpunkt beim seriellen Hybriden ist aber das Einsetzen des Verbrennungsmotors und hier punktet der Mahle Range Extender deutlich gegenüber anderen bekannten Fahrzeugen. Nahezu unmerklich springt der kleine Zweizylinder an und versorgt die Batterie mit Strom. Der Motor verrichtet bei Geschwindigkeiten über 50 km/h kaum hör- und fühlbar seinen Dienst - hier ist ohnehin das Abrollgeräusch der Reifen dominanter. Selbst bei Langsamfahrt unter 30km/h entwickelt der Range Extender keine störende Geräuschkulisse, sondern arbeitet in sonorer Stimmlage unterschwellig im Hintergrund. Der Ehrlichkeit halber muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass ein Kunde dies nicht erfahren könnte, da der Range Extender prinzipiell so ausgelegt ist, dass er erst ab 45 km/h anspringt. Speziell für die Testfahrt mit dem Prototypen wurde aber dieser Punkt auf 25 km/h abgesenkt, um eine Überprüfung des NVH-Levels zu ermöglichen. Der erste Eindruck war der eines effizienten, leisen und vibrationsarmen Antriebs, wobei natürlich erst eine längere Testfahrt letzte Aufschlüsse geben könnte. Im Cockpit endlich mal keine schillernd, bunten Armaturen, sondern klare und sachliche Anzeigen mit Informationen zu Ladezustand, Verbrauch und Betrieb des Range Extenders.

Mahle legte die Betriebsstrategie auf minimalen Kraftstoffverbrauch bei Einhaltung der Grenzwerte für Abgas-, Geräusch- und Vibrationsemissionen. Der Kraftstofftank konnte um fast die Hälfte auf 25 Liter reduziert werden. Im Realverkehr sind laut Mahle in vielen Fällen Reichweiten von rund 70 km rein elektrisch und zusätzlich 430 km Reichweite bei Emissionen von unter 45 g CO2/km möglich. Der Verbrauch läge damit bei rund 2 l/100 km. Erreicht wird dies durch den hohen Wirkungsgrad des Mahle-Antriebs, der im Bestpunkt bei 31 Prozent liegt. Dieser bewegt sich zwar unter denen konventioneller Antriebe, ist aber für einen seriellen Hybriden durchaus beachtlich. Natürlich muss der Verbrauch (leider) im NEFZ gemessen werden, wobei bei diesem Fahrzeug der tatsächliche Verbrauch unter Einfluss des regenerativen Bremsens durchaus in den Bereich dieses Werts gefahren werden kann. Um aber möglichst nahe an der Realität zu liegen, haben die Mahle-Ingenieure das Fahrzeug auf den Artemis-Zyklus ausgelegt. Die hierbei zugrunde liegenden realen Fahrprofile werden aktuell im Dauertest verifiziert. Erste Ergebnisse zeigen, dass sogar Emissionen von rund 40 g CO2/km im Bereich des Möglichen liegen.

Entscheidend für die Akzeptanz im Markt ist neben der Reichweite auch das NVH-Level. Gerade in diesem Punkt konnten die bisher vorgestellten Konzepte nicht ganz überzeugen. Auch beim von der ATZ gefahrenen Prototypen gibt es noch Potenzial für Optimierungen - vor allem im Bereich der Schalldämpfer. Allerdings wirkte sich die reduzierte Drehzahl bei der Testfahrt mit dem Prototypen überaus positiv auf die NVH-Reduktion aus.

Der Kostenfaktor des Range Extenders hängt natürlich von den Stückzahlen ab, wobei hier die Kosten des E-Motors kritischer zu sehen sind, als jene des Verbrennungsmotors. Mahle kann allerdings den Range Extender für mehrere Hersteller bauen und individuell anpassen. Dadurch wären höhere Stückzahlen möglich, was sich positiv auf die Kostenseite auswirken würde. Die Preise für ein Fahrzeug mit Range Extender könnten sich also durchaus in Regionen etwas oberhalb eines leistungsverzweigten Hybriden bewegen und wären damit durchaus marktfähig. Ein serieller Hybrid dürfte ohnehin attraktiver sein, als ein reines BEV. Fazit: Mahle hat das Thema Range Extender im Griff und unterstreicht mit diesem vollwertigen B-Segment-Fahrzeug, seine Kompetenz in Sachen Fahrzeug-Know-how.

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