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17.09.2012 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Sartre-Projekt: Autonome Kolonnenfahrt auf der Autobahn

verfasst von: Katrin Pudenz

3:30 Min. Lesedauer

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Eintöniges Fahren auf der Autobahn könnte bald Geschichte sein: Denn im Rahmen des Forschungsprojektes Sartre ist es gelungen, eine autonome Kolonnenfahrt auf einer öffentlichen Straße umzusetzen. In der Nähe von Barcelona folgte die Kolonne, bestehend aus einem Volvo XC60, einem Volvo V60, einem Volvo S60 und dem Führungswagen, einem Volvo Truck, ohne jegliches Eingreifen der jeweiligen Fahrer.

So wurde nun, nach einer umfangreichen Forschungsphase und aufwendigen Praxistests das Sartre-Projekt abgeschlossen. Der Begriff Sartre steht für "Safe Road Trains for Environment". Es ist ein Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, eine Technik zu entwickeln, die autonome Kolonnenfahrten auf europäischen Schnellstraßen innerhalb der konventionellen Verkehrsströme ermöglicht. Sartre wird durch die Europäische Kommission teilfinanziert. Unter der Führung des britischen Unternehmens Ricardo umfasst das Forschungsprojekt Kooperationen zwischen den Firmen Applus+, Idiada und Tecnalia (Spanien), Institut für Kraftfahrwesen (ika) Aachen (Deutschland), SP Technical Research Institute aus Schweden sowie Volvo Car Corporation and Volvo Technology (Schweden).

Hinter dem Forschungskonzept verbirgt sich die langfristige Vision, ein Mobilitätssystem zu schaffen, bei dem das Buchen und die Teilnahme an Kolonnenfahrten auf Langstrecken einfacher ist, als die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Bei Sartre wird das Führungsfahrzeug von einem Fahrer gelenkt, die nachfolgenden Fahrzeuge fahren mithilfe elektronischer Abstandsregelung und Echtzeit-Kommunikation selbstständig hinterher, berichtet das ika. Dazu wurden zum einen die Kamera-, Radar- und Lasertechniken in aktuellen Sicherheitssystemen wie ACC oder Lane Keeping verbessert, aber auch verschiedene Prototypen und Software entwickelt, um die Mensch-Maschine- und die Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation zu ermöglichen.

"Unsere Testkolonne fuhr mit Geschwindigkeiten von bis zu 90 km/h teilweise mit weniger als vier Meter Abstand voneinander vollkommen autonom", erklärt Erik Coelingh, Technik-Experte der Volvo Car Corporation. Grundsätzlich würden Kolonnenfahrten zahlreiche Vorteile bieten. "Der Fahrer kann - wie in einem Bus oder Zug - mehrere Dinge gleichzeitig tun, während er hinter dem Steuer des eigenen Fahrzeug sitzt", ergänzt Erik Coelingh. Und natürlich müsse sich der Fahrer nicht um Abfahrzeiten, Mietwagenabgabe oder Taxibuchungen auf seiner Reise kümmern.

Technik-Kombination

Bei einer Kolonnenfahrt sind mehrere Fahrzeuge durch Sensoren untereinander sowie mit dem Führungswagen verbunden und kommunizieren miteinander. Dabei kommen verschiedene Techniken zum Einsatz, die bereits heute in Volvo Sicherheits- und Fahrer-Assistenzsystemen, wie dem aktiven Geschwindigkeits- und Abstandsregelsystem, dem Volvo City Safety System sowie den Spurhalte-, Toter-Winkel- und Einpark-Assistenten zum Einsatz kommen. "Das Grundprinzip dieser innovativen Technik beruht darauf, dass die Kolonnenfahrzeuge die Bewegungen des Führungswagens übernehmen", erläutert Erik Coelingh. Zur Verwirklichung dieses Ziels seien die Kameras, Radar- und Lasersensoren weiterentwickelt worden.

Zu den neuen Technik-Features gehört beispielsweise ein Schnittstellenprototyp zwischen Mensch und Fahrzeug (Human-Machine-Interface) inklusive Touchscreen, dessen Display Informationen des Fahrers, beispielsweise der Wunsch, der Kolonne beizutreten oder sie zu verlassen, anzeigt und ausführt. Ein zweites Feature ist ein Kommunikationssystem (Prototyp), das die Informationsübermittlung und die Interaktion zwischen allen Fahrzeugen der Kolonne ermöglicht.

Zweifelsohne werde diese Technik, sobald sie Serienreife erlangt habet, in das Volvo Sensus Infotainmentsystem integriert. Weiter betont Erik Coelingh: "Die Teilnahme an einer autonomen Kolonnenfahrt muss so bequem wie möglich von statten gehen und reibungslos funktionieren. Hinzu kommt die Herausforderung ein System zu realisieren, das den Kostenaspekt regelt. Es ist nachvollziehbar, dass die Nutzer der Kolonnenfahrt eine Gebühr zahlen und der Fahrer des Führungswagens eine Vergütung bekommt."

Auch das ika hebt hervor, dass noch einiges zu tun ist: trotz der erfolgreich zurückgelegten Kilometer, seien noch nicht alle Hürden für den tatsächlichen Einsatz genommen. Ein wesentlicher Aspekt sei die Gewährleistung der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, auch bei Notbremsungen und plötzlichen Hindernissen. Dies erfordere ein flächendeckendes Management der Kolonnen und eine systematische Erforschung der Akzeptanz solcher Systeme. Gleichzeitig seien jedoch die Vorteile der Kolonnenfahrt enorm, wie es weiter aus Aachen heißt. Die angeglichene Geschwindigkeit der Fahrzeuge erhöht den Verkehrsfluss und damit auch die Kapazität der Autobahnen. Die Kolonnen-Teilnehmer würden weniger beansprucht, so dass die Zahl der Unfälle durch Übermüdung gesenkt werden könne. Durch das dichte Auffahren werde zudem der Luftwiderstand reduziert. Dadurch sollen sich Kraftstoffeinsparungen von bis zu zehn Prozent realisieren lassen. Volvo nennt sogar Kraftstoffeinsparpotenzial von zehn bis zwanzig Prozent durch Kolonnenfahrten.

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