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22.06.2016 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Digitalisierung der Autoindustrie: Darf es noch etwas mehr sein?

verfasst von: Angelina Hofacker

4:30 Min. Lesedauer

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Um den Trends der digitalen Zukunft früh genug auf die Spur zu kommen, braucht die Automobilindustrie dringend neue Strategien. Die "digitale Transformation" verläuft aber bislang eher schleppend.

Die Trends Konnektivität, Smart Mobility und autonomes Fahren sind gesetzt. Um künftige Innovationen in der Automobilindustrie früh zu erkennen, müssen Automobilhersteller aber auch Entwicklungsdienstleister und Zulieferer neue Strategien für eine digitale Zukunft entwickeln - und auch zeitnah umsetzen.

Auffallend oft springt deshalb ein Schlagwort ins Auge, derzeit vor allem in den Unternehmensnachrichten der Volkswagen-Marken: So leitet Johann Jungwirth bei Volkswagen den im November 2015 neu geschaffenen Fachbereich Digitalisierungsstrategie. Jungwirth kommt vom IT-Unternehmen Apple. Audi baut die Schlüsselbereiche Elektrifizierung und Digitalisierung aus, dafür seien Investitionen von mehr als drei Milliarden Euro in diesem Jahr eingeplant, vermeldet das Unternehmen im Frühjahr. Porsche hat Ende Mai ein Kompetenzzentrum für Digitalisierung gegründet. Der Geschäftsführer der neuen Porsche Digital GmbH Thilo Koslowski kommt vom IT-Beratungsunternehmen Gartner. Und auch MAN hat einen neuen Unternehmensbereich "Telematics and Digital Solutions" gegründet ebenso wie jüngt Skoda eine neue Digitalabteilung geschaffen hat. Die Unternehmen zeigen also "Digitalisierungsflagge", das ist aber erst der Anfang. Denn die Digitalisierung muss auch tatsächlich Teil der Unternehmenskultur werden.

Aufholbedarf bei der digitalen Transformation

"Im digitalen Zeitalter, ist eine Kultur nötig, die Innovation konsequent fördert, um die Chancen der Digitalisierung optimal zu nutzen", sagte Daimler-Chefs Dieter Zetsche im Frühjahr 2016 im Rahmen der Veranstaltung "Zulieferer des Jahres". Die Etablierung einer solchen Kultur scheint auch bitter nötig, denn selbst in Firmen, die sich mitten in einem Umbruch befinden, ist digitales Wissen eher rar, schreibt Andrea Ammerland in ihrem Online-Artikel "Digitalisierung ist für Unternehmen ein Fremdwort". "56 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland wissen nicht, was sich hinter den Bezeichnungen 'Digitalisierung' und 'Industrie 4.0' verbirgt", zitiert die Springer-Autorin eine Studie der Personalberatung Rochus Mummert.

Und ausgerechnet die Automobilbranche positioniert sich einer Studie der Unternehmensberatung Batten & Company zufolge nicht als Treiber dieses tiefgreifenden Wandels. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass die Automobilbranche einen erheblichen Aufholbedarf bei der digitalen Transformation hat. "Nur drei der untersuchten 20 OEMs werden demnach den vielfältigen Anforderungen der Anteilseigner bei der Digitalisierung gerecht", zitiert Springer-Autor Stefan Schlott die Studienergebnisse in seinem Beitrag "Digital vernetzt in die Zukunft". Nahezu alle führenden Automobilproduzenten fahren der Digitalisierung also hinterher. Doch die Aufholjagd hat begonnen und es gibt gute Vorbilder, um die digitale Transformation voranzutreiben.

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Ideen adaptieren, die aus anderen Branchen bekannt sind

"Naturgemäß nimmt im Thema Digitalisierung nicht die Automobilindustrie die führende Rolle ein, sondern die Unternehmen des Internetzeitalters wie Alphabet, Apple, Facebook oder Amazon. Nur wer versteht, weshalb diese Unternehmen so erfolgreich sind, hat eine Chance, im Thema Connected Mobility erfolgreich zu sein", schreiben Bernd Abraham, Daniel Brugger, Sven Strehlke, und Wolfgang Runge in der ATZelektronik 1/2016. Aus diesem Grund sei es für die Automobilindustrie sinnvoll, sich mit den Grundprinzipien der digitalen Wettbewerber (Digitals) zu beschäftigen. Die vier Autoren stellen in ihrem Fachbeitrag "Autonomes Fahren - Nur ein trojanisches Pferd der digitalen Unternehmen?" die Grundprinzipien dar, die Digitals erfolgreich machen.

Auch die Experten der Edag-Marke trive.me versuchen, die aus anderen Branchen bekannten Ideen zu adaptieren. Um etwa die sukzessive Integration von Consumer-Elektronik ins Fahrzeug zu ermöglichen, setzen die Experten auf die strikte Trennung von Hardware und Software. Dafür haben sie den sogenannten "Car Account" entwickelt. Im Fachartikel "Car-IT - Die Revolution in der Softwareentwicklung" in der ATZelektronik 6/2015 beschreiben Heiko Herchet, Torsten Bien und Michael Pollner die technischen Details und die Idee dahinter: "Der Car Account setzt auf diesen Kerngedanken: jedwedes Fahrzeug wird durch Software zum individualisierbaren Funktionsträger - die Hardware ist nur die Plattform des Nutzers und seiner Bedürfnisse. Damit wird ermöglicht, den Software-Funktionsumfang eines Fahrzeugs über einen benutzerspezifischen Account festzulegen." Herchet, Bien und Pollner sind überzeugt: "Die Kundenwünsche nach steigender Individualität, Always-On-Möglichkeit, Personalisierung und spezifischer Benutzerprofile, die im Bereich der mobilen Elektronik verwirklicht werden, sind die zukünftigen Herausforderungen für deutsche OEMs."

Start-ups als Enabler einer digitalen Transformation

Um noch näher an diesen Kundenwünschen zu sein, sind vor allem auch junge Start-ups als neue Kooperationspartner für Automobilindustrie wichtig, die den Transformationsprozess beschleunigen können. Dr. Tom Kirschbaum, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutsche Start-ups, erklärt im Interview mit Andreas Burkert für den Report "Von Start-ups lernen": "Die Start-up-Szene ist dort erfolgreich, wo sie auf ein investitionsfreundliches Klima stößt, wo große Unternehmen mit Start-ups auf Augenhöhe verhandeln und wo der Staat Rahmenbedingungen schafft, um auch neue revolutionäre Ideen zu fördern und nicht zu verhindern." Vor diesem Hintergrund sieht Kirschbaum Deutschland noch nicht als erste Wahl für ein Start-up an.

Inzwischen hat auch der VDA die Bedeutung einer starken Start-up-Szene erkannt und gab Anfang April bekannt, man wolle die Zusammenarbeit mit Start-ups forcieren. "Weil aber die Branche noch viel zu zaghaft agiert, kaufen US-amerikanische Unternehmen derzeit die besten Köpfe vom Markt. Sie locken nicht nur großzügig mit Risikokapital, sondern vor allem mit Freiheiten beim Erfinden. Vielen Entrepreneurs ist dies enorm wichtig", schreibt Andreas Burkert in seinem Report in der ATZ 6/2016." Burkert warnt davor, dass Denkverbote, althergebrachte Prozesse oder ein allgegenwärtiges Controlling so manche Innovation bereits im Ansatz ersticken könnten.

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