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12.01.2015 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Eine Geste genügt

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

5 Min. Lesedauer

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Mit Gesten, Sprache oder Blicken: Wie werden wir in Zukunft Autos bedienen? Was heute schon möglich ist, ließ sich gerade auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas beobachten.

Tablet-Computer und Smartphones haben das Nutzungsverhalten von digitalen Geräten in den vergangenen Jahren stark verändert. Durch schnellere und exakter reagierende Oberflächen haben Touchscreens Eingabegeräte wie Tastatur, Maus oder Touchpad in vielen Bereichen bereits ersetzt. Nutzer wischen intuitiv über Bildschirmoberflächen oder interagieren per Gestensteuerung mit Programmen, die auf den Geräten aktiv sind. Künftig könnten schon kleine Gesten ausreichen, um viele Funktionen des Autos zu steuern.

Dieses geänderte Bedienverhalten haben auch die Automobilhersteller erkannt: Tasten, Hebel und Schalter drohen im Auto zu verschwinden. Eine Kombination aus Touchscreens, Sprach- und Gestensteuerung und Head-up-Displays werden das Cockpit der Zukunft prägen. Wie nah diese Zukunft ist, hat der US-Elektroautohersteller Tesla mit seinem Model S bereits gezeigt: Der hochauflösende 17-Zoll-Touchscreen der Elektro-Limousine dient als Kommandozentrale für die meisten Fahrzeugfunktionen.

Gesten und Co.: Interaktion mit dem vernetzten Fahrzeug

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Auch auf der gerade zu Ende gegangenen Elektronikmesse CES in Las Vegas hat die Autobranche demonstriert, was in puncto Bedienkonzepte alles möglich ist. Zum Beispiel BMW. In einer Forschungsanwendung hat der bayerische Autobauer präsentiert, wie künftig Funktionen zusätzlich zum iDrive-Controller über einen Touchscreen und mit Freiraumgesten gesteuert werden können.

Neben der Eingabe per iDrive oder Touchscreen lassen sich verschiedene Funktionen zusätzlich per Freiraumgesten bedienen. Dazu reicht es, wenn Fahrer oder Beifahrer im Bereich zwischen Gangwahlschalter, Lenkrad und Control Display eine gerichtete Geste ausführen. Ein 3D-Sensor im Dach erkennt dann, ob ein oder zwei Finger ausgestreckt werden oder ob Daumen und Zeigefinger zusammengeführt werden. Ob Tippen, Rotationen des Fingers oder Wischen nach rechts, das System entschlüsselt die Bewegung und setzt die gewünschte Eingabe um. Eine Drehbewegung verändert etwa die Lautstärke des Radios.

Auch Volkswagen hat auf der CES Lösungen für die Gestensteuerung gezeigt. Mit dem Golf R Touch bietet das Wolfsburger Unternehmen eine nahezu schalterlose Bedienung im Fahrzeug. Nahezu alle Bedienelemente sind über Touchscreens und Touchfelder realisiert - ein fast schalterloses Cockpit ist das Ergebnis. Ein Wischen in Richtung Frontscheibe führt zum Beispiel zum Schließen des Schiebedachs.

Ein kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen Fahrzeug, Passagieren und der Außenwelt ist ebenfalls eine zentrale Idee des autonom fahrenden Forschungsfahrzeugs F 015 Luxury in Motion von Mercedes-Benz. Hierzu dienen sechs rundum installierte, in die Armaturentafel sowie die Rück- und Seitenwände integrierte Displays. Die Passagiere können über Gesten, Eye-Tracking oder Berührung der hochauflösenden Bildschirme intuitiv mit dem vernetzten Fahrzeug interagieren.

Gebogenes OLED-Touchdisplay

Auch gebogene Monitore sind in Fahrzeugen denkbar. Das neue Display von Continental, das der Zulieferer auf der CES gezeigt hat, ist gewölbt und soll Fahrzeugherstellern so große Design-Freiheit für die nahtlose Integration des Displays ermöglichen - zum Beispiel in die Mittelkonsole. Mit der Verwendung von spezieller Elektronik und chemisch gehärtetem Glas will Continental sicherstellen, dass das Display die Anforderungen für den Betrieb in Automobilen erfüllt und viele Jahre lang funktioniert.

Bei Ford ging es auf der CES nicht ganz so revolutionär zu, aber zumindest hat der Autobauer die neue dritte Generation des Infotainmentsystems Sync vorgestellt. Das neue System Sync 3 soll besser auf Spracheingaben reagieren und intuitiver zu bedienen sein.

Apropos Sprachsteuerung: Diese soll laut Experten neben der Gestensteuerung eine in Zukunft noch wichtigere Rolle einnehmen. So kommt zum Beispiel im neuen Audi TT erstmals eine natürlich sprachliche Steuerung zum Einsatz, die es ermöglicht, mit einfachen Befehlen - etwa wie "Fahre mich nach Genf" oder "Ich möchte mit XY sprechen" - die Fahrzeugsysteme zu bedienen, ohne die Hände vom Lenkrad nehmen zu müssen.

Interaktive Glasfläche

Künftig wird auch die Cloud die nächste Generation von Spracherkennungs-Systemen möglich machen. Durch nahezu unbegrenzte Prozessorleistung der Cloud sind Algorithmen für die Spracherkennung und Interaktion realisierbar, die in dieser Form an Bord eines Autos nie erzeugt werden könnten, sagt Dr. Wolfgang Epple, Director of Research and Technology bei Jaguar Land Rover. Zudem geht Epple davon aus, dass in den nächsten 25 Jahren zur Interaktion mit dem Fahrzeug viel stärker biometrische Erkennungsverfahren und Systeme zur Blickerfassung genutzt werden.

Wie weit Systeme zur Blickerfassung im Auto bislang gediehen sind, hat zuletzt Land Rover mit der Studie Vision Discovery gezeigt. Mit der Technik "Smart Glass" lassen sich Bilder auf die Autoscheiben projizieren wie bei einem Computerbildschirm. Smart Glass kommt an allen verglasten Stellen des Discovery Vision Concept zum Einsatz. Dahinter steckt das Konzept der erweiterten Realität, der sogenannten Augmented Reality. Der Blick nach draußen wird durch Echtzeit-Informationen ergänzt, die in die Scheiben eingeblendet werden. Smart Glass arbeitet dafür unter anderem mit Eye-Tracking, einem System der Blickerfassung der Passagiere. Im Zusammenspiel mit der Satellitennavigation des Modells erkennt die Steuerung beispielsweise, welches Objekt in der Landschaft einer der Mitfahrer gerade betrachtet. Sofort erhält er dazu die entsprechenden Informationen eingeblendet, wie Navigationshinweise oder touristische Tipps.

Keine Massentechnologie von heute auf morgen

An innovativen Konzepten serienreifen Systemen mangelt es der Branche also nicht. Allerdings ist der Weg zur Weg zur erfolgreichen Massentechnologie noch weit, wie Forscher und Ingenieure von Harman am Beispiel der Gestensteuerung erläutern. Zuverlässige, praxistaugliche Systeme seien technologisch aufwendig und würden allein schon aus Kostengründen nicht von heute auf morgen zur Massenware avancieren. Der Weg führe wie bei vielen Entwicklungen der Automobiltechnik nach und nach vom Premium- in den Volumenmarkt.

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