Skip to main content

25.01.2023 | Automobilelektronik + Software | Interview | Online-Artikel

"Der Bedarf an Softwarekompetenz ist größer denn je"

verfasst von: Christiane Köllner

7 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

In den kommenden Jahren soll der Umfang der Software im Fahrzeug durch neue Funktionen stark anwachsen. Was das softwaredefinierte Fahrzeug für die Automobilindustrie bedeutet, erklärt Elektrobit-CEO Maria Anhalt. 

Springer Professional: Software wird zum integralen Bestandteil der Autos. In den nächsten zehn Jahren soll der Umfang der Software im Fahrzeug durch neue Funktionen um den Faktor zehn anwachsen. Das Beratungsunternehmen Berylls geht davon aus, dass sich der Wert von Fahrzeugsoftware bis 2030 fast verdreifachen könnte. Ist das eine realistische Einschätzung?

Maria Anhalt: Die Einschätzung ist absolut realistisch. Im Bereich Automobilsoftware ist ein enormes Wachstum zu erwarten. Automobilsoftware wird zum grundlegenden Bestandteil des Leistungsversprechens eines Fahrzeugs. Das Beratungsunternehmen Capgemini schätzt das derzeitige weltweite Marktvolumen für Automotive-Software und -Dienstleistungen auf ca. 181 Milliarden US-Dollar und prognostiziert bis 2031 einen Anstieg auf 640 Milliarden.

Wachstumstreiber sind alle modernen Mobilitätsfunktionen. Dazu gehören die Elektrifizierung, ADAS sowie das automatisierte Fahren, ein eindrucksvolles Nutzererlebnis, hochwertiger Komfort und natürlich die Sicherheit. Darüber hinaus sind neue Mobilitätsdienste wie Carsharing softwareabhängig. 

Software und Vernetzung machen das Fahrzeug zu einem aktualisierbaren, sich entwickelnden Produkt. Durch die Entwicklung neuer Apps zur Optimierung des Erlebnisses im Fahrzeug kann es mit der Zeit sogar an Wert gewinnen. 

Empfehlung der Redaktion

01.07.2022 | Entwicklung

Master Controller für das softwaredefinierte Fahrzeug

Mit der Elektrifizierung steigt der Funktionsumfang für die Fahrzeugbewegung stark an. Jede neue Funktion ist gleichbedeutend mit mehr Software. Das spiegelt sich in dem Trend zu einer stärker zentralisierten E/E-Architektur mit weniger und dafür leistungsfähigeren Steuergeräten wider. Vitesco Technologies bereitet in einem Co-Development-Prozess für Hard- und Software die skalierbare Master-Controller-Motion-Plattform für das durch Software definierte Fahrzeug von morgen vor.

Mehrere OEMs wie Mercedes-Benz, VW und BMW bauen ihre Softwarekompetenz stark aus und entwickeln eigene Betriebssysteme. Wie sichert sich ein Unternehmen wie Elektrobit in diesem Kontext noch Spielräume für Geschäftsoptionen? 

Der Bedarf an Softwarekompetenz ist größer denn je. Elektrobit ist hervorragend aufgestellt, um die zentralen Akteure in dem sich wandelnden Markt zu bedienen – unabhängig davon, ob es sich um traditionelle OEMs und Tier-1-Zulieferer, Start-ups oder neue Marktteilnehmer handelt. Wir entwickeln seit über drei Jahrzehnten Automobilsoftware und blicken auf eine langjährige Erfolgsgeschichte mit zahlreichen Innovationen zurück. Mit unserer Kernkompetenz im Bereich Automotive-Software-Lösungen und Dienstleistungen bieten wir unseren Kunden ein Komplettangebot an detailliertem Fachwissen, Produkten und umfangreichen Engineering-Services.

Wir sind stolz darauf, dass die acht der zehn weltweit führenden OEMs zu unseren Kunden zählen und wir gleichzeitig mit Branchennewcomern wie Sony Honda Mobility, Tesla oder Amazon zusammenarbeiten. Wir unterstützen unsere Kunden bei der Entwicklung und Einhaltung branchenweit strengster Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Automobilsoftware, darunter ISO 9001, SPICE, ISO 26262. Wir haben für unsere Produkte und Technologien unzählige Branchenauszeichnungen erhalten und verfügen über 120 Patente. Dass seitens der Kunden auch weiterhin ein Bedarf existiert, zeigt sich auch in unserem weiterhin stetigen Wachstum.

Software-Updates "Over the Air" stellen besondere Anforderungen an die Sicherheitsarchitektur eines Fahrzeugs. Gleichzeitig sind sie unverzichtbar, um ein Fahrzeug über dessen gesamte Lebensdauer aktuell und sicher zu halten sowie vor Cyberangriffen zu schützen. Welche neuen Geschäftschancen ergeben sich für Elektrobit dadurch?

Cybersecurity ist für das vernetzte, softwaredefinierte Fahrzeug von zentraler Bedeutung und ein Schwerpunkt von Elektrobit. Es wird keine zukünftige Mobilität geben, wenn sie nicht sicher und geschützt ist. In dem Maße, wie Fahrzeuge zu vernetzten IoT-Geräten werden, muss die Mobilität den Menschen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln – in Bezug auf Cyberbedrohungen, autonomes Fahren und Sicherheitsassistenten.

Daher bieten wir mit EB zentur eine End-to-End-Security-Lösung für vernetzte Fahrzeuge, die bei der Architektur beginnt, bis in die Cloud reicht und auf drei Säulen basiert: verhindern, verstehen, reagieren. 

Softwareupdates "Over the air" (kurz OTA), also über eine Mobilfunk- oder WLAN-Verbindung, stellen besondere Anforderungen an die Sicherheitsarchitektur innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs dar. Sie sind aber gleichzeitig unabdingbar, um ein Fahrzeug über den Lebenszyklus aktuell, safe und secure zu halten. Im Zusammenspiel mit unserer OTA-Software EB cadian ermöglicht EB zentur Sicherheitsupdates über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs.

Wir gewährleisten die Umsetzung der UNECE-Regelungen des Weltforums für die Harmonisierung von Fahrzeugvorschriften. Dies ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass der Verkehr trotz aller offenen Schnittstellen, die wir derzeit und in Zukunft nutzen, nachhaltig und sicher ist. Elektrobit arbeitet nicht nur im Rahmen seines Portfolios an der Umsetzung dieser Regelungen, sondern nimmt auch an Foren zur Schaffung von Standards teil, die dann in allen Regionen umgesetzt werden können. 

Argus, eine Cybersecurity-Tochtergesellschaft von Elektrobit, ist auf Intrusion Detection spezialisiert. Darüber hinaus agiert Elektrobit als Technologiepartner, um sein Middleware- und Plattform-Portfolio zu stärken, und arbeitet an Präventionslösungen, um die Mobilität sicherer und vorhersehbarer zu machen. 

Inwiefern verändert die software-getriebene Transformation der Automobilindustrie Ihre Partnerschaften und Kundenbeziehungen als Software-Zulieferer?

Es kommt zunehmend zu Partnerschaften mit dem Ziel, Innovationen zu erleichtern und Markteinführungszeiten zu verkürzen. Dabei handelt es sich nicht nur um Partnerschaften mit zwei oder drei Unternehmen, sondern um erhebliche Anstrengungen, die Branche für ein gemeinsames Anliegen zusammenzubringen. Ich finde diese Entwicklung fantastisch. Ein Beispiel hierfür ist SOAFEE: Die Cloud-native Architektur wurde gemeinsam von führenden Hardware- und Softwareunternehmen entwickelt, darunter auch Elektrobit. Die gemeinsame Architektur macht die Entwicklung von Software-defined Vehicles einfacher und kostengünstiger. Dabei bringen wir unser Know-how und unsere Lösungen in die ECU-Entwicklung, das Automotive-Betriebssystem und die funktionale Sicherheit ein. 

Ein weiteres Beispiel: 2022 trat Elektrobit der Software Defined Vehicle Working Group der Eclipse Foundation bei. Die Arbeitsgruppe bringt führende Organisationen aus den Bereichen Automotive, IT, Cloud und Dienstleistung zusammen, um eine Softwareplattform und ein Ökosystem zu entwickeln, das Innovationen für Mobilitätslösungen der nächsten Generation vorantreibt. Außerdem gibt es noch AUTOSAR. Die Entwicklungspartnerschaft stellt seit vielen Jahren einen standardisierten Ansatz für Architekturen bereit; Elektrobit ist von Beginn an bei AUTOSAR aktiv.

Die Beziehung zwischen Anbieter und Kunde verändert sich zu einer eher partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Ein Beispiel ist unsere Arbeit mit Sony Honda Mobility (SHM). Deren Ziel ist es, ein Software-defined Vehicle der neuen Generation von Grund auf zu entwickeln. Zunächst haben wir mit Sony an den Konzeptfahrzeugen Vision-S zusammengearbeitet. Jetzt arbeiten wir gemeinsam mit SHM am Prototypen AFEELA. Auf diese enge Zusammenarbeit sind wir außerordentlich stolz.

Sony hat sich sowohl wegen der langjährigen Erfahrung als auch unserer agilen Entwicklungsprozesse für Elektrobit entschieden. Unsere Software und unsere Prozesse haben erst Sony und jetzt SHM dabei geholfen, die Entwicklung ihres innovativen Cockpitsystems zu beschleunigen. Beim Cockpit des AFEELA steht Software im Mittelpunkt. Dadurch kann Sony seine neuesten Audio- und Kamerasensortechnologien sowie eine unglaubliche Bandbreite an Gaming-, Film- und Musikinhalten integrieren. Die kürzlich bekannt gegebene Partnerschaft von SMH und Epic Games eröffnet eine völlig neue Dimension und ermöglicht einzigartige Nutzererlebnisse.

Der Paradigmenwechsel zum softwaredefinierten Fahrzeug ist mit großen organisatorischen und fachlichen Herausforderungen für die Automobilindustrie verbunden. Das macht auch neue Denkweisen notwendig. Wie gelingt es, das Mindset eines Tech- und Softwareunternehmens zu schaffen?

Elektrobit hat über 35 Jahre Erfahrung in der Branche und ein beispielloses Know-how im Bereich Automobilsoftware. Beim Blick in die Zukunft sehen wir für die Mobilität der Zukunft vielversprechende Chancen, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. 

Seit meinem Eintritt als CEO von Elektrobit 2021 arbeiten mein Führungsteam und ich an der Optimierung unserer Produkte, Dienstleistungen, Engineering-Ressourcen und Prozessabläufe. Dabei setzten wir uns auch intensiv mit den neuen Anforderungen unserer Kunden auseinander und stellten fest: Um Teil der Mobilität der Zukunft zu sein, braucht es wettbewerbsfähige Partnerschaften über Branchen hinweg – von OEMs, Newcomern bis hin zu Technologieunternehmen. Dabei unterstützen wir unsere Kunden bei der Entwicklung ihrer Softwarearchitekturen der nächsten Generation, also ihrer einzigartigen Automotive-Betriebssysteme.

Das vernetzte Auto der Zukunft erfordert eine umfassende Neugestaltung der Software-Hardware-Basis des Fahrzeugs – der E/E-Architektur –, bei der die gesamte Fahrzeugfunktionalität von leistungsstarken ECUs gesteuert wird. Dazu entwickelt jeder Automobilhersteller eine üblicherweise als Automotive-Betriebssystem bezeichnete Standard-Softwareplattform für seine Software-defined Vehicles. Diese Plattform wird durch Systeme ermöglicht, die auf neuen E/E-Architekturen mit äußerst leistungsfähigen Rechnern aufbauen. 

Hier liegt der Schwerpunkt von Elektrobit: Automobilhersteller in die Lage zu versetzen, ihr spezifisches Automotive-Betriebssystem zu realisieren. Unsere jahrzehntelange Erfahrung und wiederverwendbare Softwarekomponenten können Fahrzeughersteller bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen. Wir arbeiten unter anderem mit Automobilherstellern, Tier-1-Zulieferern und Chipherstellern zusammen. Ziel ist es, viele der Software-Bausteine bereitzustellen, die diese Architekturen – die Automotive-Betriebssysteme – zum Leben erwecken.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

    Premium Partner