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13.03.2018 | Automobilproduktion | Interview | Online-Artikel

"US-Strafzölle dürften insbesondere Audi und Porsche treffen"

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA geht weiter: US-Präsident Donald Trump droht der EU nun auch mit Importzöllen auf Autos. Im Interview erklärt der Zoll- und Außenwirtschaftsexperte Ewald Plum, was das für die Autobranche bedeutet.

Springer Professional: Die USA führen 25 Prozent Importzoll auf weltweit alle Stahlimporte, zehn Prozent auf alle Aluminiumimporte ein. US-Präsident Donald Trump hat entsprechende Proklamationen unterzeichnet. Bisher sollen nur Mexiko und Kanada vorläufig von den Zöllen ausgenommen bleiben. Welchen Plan verfolgt der US-Präsident Ihrer Meinung nach mit dieser Entscheidung?

Ewald Plum: Der US-Präsident will damit die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie vor Billigimporten schützen. Insbesondere sind dem US-Präsidenten Stahl und Aluminiumprodukte, deren Exporte staatlich subventioniert werden, ein Dorn im Auge.

Die Verhängung von Zusatzzöllen ist ein wichtiger Teil von Trumps "America First"-Strategie. Nach Auffassung des US-Präsidenten seien die USA in diesem Bereich extrem unfair behandelt und aus anderen Ländern mit massivem Preis-Dumping unter Druck gesetzt worden. Diese unfaire Behandlung soll jetzt durch die Einführung der Zusatzzölle bestraft werden. Er verspricht sich hiervon einen höheren Marktanteil und eine höhere Gewinnmarge der US-Unternehmen, die dann mittelfristig zur Schaffung von neuen Jobs führen werden. 

Allerdings ist die wirtschaftliche Lage der US-Unternehmen nicht der einzige Beweggrund für die nun angekündigten Zölle. Der US-Präsident sieht durch die Stahl- und Aluminiumimporte die nationale Sicherheit bedroht, da die USA im Ernstfall kriegswichtiges Gerät wie U-Boote, Schiffe oder auch Flugzeuge nicht mehr ohne Hilfe aus dem Ausland herstellen können. 

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Handelspolitik

Die Außenhandelspolitik der USA lässt sich in vier Dimensionen analysieren: a) der innenpolitisch-institutionellen Dimension, d. h. dem für die Handelspolitik einschlägigen Entscheidungssystem; b) der Dimension Marktöffnung/Marktabschottung, d. h.

Wie sehen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA derzeit aus?

Ausgehend von den Wirtschaftsdaten aus 2017 ist der Warenhandel zwischen den USA und der EU gegenüber den Vorjahren weiter gestiegen. So exportierte die EU 2017 durchschnittlich monatlich Waren im Wert von 32 Milliarden Euro. Die Importe aus den USA in die EU lagen wesentlich niedriger. Es dürfte sich ein durchschnittlicher monatlicher Handelsbilanzüberschuss zwischen circa 12 und 18 Milliarden Euro ergeben haben.

Nach Angaben der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) entfiel rund die Hälfte des weltweiten Warenexports auf die Europäische Union, China sowie die USA. Ohne den Handel innerhalb der EU ging 2015 mehr als ein Fünftel des Exports der EU in die USA (20,8 Prozent), nach Kanada hat die EU mit 18,2 Prozent den zweitgrößten Anteil am Warenexport der USA. Aufgrund der Zahlen kann man erkennen, dass sich die Handelsbeziehungen bis 2017 sehr gut weiterentwickelt haben.

Neben den reinen Zahlen des Warenverkehrs sind für die Beurteilung der Handelsbeziehungen aber auch die politischen Beziehungen heranzuziehen. Hier ist mit Amtsantritt des US-Präsidenten erst eine leichte Irritation, Vorsicht und nunmehr klar eine radikale Verschlechterung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU zu konstituieren.

Welche Gegenmaßnahmen könnte die EU einleiten?

Die Gegenmaßnahmen wurden EU-seitig bereits in den Raum gestellt. Insbesondere sollen gezielte Gegenzölle bei der Einfuhr in die EU auf Produktebene für bestimmte US-Industrien eingeführt werden (Whiskey, Textilien, Motorräder, landwirtschaftliche Produkte etc.)

Nach WTO-Recht ist die Verhängung von US-Strafzöllen rechtswidrig und dürfte zu einer Klage seitens der von den US-Strafzöllen betroffenen WTO-Mitgliedsstaaten gegen die USA auf WTO-Ebene führen. Dieses Verfahren kann sich jedoch bis zu zwei Jahre hinziehen.

Die von der EU beabsichtigten Gegenmaßnahmen sollen WTO-konform ausgestaltet sein. Das heißt, die EU-Gegenzölle dürfen nicht die Höhe der US-Strafzölle gegenüber der EU überschreiten.
Hier besteht seitens der EU ein Spielraum von einer spürbaren Erhebung von Gegenzöllen bis zur vollen Ausschöpfung in Höhe der US-Strafzölle.

Donald Trump hat der EU zusätzlich mit Zoll auf Autos gedroht. Welche Konsequenzen hätte dies für die Automobilbranche?

Die Verhängung von US-Strafzöllen auf die Einfuhr von Fahrzeugen dürfte insbesondere die Automobilunternehmen treffen, die über keine eigenen Produktionswerke in den USA oder Mexiko verfügen. Dies wären in erster Linie Audi und Porsche. Auf BMW, Daimler und die VW-Kernmarke dürften die Auswirkungen nicht so gravierend sein.

Welche Möglichkeiten hätten die Automobilhersteller, um auf den Import-Zoll zu reagieren?

Für die Automobilhersteller, die bereits über Produktionsstandorte in den USA oder Mexiko verfügen, wäre es eine Reaktionsmöglichkeit, die Kapazitäten dort zu erhöhen beziehungsweise bestimmte Importmodelle dort produzieren zu lassen. Aber die Umstellung auf neue Modelle dürfte nicht so einfach realisierbar sein. Umrüstungen, gegebenenfalls Neubau von Produktionshallen, Beschaffung von Maschinen etc. sind kurzfristig nicht ohne weiteres durchführbar und setzen ebenfalls die Bereitstellung von erheblichen Investitionssummen voraus.

Für Automobilbauer, die über keine Produktionsstandorte vor Ort verfügen, besteht kurzfristig diese Möglichkeit nicht. Mittelfristig wäre über eine Vor-Ort-Produktion auf Entscheidungsebene nachzudenken.

Sollten die USA tatsächlich Zusatzzölle auf Importautos aus der EU einführen, so ist davon auszugehen, dass die Automobilhersteller diese Kosten tragen werden und, wenn überhaupt, die Mehrbelastung nur moderat an die US-Endkunden weitergeben werden. Dies hätte natürlich entsprechende Auswirkungen auf die Gewinnmarge beziehungsweise auf die Bilanzen der Hersteller und somit auch auf die Aktionäre und Mitarbeiter.

Es bleibt zu hoffen, dass ein Handelskrieg noch abgewendet werden kann und die internationalen Institutionen wie die Welthandelsorganisation dem Verhalten der USA Einhalt gebieten.

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