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11.02.2025 | Automobilwirtschaft | Gastbeitrag | Online-Artikel

US-China-Entkopplung und die deutsche Autoindustrie

verfasst von: Daniel Wuhrmann

4 Min. Lesedauer

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Eine neue US-Regelung führt zu einem Quasi-Verbot für Einfuhr und Verkauf von Fahrzeugen mit chinesischen oder russischen Komponenten. Was das auch für die deutsche Autoindustrie bedeutet, ordnet Daniel Wuhrman von reuschlaw ein. 

Noch wenige Tage vor dem Amtsantritt Donald Trumps hat das US-Handelsministerium rechtlich verbindliche Maßnahmen eingeleitet, die Fahrzeugen und Fahrzeugteilen den Zugang zum US-Markt ab dem Modelljahr 2027 für Software und dem Modelljahr 2030 für Hardware untersagen. Diese kommen dann zum Tragen, wenn die Fahrzeuge und Fahrzeugteile in die Bereiche Fahrzeugkommunikation oder automatisierte Fahrfunktionen fallen und einen ausreichenden Bezug zu China oder Russland haben.

Was sich im ersten Augenblick eher unauffällig liest, birgt enorme Sprengkraft, auch und insbesondere für deutsche Unternehmen. Selbst wenn Russland kaum mehr eine Rolle spielt: Durch die komplexen Verbindungen zu China wird diese neue US-Regelung auch deutsche Automotive-Produkte – und zwar Fahrzeuge als auch deren Bauteile – betreffen. 

Hintergrund und Ziele der neuen Regulierung 

Das "Bureau of Industry and Security" (BIS), eine Unterbehörde des US-Handelsministeriums hat – unter maßgeblicher Beteiligung des "Office on Information and Communications Technology and Services" (OICTS) – ein Regelwerk entwickelt und am 16. Januar 2025 im "Federal Register", dem offiziellen Amtsblatt der US-Regierung, veröffentlicht.  

Hintergrund der neuen Regulierung ist die Umsetzung des amerikanischen "Information and Communications Technology and Services Program" (ICTS), das auf mehreren präsidialen Anweisungen, sogenannten "Executive Orders", der Biden-Administration beruht. Diese Executive Orders haben zum Ziel, Strukturen zu schaffen, die die US-Infrastruktur in kritischen Bereichen vor ungewollten Ein- und Angriffen etwaiger Gegner schützen. Dies ist ein gezielter Ansatz, um sicherzustellen, dass Technologien aus chinesischer und russischer Produktion von amerikanischen Straßen ferngehalten werden. Zudem sollen die US-Lieferketten für vernetzte Fahrzeuge geschützt werden.

Welche Produkte werden betroffen sein?

Die US-Administration beschränkt sich mit dieser Maßnahme auf kritische Technologien aus den Bereichen Kommunikation, Netzwerktechnik, Daten und autonome Fahrfunktionen im automobilen Kontext. Konkret geht es um die Einfuhr von Vehicle Connectivity System Hardware (VCS) und von Fahrzeugen, die solche Hardware enthalten, sowie um die Einfuhr und den Verkauf von vernetzten Fahrzeugen, die von den Regelungen abgedeckte VCS- und/oder Automated Driving Systems (ADS)-Software enthalten. De facto ist also nahezu jede Hard- und Software im Bereich der vernetzen Kommunikation und der autonomen Fahrfunktionen betroffen, sofern sie mit China oder Russland in relevanter Weise verbunden sind. Das Brisante: Dies trifft auch auf Produkte und Komponenten zu, die europäische Unternehmen in China oder mit chinesischen Partnern herstellen oder entwickeln.

Zielgruppe der neuen Regelungen

Mit "Personen, die im Eigentum, unter der Kontrolle oder der Gerichtsbarkeit oder Weisung eines ausländischen Gegners stehen" ist die Definition der Personen und Einrichtungen, die die neuen Beschränkungen auslösen können, sehr weit gefasst. Gleiches gilt für alle anderen Formulierungen, die das avisierte Verbot auslösen sollen. De facto würde dies dazu führen, dass zukünftig nahezu alle chinesischen und russischen Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Software in den relevanten Bereichen vom US-Markt ferngehalten werden. Man darf insoweit gespannt sein, welche Auswirkungen das auf (Minderheits-)Beteiligungen von Investoren aus China und Russland hat oder auf Unternehmen aus diesen Ländern, an denen deutsche Unternehmen Anteile halten und die Produkte entwickeln oder herstellen.

Wann treten die Regelungen in Kraft?

Der De-facto-Einfuhrstopp von Software chinesischer und russischer Herkunft soll vom Modelljahr 2027 an in Kraft treten. Bei Hardware soll der Einfuhrstopp ab dem Modelljahr 2030 gelten.

Ausblick

Es ist noch nicht klar, wie die neue US-Administration diese Einfuhrrestriktionen unter dem Präsidenten Donald Trump umsetzen wird. Stand jetzt wurde das Inkrafttreten der Regelung um kurze Zeit verschoben, aber eben nicht aufgehoben.

Angesichts der bisherigen Entwicklungen ist zu erwarten, dass Trump hart agieren und nur dann weichen wird, wenn er ausreichende Zugeständnisse erhält. Dies scheint wesentlich wahrscheinlicher als eine Reaktion auf etwaige Vorstöße über die Welthandelsorganisation, der die Amerikaner schon während Trumps erster Präsidentschaft die notwendige Kompetenz de facto abgesprochen haben. Es ist daher damit zu rechnen, dass derartige Bemühungen nicht weiter beachtet werden.

Wie können sich betroffene Unternehmen vorbereiten?

Auch nicht-amerikanische Unternehmen sollten sich umgehend zu diesem Thema informieren und die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten. Bleibt es bei den Regelungen, müssen betroffene Marktteilnehmer im nächsten Schritt Risikobewertungen vornehmen, um hieraus individuelle Maßnahmen abzuleiten. Man darf zudem erwarten, dass die OEM zeitnah erste Schritte vollziehen und Fragenkataloge versenden werden. Hier unvorbereitet zu sein oder diese nicht wahrheitsgemäß zu beantworten, kann für Unternehmen massive Probleme nach sich ziehen.

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