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22.02.2024 | Automobilwirtschaft | Im Fokus | Online-Artikel

Bewährt sich die Luxus-Strategie von Mercedes-Benz?

verfasst von: Christiane Köllner, dpa

6 Min. Lesedauer

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Mercedes-Benz hat seine Zahlen für 2023 vorgelegt. Es war ein durchwachsendes Jahr für den Autobauer. Steht damit auch die Luxus-Strategie der Stuttgarter auf dem Prüfstand? 

Das Jahr 2023 war für Mercedes-Benz eher mau. Ein Absatzrückgang im vierten Quartal 2023 hatte den Stuttgartern die Jahresbilanz vermiest. Probleme bereitet bei Mercedes auch das für alle OEM derzeit so relevante China-Geschäft. Hier blieb Mercedes-Benz mit 166.700 verkauften Einheiten im vierten Quartal 2023 um 8 % unter dem Vorjahreswert. Das ist insbesondere für die Luxus-Strategie von Mercedes-Chef Ola Källenius bedeutsam. Schien dieser Kurs zuletzt aufzugehen, werden langsam Risse in der Luxus-Strategie deutlich. Laut Medienberichten wird die Kritik an der Ausrichtung auch innerhalb des Konzerns lauter. Auf Widerstand stößt die Luxus-Strategie auch in der Händlerschaft.

Im Mai 2022 hatte Källenius den neuen Luxus-Kurs ausgerufen: Anstatt auf volumenstarke Fahrzeuge zu setzen, die eher margenschwach sind, wolle man sich stattdessen auf hochpreisige Autos konzentrieren. Konkret bedeutet die neue Luxus-Strategie, dass sich Mercedes-Benz künftig auf drei Produktkategorien konzentrieren wird: Top-End Luxury, Core Luxury und Entry Luxury. In die beiden oberen Segmente, so hieß es 2022, sollen künftig mehr als 75 % der Investitionen für die Fahrzeugentwicklung fließen. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research in Duisburg, wies bereits damals auf die riskante Mercedes-Benz-Strategie im Artikel Automobile: Riskante Luxusstrategie? aus dem Wirtschaftsdienst 7-2022 hin.

Mercedes-Benz im härteren Umfeld

Jetzt macht sich allmählich beim Premiumanbieter mit dem besonderem Fokus auf Luxuskarossen die schlechte wirtschaftliche Lage bemerkbar. Der Autobauer hat jetzt seine Zahlen für 2023 und den Ausblick auf das neue Jahr vorgelegt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Im Gesamtjahr blieb der Absatz von Pkw mit 2,04 Millionen Pkw auf dem Niveau des Vorjahres, weil das absatzstarke Kernsegment der mittelteuren Autos ("Core") zurückging. Der Verkauf von sogenannten "Top-End"-Modellen stagnierte, während es in den Einsteigerklassen mehr Absatz gab. Bei den Lieferwagen hingegen konnte Mercedes ein Plus von 8 % auf 447.800 Fahrzeuge einfahren.

Aussagen zur Auftragslage für Verbrenner und Elektroautos dürften Anlegern einen Einblick in das weitere Abschneiden geben. Für die derzeit wegen vielerorts auslaufender staatlicher Förderung problematische Lage beim Hochlauf von Elektroautos fand Källenius zuletzt schon eher verhaltene Worte. Zwar konnte Mercedes seine Verkäufe von Elektrofahrzeugen im Jahr 2023 steigern. "Aber fast zwei Drittel der Neuzulassungen an batterieelektrischen Fahrzeugen bei Mercedes in Deutschland waren A-, B-und C-Klasse Fahrzeuge. Das obere Ende beim Mercedes-Elektroauto tut sich noch schwer. Das dürfte auch ein Grund für die Rückgänge in China sein", sagt Ferdinand Dudenhöffer in einem Interview mit der "Wirtschaftswoche".

Mit Blick auf die Wachstumserwartungen für Elektroautos hat der Konzern nun auch seinen strategischen Ausblick neu gefasst: So sollen elektrifizierte Autos in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts einen Anteil von bis zur Hälfte des Gesamtabsatzes erreichen. Bisher hatte Mercedes deutlich offensiver formuliert, bis 2030 für 100 % Elektroautoanteil bereit sein zu wollen, wo immer die Nachfrage das hergebe. Mercedes bleibe aber bei den geplanten Investments in die E-Antriebe, stellte Finanzchef Wilhelm klar.

Verkaufspreise nicht beliebig steigerbar

Die Verkaufspreise für Autos insgesamt lassen sich im zunehmenden Wettbewerb nicht beliebig in die Höhe schrauben, während an vielen Stellen die Kosten weiter steigen. Die massiv gestiegenen Zinsen machen sich nicht nur im so wichtigen Firmenkundengeschäft bemerkbar, sondern auch beim privaten Autokäufer. Zuletzt hatte das Unternehmen zudem Probleme, ausreichend 48-Volt-Batterien für den Einbau in Autos zu bekommen, was den Verkauf wichtiger Modelle bremste.

Dieses Jahr will Mercedes mehr Geld in Sachinvestitionen für die neue MMA-Plattform stecken. Das ist die Elektroauto-Architektur für Kompakt- und Mittelklasseautos, auf der allerdings auch noch Verbrenner gebaut werden können. Weil der Konzern zudem die Produktplanung für die mittelgroßen und großen Elektroautos auf der Plattform MB.EA vorzieht, wird es nun 2025 noch nichts mit dem mittelfristigen Ziel, die Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Sachanlagen gegenüber 2019 um ein Fünftel zu senken. Das dürfte jetzt erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts gelingen, hieß es von Mercedes.

Den strategischen Fokus legt Chef Källenius weiter auf teure und damit hochmargige Luxusautos, die Kompaktklasse wird ausgedünnt. Bisher setzte Mercedes darauf, dass sich die vermögenden Kunden nicht so sehr durch den Wirtschaftsabschwung vom Autokauf abhalten lassen würden. Ob und wie lange das den Gesamtkonzern auf seinem Kurs mit vergleichsweise hohen Margen halten kann, dürfte daher für Anleger besonders interessant sein. Ihr Blick dürfte sich zur Zahlenvorlage insbesondere darauf richten, was sich Finanzchef Harald Wilhelm für das neue Jahr bei den Margen ausrechnet.

Wegen Inflation und Lieferketten weniger Gewinn

Mercedes-Benz hat im vergangenen Jahr gestiegene Kosten infolge von Inflation und Lieferkettenstörungen zu spüren bekommen. Das Dax-Unternehmen machte zwar mit 153,2 Milliarden Euro gut 2 % mehr Umsatz, wie die Stuttgarter mitteilten. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern fiel hingegen um gut 3 % auf 20 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis gab um knapp 2 % auf 14,5 Milliarden Euro nach. Die Aktionäre sollen dennoch eine um zehn Cent auf 5,30 Euro erhöhte Dividende je Aktie erhalten. Mercedes hat zudem einen Aktienrückkauf im Volumen von drei Milliarden Euro angekündigt.

Die guten Geschäfte bei den Lieferwagen konnten die Einbußen in der Pkw-Sparte im vergangenen Jahr nicht wettmachen. Dort erzielte Mercedes zwar im Schnitt 2 % höhere Verkaufspreise von 74.200 Euro je Auto und musste weniger für Rohstoffe hinblättern. Inflation und höhere Kosten in der Lieferkette fraßen das aber mehr als auf. Der Absatz blieb wie bereits bekannt stabil bei 2,04 Millionen Pkw. Bei den Vans hatte Mercedes die Verkäufe spürbar steigern und auch deutlich profitabler arbeiten können.

Weniger profitabler Lauf im neuen Jahr

Wegen Belastungen in der Lieferkette und höheren Investitionen im neuen Jahr geht Mercedes-Benz von weniger Umsatzrendite aus. In der wichtigsten Sparte mit dem Pkw-Bau rechnet Källenius mit einer um Sondereffekte bereinigten Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern von 10 bis 12 % vom Umsatz, wie der Dax-Konzern mitteilte. Die Stuttgarter hatten im vergangenen Jahr 12,6 % operative Marge erzielt – das waren bereits zwei Prozentpunkte weniger als 2022. Analysten haben derzeit eine Marge von rund 11,1 % für 2024 auf dem Zettel, einige hatten aber auch erwartet, dass sich Mercedes eine Prognose zwischen 11 und 13 % vornimmt. Mercedes erwartet einen Pkw-Absatz auf Vorjahresniveau.

Auch in der zuletzt sehr erfolgreichen Lieferwagensparte rechnet Mercedes mit weniger Profitabilität. Hier soll die operative Marge zwischen 12 und 14 % landen nach 15,1 % im sehr starken Vorjahr. Insgesamt geht Mercedes davon aus, dass sich der Umsatz im Konzern auf Vorjahresniveau bewegen wird, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern aber leicht sinkt.

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