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11.12.2024 | Automobilwirtschaft | Im Fokus | Online-Artikel

Transformation lässt Auto-Jobs wegbrechen

verfasst von: Christiane Köllner, dpa

4 Min. Lesedauer

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Über hunderttausend Jobs könnten einer Studie zufolge in der Autobranche in absehbarer Zeit wegfallen. Hauptgrund ist der Wandel zur Elektromobilität. Doch die Prognose weist Unsicherheiten auf. 

Neue Marktverhältnisse, Transformation zur Elektromobilität, Digitalisierung und wirtschaftspolitische Unsicherheiten: Diese Entwicklungen haben deutliche Folgen für den Industriestandort Deutschland und die Beschäftigten in der Automobilindustrie, wie die Studie "Beschäftigungsperspektiven in der Automobilindustrie" des Forschungsinstituts Prognos im Auftrag  des Verbands der Automobilindustrie (VDA) ermittelt hat. Dazu wurde die Entwicklung von 700 Berufen in der Automobilindustrie ausgewertet.

Demnach werde der Wandel hin zur Elektromobilität zu Beschäftigungsverlusten führen. Setze sich der zwischen den Jahren 2019 und 2023 eingesetzte Trend fort, so läge die Beschäftigung in der Automobilindustrie in Deutschland im Jahr 2035 um 186.000 Personen niedriger als im Jahr 2019, in dem nur wenige rein batterieelektrische Fahrzeuge gefertigt wurden. Hauptursache seien hier Transformationseffekte durch die Umstellung auf alternative Antriebe. 46.000 Arbeitsplätze – also etwa ein Viertel davon – seien in den Jahren 2019 bis 2023 bereits weggefallen, rund 140.000 weitere sollen voraussichtlich bis zum Jahr 2035 entfallen.

Zuwächse bei den IT-Berufen

Hintergrund sei laut Studie, dass durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs für die Herstellung von Fahrzeugen eine insgesamt niedrigere Beschäftigung benötigt werde als in der Vergangenheit. Zudem komme es zu deutlichen Verschiebungen innerhalb der Beschäftigung. Überproportionale Jobverluste hätte es bei den bisherigen Top-Jobs der Branche gegeben: Von den 10 größten Berufsgruppen in der Automobilindustrie zählten 7 zu denen mit den größten Jobverlusten seit 2019. Besonders Berufe in Maschinenbau- und Betriebstechnik sowie in der Metallbearbeitung, die zum ganz überwiegenden Teil in der Zuliefererindustrie angesiedelt seien, hätten an Relevanz verloren.

Zuwächse habe es dagegen bei Berufen in der Kraftfahrzeugtechnik gegeben, die vor allem bei den Herstellern angesiedelt seien, zudem bei Berufen in der technischen Forschung und Entwicklung sowie in der Informatik, der Elektrotechnik und der Softwareentwicklung. So sei zum Beispiel die Beschäftigung in IT-Berufen in der Automobilindustrie seit 2019 um etwa ein Viertel gestiegen und seit 2013 sogar um 85 %.

Tatsächliches Ausmaß unklar

Die Studie macht damit deutlich, dass in der Branche große Anpassungen innerhalb der Belegschaften stattfinden: Die Schwerpunkte verschieben sich. Dem Rückgang der Beschäftigung seit 2019 von 75.000 Beschäftigten stehe ein Zuwachs von 29.000 in anderen Bereichen gegenüber. Gleichwohl gelte, dass der Saldo der Beschäftigung negativ sei und sich wohl weiter negativ entwickeln werde.

Mit Blick auf das tatsächliche Ausmaß bestehe der Studie zufolge allerdings hohe Unsicherheit, denn zum einen könne der in einigen Bereichen bestehende oder sich bereits abzeichnende Fachkräftemangel das Wachstum von in Zukunft relevanter werdenden Bereichen dämpfen, zum anderen könnten die politischen Rahmenbedingungen den Trend gleichsam verstärken wie dämpfen.

Autobranche sucht weiter Fachkräfte

In puncto Fachkräfte scheinen die Aussichten weniger rosig zu sein. Wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Studie ermittelt hat, seien in der deutschen Autobranche im Schnitt zwischen Juli 2023 und Juni 2024 rund 10.300 Stellen unbesetzt geblieben. Vor allem hoch qualifizierte Experten würden weiter gesucht.

"In der Automobilindustrie bleiben trotz wirtschaftlich unruhiger Zeiten Stellen unbesetzt", sagte Studienautor Jurek Tiedemann. Denn der Bedarf an Fachkräften sei wegen des Mobilitätswandels und neuer Techniken nach wie vor hoch. "Die Branche braucht dringend qualifiziertes Personal für die digitale und ökologische Transformation." Das gelte auch in wirtschaftlich unruhigen Zeiten wie jetzt.

Betriebswirte, Informatiker und Ingenieure gefragt

Gegenüber dem Vorjahre habe sich Fachkräftelücke in der Branche zwar spürbar verkleinert und sei um fast ein Drittel geschrumpft, so die IW-Forscher. Bei Facharbeitern mit abgeschlossener Berufsausbildung sei die Zahl der unbesetzten Stellen aber sogar um 7 % auf gut 3.400 gestiegen. Bei Experten mit Hochschul-Diplom oder Master-Abschluss sei die Zahl dagegen um 43 % geschrumpft, liege mit mehr als 6.300 unbesetzten Stellen aber weiter auf hohem Niveau. Gefragt seien vor allem Betriebswirte, Informatiker und Ingenieure. Zusätzlichen fehlten mehr als 500 Spezialisten wie Meister oder Fachwirte.

Die rückläufige Autoproduktion habe bisher kaum Auswirkungen auf die Beschäftigung, so die IW-Forscher. Obwohl 2023 in Deutschland fast 27 % weniger Autos gebaut wurden als 2014, sei die Mitarbeiterzahl der Branche weitgehend stabil geblieben. Sie lag 2023 mit 767.000 sogar 7 % höher als 2014. Seit dem Höchststand 2019 habe es hier nur einen minimalen Rückgang gegeben.

Jedoch hatte Volkswagen jüngst erklärt, wegen der schwachen Auslastung und hoher Kosten betriebsbedingte Kündigungen und sogar Werksschließungen nicht länger auszuschließen. Der Betriebsrat sprach von zehntausenden Jobs, die bei der Kernmarke VW mit ihren bisher rund 120.000 Mitarbeitern bedroht sind. Auch mehrere Zulieferer wie Continental und ZF haben angekündigt, Stellen abzubauen.

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