Um den Boom des Internethandels im Endkundenbereich (B2C) wissen Händler. Trotzdem bleiben sie analogen Denkmustern verhaftet, wenn es um die Verkaufsbeziehungen zwischen Unternehmen (B2B) geht. Da sich das private Einkaufsverhalten jedoch unweigerlich auch auf das berufliche überträgt, wächst der E-Commerce im B2B-Zweig gleichermaßen. Und das ausgesprochen lukrativ: Im Vergleich zu den eher kleinen Summen, die Konsumenten generieren, winken hier besonders große Umsätze.
Mittlerweile greifen mehr als die Hälfte der Einkäufer (53 Prozent) auf Online-Shops zurück. Mit 59 Prozent ist der Direktkontakt damit nur noch um wenige Prozentpunkte beliebter. Messen stellen für etwas mehr als ein Drittel der Einkäufer nach wie vor eine wichtige Anlaufstelle dar, Branchenverzeichnisse immerhin noch für mehr als jeden Vierten. Neben klassischem E-Commerce sind auch Online-Marktplätze stark im Kommen. Rund 46 Prozent der Befragten zieht es auf die Verkaufsplattformen, so die Studienergebnisse des B2B-Marktplatzes "Wer liefert was".
Schnelle Informationen
Bislang wickelt zwar lediglich ein Drittel der Geschäftskunden Bestellungen über die Online-Marktplätze ab. Zu Recherchezwecken hat sich der Kanal jedoch bereits etabliert. So nutzen viele das digitale Sammelbecken, um bestimmte Produkte (67 Prozent) oder neue Lieferanten (48 Prozent) zu finden. Online gelingt das nach Angaben von 36 Prozent der B2B-Einkäufer weitaus schneller. Fast jeder Fünfte klickt außerdem auf Marktplätze, um die Preise verschiedener Anbieter zu vergleichen.
Dass die Bündelung von Angeboten unterschiedlichster Händler boomt, bestätigt auch Springer-Autor Gerrit Heinemann im Buchkapitel "Online-Handel der Zukunft": "Marktplätze und Portale gelten als 'Gewinner des Online-Handels' und decken in Deutschland bereits rund ein Drittel des Online-Marktes ab, in Teilsegmenten sogar bis zu 50 Prozent des Gesamtmarktes" (Seite 25). Zahlreiche B2B-Unternehmen haben das Potenzial der Marktplätze erkannt und diese als zusätzlichen Absatzkanal für sich entdeckt.
Online-Auskunft enttäuscht
Der Erfolg der Plattformen deckt jedoch auch eine Schwachstelle der Unternehmen auf. Denn häufig starten Geschäftskunden ihren Einkauf über die Google-Suche und gelangen erst über Umwege auf die digitalen Marktplätze. Dort finden sie die detaillierten Informationen, die sie zuvor auf der unternehmenseigenen Webseite vergebens gesucht haben. Anstatt Angebote, Preise und andere Servicequalitäten klar zu kommunizieren, verwenden etliche B2B-Unternehmen ihren Internetauftritt lediglich dazu, um Imagepflege zu betreiben.
Das eigentliche Geschäft kommt dabei nicht selten zu kurz, ebenso wie die Bereitstellung von unkomplizierten Kontaktmöglichkeiten. "Die Notwendigkeit, Angebote und Kundeninteraktionen einfach zu gestalten, tritt deutlich hervor", schreibt ein Springer-Autorenteam im Buchkapitel "Digitalisierung und Automation des B2B-Vertriebs" mit Blick auf die digitalen Umwälzungen im B2B-Bereich (Seite 310). Formulare oder Nachrichtenfelder, die nur wenige Angaben einfordern, ermuntern Geschäftskunden, in den Dialog mit dem Vertriebsteam zu treten. Nicht immer lassen sich Online-Kaufabschlüsse über den Shop erzielen, sondern auch in zweiter Instanz über die Anschlusskommunikation.