Covid-19 hat die Kommunikation im Business-to-Business-Segment nachhaltig verändert und vor allem digitalen Kanälen großen Zulauf beschert. Gleichzeitig bleiben wohl auch bestimmte klassische Medien relevant, so das Ergebnis einer aktuellen B2B-Studie.
Auch in der Pandemie spielen Events zur Informationsbeschaffung eine zentrale Rolle für Entscheider aus dem Geschäftskundenbereich. Wie eine Studie der Initiative B2B Media Alliance ermittelt hat, zählen vor allem virtuelle Veranstaltungen zu den großen Gewinnern in der Corona-Krise. Das hat einen Shift in der Marketing-Budgetplanung bewirkt. Insgesamt konnten digitale Events ihre Relevanz seit März 2020 um 34 Prozent steigern. Als absolutes Spitzenreiterformat auf dem Gebiet haben sich Webinare herausgestellt, die sich durch ihren interaktiven Charakter auszeichnen.
Außerdem beliebt sind virtuelle Messen, mit denen ursprünglich physisch geplante Veranstaltungen in den digitalen Raum verlagert wurden. Internetauftritte von Fachmedien und branchenspezifische Fachportale stehen bei informationssuchenden Business-Kunden ebenfalls höher denn je im Kurs. Gleiches gilt für digitale Paid-Media-Maßnahmen zwecks Leadgenerierung und Branding. Als wichtigste Werbekanäle gelten den Befragten zufolge Soziale Netzwerke und Online-Fachmedien. Digitale Informationsquellen gewinnen für B2B-Einkäufer in jeder Job-Position an Bedeutung, wie die nachfolgende Studiengrafik zeigt.
B2B-Entscheider sind digital versiert
Die Erkenntnis, dass digitale Kommunikationskanäle auch im Business-to-Business boomen, überrascht wenig, schließlich haben die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen vor kaum einer Branche haltgemacht. Doch die Corona-Krise hat den digitalen Wandel lediglich in den Blickpunkt gerückt und beschleunigt. Denn grundsätzlich zeichnet sich die Entwicklung hin zu digitalen Kommunikationsformen im B2B-Bereich bereits seit dem Aufkommen des Internets vor 20 Jahren ab, wie Axel Steuernagel, Springer-Autor des Buchs "Digitale Transformation des Marketings und Vertriebs in B2B-Unternehmen", betont.
Demnach wird seither nicht nur der Privatkonsument, sondern auch der Geschäftskunde immer digitalaffiner. Das hat eine proaktive Einstellung zum Einkauf hervorgebracht: B2B-Kunden werden also selbstständiger in ihrer Recherche und Produktabwägung, was den direkten Kontakt zu Vertriebsmitarbeitern stellenweise überflüssig mache, so Steuernagel. Das gilt insbesondere für den Wiederkauf von Produkten. Die Bandbreite der Kontaktmöglichkeiten sollte dabei aber nicht verloren gehen: Vielmehr sei ein Omnichannel-Ansatz gefragt.
Digitaler Wandel im Kundenkontakt
Doch welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus konkret für die Marketing- und Vertriebsorganisationen von B2B-Unternehmen? Steuernagel fasst auf Seite drei des Buchkapitels "Strategische Fragen für B2B-Führungskräfte in einer digitalen Welt" fünf wesentliche Punkte zusammen:
- Die Bedeutung von digitalem Inbound Marketing nimmt zu. Darunter sind digitale Marketingaktivitäten zu verstehen, die darauf abzielen, dass der potenzielle Kunde von sich aus das Unternehmen anspricht, zum Beispiel durch Werbekampagnen oder im Netz publizierte Fachartikel. Dagegen nimmt die Bedeutung so genannter Outbound-Aktivitäten ab, bei der es um die gezielte Ansprache potenzieller Kunden geht, die vorher noch kein Interesse gezeigt haben.
- B2B-Marketeers müssen zu Digital-, Daten- und Technologieexperten werden, die sich nicht nur auf Markenbildung und die Generierung von Interessenten (englisch: Leads) beschränken, sondern eng mit dem Vertrieb über den gesamten Verkaufsprozess hinweg zusammenarbeiten.
- Vertriebsmitarbeiter müssen mehr mit digitalen Tools arbeiten, virtuelles Verkaufen und das Networking in Social Media werden Teil ihrer Stellenbeschreibung und ihr Job wird immer datengesteuerter.
- E-Commerce-Fähigkeiten sind zentrale Erfolgsfaktoren bei Produzenten und Distributoren.
- Für das Management von B2B-Unternehmen ist die digitale Transformation keine nachrangige Herausforderung, sondern ein Top-Agendapunkt für die Sicherung des langfristigen Überlebens.
Physische Präsenz nicht obsolet
Die Vorzüge von Online-Formaten werden auch der Studie der B2B Media Alliance zufolge in Zukunft bestehen bleiben. Dennoch stehen Präsenzveranstaltungen offenbar nicht vor dem Aus: Mit 93 Prozent rangieren diese Formate sogar auf Platz eins der Beliebtheitsskala, wie die Studienautoren konstatieren. "Auch für zukünftige Präsenzbesucher ergibt sich wahrscheinlich nach online angebahnten wertvollen Kontakten ein klares Bild des Mehrwerts und Bedürfnisses, diese wieder real zu treffen", meinen Thomas Bauer, Timo Kargus und Felix Josephi im Kapitel "Digitale Veranstaltungsplattformen" des Sammelbandes "Berührende Online-Veranstaltungen".
"Denn eines ist klar, persönliches Vertrauen und die Bestätigung der richtigen Entscheidungen werden weiter persönliches Treffen, Inspizieren, Anfassen und emotionales Erleben voraussetzen", so die Springer-Autoren weiter (Seite 234). Dem digitalen Wandel zum Trotz bleiben auch Print-Medien bei 83 Prozent der Studienteilnehmer gefragt. Sie sehen darin eine wichtige Informationsquelle für ihre Arbeit. Möglicherweise ist auch hier das haptische Erlebnis als Mehrwert gegenüber digitalen Angeboten ein Nutzungsargument.