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17.10.2019 | Bank-IT | Im Fokus | Online-Artikel

Data Analytics sichert Banken Wettbewerbsvorteile

verfasst von: Steffen Seger, Björn Wenniger

4:30 Min. Lesedauer
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Data Analytics verheißt in vielen Branchen große Potenziale. Vor allem im Banking sind Daten ein wichtiger Faktor im harten Wettbewerb. Doch bei der Einführung entsprechender Lösungen ist Eile geboten.

Nahezu jeder Aspekt des modernen Lebens lässt sich mittlerweile über mehr oder weniger einfach verfügbare Daten und Methoden analysieren. Insbesondere Banken und Sparkassen sitzen mitunter auf gigantischen Datenschätzen, die zum Beispiel für eine zielgerichtete individuelle Kundenansprache oder maßgeschneiderte Produktangebote genutzt werden wollen. Auf die anfängliche Euphorie folgt am Ende der ersten Gehversuche jedoch oft die große Ernüchterung, weil aufwändige Analysen ohne konkreten Mehrwert verpuffen.

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Der zunehmende Umfang unterschiedlichster interner wie externer Daten, die sich in betrieblichen Prozessen ergeben, stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Vor dem Hintergrund erhöhter Wettbewerbsintensität – und folglich verstärktem Innovationsdruck – investieren Unternehmen weltweit hohe Summen in neue Ressourcenplanungs- und Analysetechnologien. 


Algorithmen treffen auf enorme Datenmengen

Unter Data Analytics verstehen wir sowohl die umfassende Analyse von Daten als auch die Interpretation, Aufbereitung und Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse. Dazu zählen neben klassischen statistischen Methoden auch komplexere Algorithmen, die sich oftmals den Disziplinen Data Mining oder Machine Learning zuordnen lassen. Ihr volles Potenzial entfalten die größtenteils bereits jahrzehntealten Algorithmen im Zusammenspiel mit den enormen Datenmengen, der sogenannten Big Data, die heute verfügbar sind.

Zentrale Qualitätsmerkmale von Big Data sind die Menge (Volume), die Vielfalt (Variety) und die Geschwindigkeit (Velocity), mit der diese Daten generiert werden. Ergänzend hierzu sollte die zugrundeliegende Datenbasis in sich korrekt sein (Veracity) sowie einen konkreten Wert (Value) für die Anwender schaffen können. An diesem letzten Punkt trennt sich jedoch oft die Spreu vom Weizen. Erfolgreiche Data-Analytics-Projekte zeichnen sich durch im Vorfeld klar definierte Ziele und die Einbettung in konkrete Use Cases aus: Im Beratungskontext ist der Fall häufig, dass per Knopfdruck zwar unzählige und nahezu beliebig detaillierte Analysen erstellt werden können, diese jedoch kaum jemand sinnstiftend einzusetzen weiß.

Was macht Data-Analytics-Projekte erfolgreich?

Die Zieldefinition sollte daher Ausgangspunkt eines jeden Data-Analytics-Vorhabens sein: je konkreter, anfassbarer und präziser, desto besser. Dabei sind Use Cases ein bewährtes Hilfsmittel, weil sie Antworten auf die Fragen liefern, wie genau welcher konkrete Mehrwert für eine bestimmte Zielgruppe erzeugt werden kann und welche Voraussetzung und Informationen dafür erforderlich sind. Mit einem klar definierten Ziel vor Augen sollte dann auch der Auswahl einer geeigneten Analysemethode für die jeweils zugrundeliegende Fragestellung nichts mehr im Wege stehen.

Anwendungsfelder von Data Analytics

   

Methodenbeispiele

Use Cases

Regression

  • Lineare Regression
  • Nichtparametrische Regression
  • Zeitreihenanalyse
  • Identifikation von Einflussvariablen auf die Kreditwürdigkeit
  • Technische analyse/Chartanalyse

Classification

  • Logistische Regression 
  • k-Nächste-Nachbarn
  • Entscheidungsbäume
  • Einordnung von Transaktionen, etwa in zahlreichen Finanz-Aps
  • Zuordnung von (Neu)-Kunden zu vorher definierten Gruppen

Clustering

  • k-Means
  • k-Medoids
  • DBSCAN
  • Ähnlichkeitsanalyse bei unbestimmten Kundengruppen
  • Aufbau stark diversifizierter Portfolios

Quelle: Berg Lund & Company

Doch auch wenn die passende Methode für das vorliegende Problem identifiziert ist, lauern weitere Fallstricke. Neben der Implementierung einer hochwertigen Data-Governance-Funktion zur Sicherstellung der erforderlichen Datenqualität ist ein fundiertes Domain Knowledge, also die Fähigkeit zur kontextbezogenen Bewertung der Analyseergebnisse, unabdingbar. Daher sollte bereits bei der Teamzusammenstellung für ein Data-Analytics-Projekt auf die richtige Mischung aus Methodengurus und Fachexperten geachtet werden. 

Beim Einsatz von Data Analytics besteht Aufholbedarf

In der Finanzbranche ist die Zurückhaltung beim Thema Data Analytics trotz vieler potenzieller Anwendungsfelder aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken und der schieren Flut an Daten und Analysemöglichkeiten in vielen Häusern noch groß. Die Sorge um den Datenschutz lässt sich allerdings über einen Datenpakt mit den Kunden im Sinne aller Beteiligten adressieren, wie auch die Ergebnisse der BLC-Studie Datenschutz 2018 nahelegen. Der Weg aus dem Daten- und Analyselabyrinth gelingt, wenn Banken sich zunächst auf ihre Kernprobleme konzentrieren und diese, einen Schritt nach dem anderen, mittels passgenauer Data-Analytics-Vorhaben adressieren.

Ein vergleichsweise einfach zu realisierender Anwendungsfall von Data Analytics im Banking ist die zielgerichtete Ansprache von Kunden in Abhängigkeit ihrer individuellen Vermögenssituation. So werden sich wohlhabende Unternehmer vermutlich eher selten für einen Konsumentenkredit interessieren. Allerdings zeigt die Flut an zwar personalisierter, aber dennoch an der eigenen Lebenswirklichkeit vorbeigehender Werbung, die viele von uns regelmäßig über analoge wie digitale Kanäle erreicht: Auch mit solch vermeintlich einfachen Routinen ist es bei vielen Instituten noch nicht sonderlich weit her.

Wenn Data Analytics zum Kerngeschäft wird

Bei Vergleichsportalen wie "Check24" und einigen Fintechs wie dem Multibankinganbieter Outbank oder dem digitalen Versicherungsmakler Clark hingegen bilden Data Analytics gar den Nukleus der jeweiligen Geschäftsmodelle. Alle drei Anbieter werten die Transaktionsdaten auf Konten, die ihre Kunden mit der jeweiligen Anwendung verknüpft haben, zielgerichtet aus. So können bestehende Verträge für Versicherungen und andere Leistungen identifiziert und automatisiert bessere Alternativen aufgezeigt werden – gegen eine erkleckliche Vermittlungsprovision bei Vertragsabschluss, versteht sich.

Einem gut durchdachten und dosierten Einsatz moderner Analytics-Methoden steht kaum ein Nachteil gegenüber. Mit dem notwendigen Sachverständnis, der Domain Knowledge, einer guten Organisation, der Data Governance, und einer Portion Mut, Veränderungen anzustoßen, lassen sich auch etablierte Geschäftsmodelle in die digitale Zukunft überführen. Die Prognose, dass datengetriebene Geschäftsmodelle als wichtiger Wettbewerbsfaktor weiter an Bedeutung gewinnen werden, ist keine Kaffeesatzleserei. Wer hier die Augen verschließt, verpasst womöglich den Anschluss und verliert Kunden an diejenigen Wettbewerber, die sich dieser Herausforderung erfolgreich stellen.

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