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16.05.2014 | Bankausbildung | Interview | Online-Artikel

"Rechtsfolgen bei zu hoher variabler Vergütung sind ungeklärt"

verfasst von: Stefanie Hüthig

3:30 Min. Lesedauer

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Mit Dr. Christian Rolf, Partner der Kanzlei Willkie Farr & Gallagher LLP in Frankfurt am Main, sprach Springer für Professionals über die Vergütungspraktiken in Banken und den Einfluss der Aktionäre.

Wie hoch darf das Verhältnis von variabler Vergütung zum Fixgehalt bei Kreditinstituten sein?

Seit Anfang 2014 regelt unter anderem § 25a Abs. 5 Kreditwesengesetz (KWG) die variable Vergütung für Mitarbeiter und Geschäftsleiter von Banken. Mit dem Gesetz wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt, die Ausdruck eines anhaltenden Regulierungstrends ist, der seinen Ursprung in der Finanzkrise hat. Erstmals gilt nun eine relative Obergrenze für Boni von 100 Prozent der Fixvergütung. Mit anderen Worten: Der Bonus darf nicht höher sein als die Fixvergütung. Das Gesetz sieht vor, dass diese Grenze auf 200 Prozent angehoben werden kann, das heißt der Bonus darf doppelt so hoch wie das Fixgehalt ausfallen. Dafür benötigt aber die Bank einen Beschluss der Hauptversammlung. Das Problem liegt derzeit darin, dass bei einigen Führungskräften in Banken die 100-Prozent-Grenze überschritten würde. Die meisten Banken dürften daher eine solche Erhöhung auf 200 Prozent anstreben.

Was passiert, wenn ein Geldhaus ohne Beschluss der Hauptversammlung den Anteil der variablen Vergütung auf 200 Prozent des Fixgehaltes erhöht?  

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Entscheiden sich die Aktionäre gegen eine Erhöhung der variablen zur fixen Vergütung, verbietet § 25 Abs. 5 KWG die Vereinbarung eines höheren Verhältnisses zwischen fixer und variabler Vergütung. Und hier beginnt das rechtliche Rätselraten. Obwohl sich aus den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen ergibt, dass die 200-Prozent-Grenze nicht ohne Beschluss der Hauptversammlung ausgeschöpft werden darf, sind die Rechtsfolgen weitgehend ungeklärt, wenn gleichwohl ein solcher Vertrag mit einem Mitarbeiter vereinbart wird. Sicher ist nur, dass solche Verträge nicht automatisch unwirksam sind oder, umgekehrt, die variable Vergütung automatisch begrenzt wird. KWG und Institutsvergütungsverordnung verpflichten die Geschäftsleitung nur, auf eine Änderung solcher Vereinbarungen hinzuwirken, soweit dies rechtlich zulässig ist. Wenn ein Anstellungsvertrag jedoch geschlossen ist, kann man ihn nur schwer einseitig ändern. Die rechtlichen Mittel der Geschäftsleitung sind begrenzt, so dass die Bank in der Regel auf die Zustimmung des Mitarbeiters oder Geschäftsleiters angewiesen ist. Helfen diese nicht, haben die vertraglichen Regelungen, wenn sie denn einmal vereinbart sind, grundsätzlich Vorrang vor den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Der Mitarbeiter kann dann in diesem Fall auf einer vertragsgemäßen Vergütung bestehen und muss sich nicht um § 25a Abs. 5 KWG kümmern. Allerdings drohen dem Institut aufsichtsrechtliche Folgen, wenn es gegen die Anforderungen des § 25a Abs. 5 KWG verstößt und etwa eine unzulässige variable Vergütung für Neuverträge vereinbart.


In Großbritannien umgehen Banken Boni-Vorschriften zur fixen und variablen Vergütung. Wie machen die Institute das?

Relativ simpel. Wie sich aus öffentlich zugänglichen Quellen entnehmen lässt, können Vorschriften über das relative Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung dadurch umgangen werden, dass entweder schlicht die Fixgehälter erhöht werden oder zusätzliche, eigentlich variable Vergütungsbestandteile als Teil des Fixgehalts fortgezahlt werden – eine einfache Umdeklaration. Ob sich die Finanzinstitute in England damit langfristig einen Gefallen tun, ist offen, da die Incentivierung, die durch variable Vergütungsbestandteile erreicht werden soll, damit leer läuft. In Deutschland bleibt abzuwarten, wie die Aufsichtsbehörden auf eine solche Umetikettierung variabler Vergütungsbestandteile reagieren. Ich könnte mir vorstellen, dass die Aufsichtsbehörden die Entwicklung genau beobachten, um potenziell einzuschreiten.

Die Finanzaufsicht Bafin votiert trotz Regulierung für Boni. Warum?

Boni sind ein elementarer Bestandteil der incentivierten Vergütung von Führungskräften in allen Bereichen der Wirtschaft, nicht nur im Bankensektor. Variable Vergütungskomponenten sind für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens unerlässlich. Die Bafin bezeichnet variable Vergütungen in den Auslegungsrichtlinien zur Institutsvergütungsverordnung zu Recht als „wirksamen Verhaltensanreiz“ und steht daher grundsätzlich zur variablen Vergütung. Letztlich sprechen dafür auch gerade aufsichtsrechtliche Bestimmungen. Es kann nicht im Sinne der europäischen Bestimmung sein, einem Mitarbeiter oder Geschäftsleiter – deutlich höhere – Fixvergütungen zu zahlen, die unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg des Instituts anfallen. Die Eigenkapitaldecke des Instituts wird dadurch in schlechten Zeiten stärker belastet als durch variable Vergütungsbestandteile, die auf sinnvolle betriebswirtschaftliche Kennzahlen abstellen. Das scheint auch die Bafin nicht anders zu sehen.

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