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05.02.2014 | Bankausbildung | Interview | Online-Artikel

"Ehrliches, glaubwürdiges und engagiertes Handeln"

verfasst von: Bianca Baulig

3:30 Min. Lesedauer

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Verlorengegangenes Vertrauen, unangemessene Boni, Diskussion um Werte – Führungskräfte in Banken sehen sich derzeit mit vielen Fragen konfrontiert. Im Interview erklärt Springer-Autor Christoph Abeln, wie Mitarbeiter in leitender Position mit diesen Themen umgehen können.

Springer für Professionals: Herr Dr. Abeln, Sie stellen in Ihrem „Handbuch für Führungskräfte“ bei der Frage nach der angemessenen Vergütung fest, dass einzelne Führungskräfte in Banken eine durchschnittliche Vergütung erhalten, die viel höher als die des Vorstands ist. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Christoph Abeln: Ich bin überzeugt, dass Führungskräfte in Deutschland trotz allem häufig nicht angemessen entlohnt werden. Die Risiken für die Angestellten steigen ständig, ich denke hier beispielsweise an die Compliance-Haftung. Hohe Führungskräftegehälter gab es lange Jahre im Bereich des Investment Bankings. Aber auch wenn heute noch in ausgewählten Schlüsselpositionen, etwa bei der Commerzbank, überdurchschnittliche Vergütungen gezahlt werden, gilt: die meisten deutschen Führungskräfte müssten mehr verdienen. 

Wie bereiten sich Führungskräfte am besten auf Veränderungen, etwa durch Fusionen, vor?

Wichtig ist, dass man sich bereits bei Abschluss seines Arbeitsvertrages beraten lässt. Es empfiehlt sich, hier beispielsweise so genannte Change-of-control-Klauseln mit aufzunehmen, damit Führungskräfte bei einer Fusion gewappnet sind. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die bei einem Eigentümerwechsel die Möglichkeit bietet, gegen Zahlung einer fest vereinbarten Abfindungssumme durch eigenen Entschluss das Unternehmen zu verlassen. Außerdem sollten unbedingt Infos über den Sprecherausschuss und den Betriebsrat eingeholt werden. Abschließend ist nicht zu vergessen, dass ein Arbeitgeber in solchen Fällen in der Pflicht steht, seine Angestellten mittels Betriebsrat umfassend zu informieren (§ 613a BGB).

Die Bankbranche hat bei ihren Kunden im Zuge der Finanzkrise erheblich an Vertrauen eingebüßt. Wie können Führungskräfte daran mitarbeiten, dass das Vertrauen der Kunden zurückkehrt?

Führungskräfte müssen fragwürdige Anweisungen von Vorgesetzten hinterfragen, in denen sie dazu aufgefordert werden, mit zweifelhaften Produkten mehr Umsatz zu machen. Sollte es nicht anders gehen, muss die Führungskraft so eine Anweisung auch einmal ablehnen. Am besten wird dies schriftlich begründet und beim Vorgesetzten oder dem Compliance-Beauftragten hinterlegt. Bleiben vorherige Abhilfemaßnahmen erfolglos, müssen Führungskräfte solche Anweisungen als Ultima Ratio bei der Bafin anzeigen.  


Welche Werte sollten Führungskräfte, insbesondere im Finanzbereich, vermitteln?

Ich denke da an ein ehrliches, glaubwürdiges und engagiertes Handeln. Dieses muss zunächst stets einen Mehrwert für den Kunden im Blick haben – und nicht fürs eigene Unternehmen. Im Grunde genommen kann man alles auf eine einfache Frage herunterbrechen: Will ich in erster Linie dem Kunden oder dem eigenen Unternehmen dienen? 

Die Finanzaufseher haben kürzlich die Banken für ihre teils zu hohen Boni gerügt. Ist variable Vergütung, insbesondere im Bankensektor, noch zeitgemäß? Welche Alternativen gibt es?

Boni haben weiterhin eine große Bedeutung bei der Vergütung von Führungskräften. Und das, obwohl sich durch das so genannte Payment-Shift die Festvergütung in den vergangenen beiden Jahren zu Lasten der Boni erhöht hat. Was immer noch fehlt, sind klare Kriterien für die Bonibemessung. Die Institutsvergütungsverordnung fordert von den Unternehmen eine gestreckte Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen über einen Zeitraum von drei Jahren. Hier sollte jede Führungskraft jedoch hinterfragen, ob sie als Risktaker überhaupt unter die Institutsvergütungsverordnung fällt. Wenn nicht, kann sich die Bank auch nicht auf sie berufen.

Ein Kapitel Ihres Buches heißt „Wie finde ich den richtigen Anwalt für mich“. Wenn dies für eine Führungskraft tatsächlich nötig wird: Welche Kriterien sind bei der Auswahl des Anwalts zu beachten?

Es gibt eine ganze Reihe an Kriterien, die weiterhelfen. Zunächst sollte eine Führungskraft darauf achten, dass der Anwalt keinerlei Nähe zum Arbeitgeber aufweist, also insbesondere keine Mandate übernimmt oder zumindest künftig gerne übernehmen würde. Dies auszuschließen gelingt besonders gut, indem man sich einen Anwalt sucht, der seinen Sitz nicht in derselben Stadt wie der Arbeitgeber hat. Man sollte ganz genau auf Gegnerunabhängigkeit und Engagement achten. Hören Sie sich daher lieber in Ihrem Umfeld nach Empfehlungen um, recherchieren Sie im Internet, ob die Kanzlei regelmäßig veröffentlicht und ob sie schon einmal Führungskräfte aus dem eigenen Unternehmen oder zumindest der eigenen Branche vertreten hat. Ansonsten kann mitunter auch der Sprecherausschuss mit einer Empfehlung weiterhelfen.

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