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14.06.2019 | Bankausbildung | Interview | Online-Artikel

"Rechnungswesen ist wie ein Kartenhaus"

verfasst von: Bianca Baulig

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Marc Wacker

ist Trainer und Buch-Autor. Er hält Seminare für Auszubildende der Bank- und Industriebranche und schreibt regelmäßig für die Zeitschrift Bankfachklasse. 

Rechnungswesen ist für viele angehende Bankkaufleute eins der schwierigsten Fächer bei den Prüfungen. Das muss nicht sein, sagt Buch-Autor Marc Wacker. Nicht nur in seinen Prüfungsvorbereitungskursen gibt der Trainer hilfreiche Tipps für Auszubildende.

Springer Professional: Herr Wacker, wie sieht üblicherweise die Reaktion der Bankazubis in Ihren Kursen aus?

Wacker: Als Vertriebs- und Fachtrainer halte ich viele Prüfungsvorbereitungskurse, auch für Rechnungswesen. Mir fällt auf, dass die meisten Hände bei Rechnungswesen hochgehen, wenn ich frage, welches Prüfungsfach das größte Unbehagen auslöst. Und ich spüre, dass es gerade im Rechnungswesen die kleinen fachlichen Lücken sind, die die Auszubildenden zur Verzweiflung bringen. Rechnungswesen ist wie ein Kartenhaus. Zieht man zu viele Karten, fällt alles in sich zusammen. 

Empfehlung der Redaktion

2019 | Buch

Prüfungswissen Rechnungswesen für Bankkaufleute

Dieses Buch vermittelt Auszubildenden Bankkaufleuten das komplette Wissen, das sie für die Abschlussprüfung im Fach "Rechnungswesen und Steuerung" benötigen. Jedes Kapitel beginnt mit einer kompakten Einführung und schließt mit Erläuterungen, Visualisierungen und Aufgaben. Auf diese Weise kann der Anwender jedes Thema sukzessive bearbeiten und lernt dabei durch die sinnhaft angeordnete Reihenfolge das Gesamtkonstrukt Rechnungswesen immer intensiver kennen. 


Warum haben so viele Auszubildende insbesondere vor der Prüfung im Fach Rechnungswesen Angst?

Das Schulfach Mathematik und das Ausbildungsfach Rechnungswesen haben meines Erachtens zwei Gemeinsamkeiten. Erstens: Beide Fächer sind recht zeitintensiv. Man bekommt eine Aufgabe, verbringt manchmal eine ganze Unterrichtseinheit damit, sie zu lösen, und am Ende kann nur ein Ergebnis richtig sein. Wenn ich die Zeit ins Verhältnis zum Ergebnis setze, so kann ein falsches Ergebnis sehr frustrierend sein. Zweitens kommt oft hinzu, dass der Lehrer es nicht schafft, den Stoff einfach zu vermitteln und auf den Ursprung des Fehlers einzugehen. Den Auszubildenden ist es aber wichtig, die Inhalte und die persönlichen Fehler zu verstehen. Es geht ihnen selten um stumpfes Auswendiglernen. Der Frust gegenüber dem Rechnungswesen führt dazu, dass sich viele Azubis zu wenig mit dem Thema beschäftigen und die Lücken entstehen, die das Kartenhaus zum Einsturz bringen.

Sie selbst sind auch gelernter Bankkaufmann. Welches war Ihr Lieblingsfach während der Ausbildung?

Das liegt auf der Hand: Rechnungswesen natürlich. Auch wenn ich selbst mir das ein oder andere Mal die Zähne daran ausbiss. Darüber hinaus liebte ich aber auch die Geld- und Vermögensanlage. Es war schon immer sehr interessant für mich, welche vielfältigen Wege es gibt, sein Geld zu vermehren.

Und vor welchem Fach hatten Sie am meisten Respekt?

Die Komplexität des Auslandszahlungsverkehrs war für mich damals schwer greifbar. Den Wechsel, der inzwischen kein Bestandteil der Ausbildung mehr ist, habe ich bis heute nicht so wirklich verstanden.

In Ihrem Buch sprechen Sie von der 'geheimen Gewichtung der Prüfung'. Was meinen Sie damit?

Die Prüfung der Industrie- und Handelskammer (IHK) hat einen gewichteten Schlüssel, nach dem die Aufgaben aus den verschiedenen Themengebieten in einer Prüfung zu finden sind. Das gilt auch für die Prüfung in Rechnungswesen. Diese setzt sich aus den Themengebieten Rechnungswesen und Controlling zusammen, wobei dem Fachgebiet Controlling deutlich mehr Aufgaben zugeschrieben werden.

Als sehr wichtig erachten Sie während der Prüfung die Lesekompetenz. Was hat es damit auf sich?

Aufmerksames Lesen ist das A und O bei jeder Aufgabe. Selbstverständlich kann ich jede Aufgabe nur dann korrekt beantworten, wenn ich weiß, was gefragt ist und dabei alle Gegebenheiten der Aufgabe erfasse. Häufig kommt es vor, dass die Lernenden den ersten oder den letzten Satz einer Aufgabe überfliegen und dabei wichtige Inhalte übersehen. Genau deswegen widme ich dieser Thematik ein Kapitel in meinem Buch.

Trainings und Bücher helfen, sich fachlich vorzubereiten. Doch was ist mit der Nervosität vor der Prüfung? Haben Sie einen Tipp, wie Prüflinge die Ruhe bewahren können?

Was die Nervosität in Prüfungssituationen angeht, hilft es in erster Linie natürlich, sich aktiv und ausführlich auf die Prüfung vorzubereiten. Ebenfalls sehr wichtig ist es, sich ein realistisches Ziel zu setzen. Oft streben wir gedanklich nach der besten Zensur. Wenn die Auszubildenden jedoch während der Schulphasen immer auf der Note drei standen, dann sollten sie sich dieses Ziel auch wieder setzen oder nur leicht darüber liegen. Bei 30 Aufgaben und 3,33 Punkten pro Aufgabe ist schnell klar, wie oft ich in der Prüfung falsch liegen darf. Wem das noch nicht reicht, um etwas entspannter in die Prüfung zu gehen, empfehle ich die Worst-Middle-Best-Case-Methode, wie ich sie nenne.

Worst-Middle-Best-Case? Bitte beschreiben Sie diese Methode.

Die Methode leitet sich aus dem Best-Case- und dem Worst-Case-Szenario ab. Dabei sollte sich der Prüfling damit auseinandersetzen was der persönliche Worst-Case wäre und dieses Szenario als mögliche Option akzeptieren. Als nächstes stellt sich der Prüfling das Best-Case-Szenario vor, also das Ergebnis, das für ihn das Beste ist und nach dem er strebt. Nun gilt es so zu handeln, dass das Best-Case-Szenario greifbar wird. Danach sollte in der Prüfung gestrebt und vor der Prüfung gehandelt werden. Wer die beiden Szenarien betrachtet, kann sich nun denken, dass in neun von zehn Fällen ein Szenario eintritt, das dazwischen liegt, nämlich der so genannte Middle-Case. Dieser hat in der Regel jedoch einen deutlichen Hang zu dem persönlichen Best-Case, da man nach diesem gestrebt und gelernt hat. Ganz von Prüfungsstress wird der Prüfling so nicht befreit. Aber mit der Gewissheit etwas dazwischen zu erreichen, lebt es sich deutlich entspannter.

Mehr zum Thema lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe von Bankfachklasse.

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