Spätestens, wenn im September 2017 die Bundestagswahl gelaufen ist, werden Banken und Sparkassen erfahren, ob sie weiter mit Verständnis für ihre Anliegen rechnen können. Denn trotz guter Konjunkturnachrichten – die deutsche Wirtschaft soll 2017 um rund 1,5 Prozent wachsen – bereiten die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die anhaltend niedrigen Zinsen den Instituten Probleme.
Die Erträge werden aufgefressen, die Profitabilität leidet dramatisch und die Kundenbindung steht auf der Kippe. "Wenn sich auf der Ertragsseite nichts ändert, werden für uns ganz schwierige Zeiten kommen", warnte Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) erst im November 2016 auf einem Pressetermin. Seine Sorge ist, dass einzelne Häuser so wenig profitabel werden, dass sie sich aus dem Finanzmarkt zurückziehen müssen.
Europas Kreditversorgung kommt nicht voran
In der Folge könnten die für die Bundesrepublik wichtigen mittelständischen Betriebe unter einer restriktiveren Vergabe von Bankdarlehen leiden. Den Zusammenhang scheinen die verantwortlichen Finanzpolitiker in Berlin zwar verstanden zu haben. Doch sie können nur bedingt handeln, denn ein Großteil der Bankenregulierung und die Geldpolitik liegen längst in der Hand von Institutionen der Europäischen Union (EU), zum Beispiel der EZB.
Die Notenbanker betreiben seit Jahren eine konsequente Niedrigzinspolitik, um Investoren anzuregen, südeuropäische Banken zur Vergabe von mehr Krediten zu bewegen und so das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Der EZB sei es bislang jedoch nicht gelungen, die Konjunktur in Südeuropa nachhaltig in Schwung zu bringen und die Teuerungsrate auf den Zielwert von zwei Prozent zu heben, schreibt Bankmagazin-Autor Jan F. Wagner in seinem Titelbeitrag "Den Kopf über Wasser halten" in der Januar-Ausgabe (Seite 12-17).
Zur Situation |
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Quelle: Bankmagazin-Ausgabe 1-2017, Seite 13 |
Regulierungswut sorgt für Kummer
Auch den Regulierungsdruck, der die Geldhäuser plagt, kann die deutsche Politik nur bedingt lindern, so Wagner. Nicht nur könnte Basel IV, mit dem Banken in Europa und Nordamerika noch krisenfester werden sollen, den Kapitalbedarf der Geldhäuser erhöhen. Für die Berechnung der gesetzlichen Mindestkapitalanforderungen soll überdies ein Standardmodell gelten.
Wir in Deutschland befürchten insbesondere steigende Kapitalanforderungen im Bereich der Immobilienfinanzierung."
Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), zu den Auswirkungen von Basel IV auf die Kapitaldecke der Kreditinstitute
Auch die gemeinsame Einlagensicherung für die Eurozone, kurz EDIS, ist eine Herausforderung für die Geldhäuser. Denn sie sollen im Zuge der Idee einer europäischen Bankenunion bis zum Jahr 2024 insgesamt 43 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Mit ihm sollen europaweit Kundeneinlagen bis zur Höhe von 100.000 Euro abgesichert werden.
Kleine Institute sind besonders betroffen
Besonders anstrengend ist die Regulierungswelle aber vor allem für kleinere Institute, etwa Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Die haben Mühe, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und die damit verbundenen Kosten zu verkraften. Die Regulierungswut könnte die kleineren Geldhäuser unter den insgesamt derzeit 2.000 Banken zum Rückzug vom deutschen Markt zwingen. Gut für den Wettbewerb wäre das nach Ansicht des BdB-Präsidenten Peters nicht.
Die strenge europäische Aufsicht sorgt auch in den IT-Abteilungen der Geldhäuser für erheblichen Transformationsdruck. "Die Zukunft wird weitere Herausforderungen für die Banken bringen, insbesondere der generelle Trend zu granularem Reporting und die erweiterten täglichen Meldepflichten für europäische Banken ab 2016 – MMSR, MiFID II, MiFIR und SFTR", resümiert der Springer-Autor Maciej Piechocki im Buch "Meldewesen für Finanzinstitute". Heutige Plattformen würden den künftigen Anforderungen nicht mehr genügen, vielmehr seien flexible IT-Lösungen gefordert.