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30.11.2017 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kampf um ein Regelwerk für die Kleinen

verfasst von: Stefan Terliesner

3 Min. Lesedauer

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Die Debatte über die Small Banking Box gewinnt an Fahrt. Eine ungewöhnliche Allianz aus Aufsehern und Verbänden rührt die Werbetrommel. Doch auf EU-Ebene stößt der Vorstoß auf Unverständnis.

Eine ungewöhnliche Allianz aus Deutschland kämpft auf EU-Ebene für ein separates Regelwerk für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute. So tritt die Arbeitsgruppe aus Bundesfinanzministerium, Finanzaufsicht BaFin, Deutscher Bundesbank und fünf Verbänden der deutschen Kreditwirtschaft bei der anstehenden Debatte um eine Überarbeitung des europäischen Kapitalregelwerkes CRR, der Capital Requirements Directive IV (CRD) sowie der Capital Requirements Regulation, quasi mit einer Stimme auf. Gemeinsam wollen sie eine Small Banking Box durchsetzen. Im Bankmagazin-Artikel "Instituten die Last abnehmen" wird deutlich, dass die entsprechenden deutschen Vorschläge weit über das hinausgehen, was die EU-Kommission an Erleichterungen für weniger bedeutsame Banken in Aussicht gefasst hat.

Erleichterungen für kleine Geldhäuser

Der Konsultationsentwurf der EU-Kommission sieht diverse Erleichterungen und Bagatellgrenzen vor – etwa bei den Offenlegungs- und Meldepflichten, aber auch im Bereich der Handelsbuchregulierung. 

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Die reduzierten Vorgaben sollen für Institute mit einer Bilanzsumme von bis zu 1,5 Milliarden Euro gelten. Dem hält die Bundesbank unter anderem in ihrem aktuellen Monatsbericht Oktober 2017 das deutsche Konzept entgegen. Um mehr Verhältnismäßigkeit in der Aufsicht zu schaffen, schlägt die Behörde eine Schwelle von drei Milliarden Euro oder eine nicht näher konkretisierte relative Grenze vor, die an das Bruttoinlandsprodukt oder die aggregierte Bankenbilanzsumme des jeweiligen EU-Landes geknüpft sein soll. Unterhalb dieser Wertes sollen nicht notwendige Anforderungen bei den Vergütungsregeln, den Offenlegungspflichten sowie der Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen wegfallen. Keinesfalls gehe es um Erleichterungen bei den Kapital- und Liquiditätsanforderungen, betont die Bundesbank. Ihrer Meinung nach sollten die Banken innerhalb der EU in drei Gruppen eingeteilt werden: 

  • Systemrelevante Häuser müssen die Regulatorik ohne Ausnahme umsetzen. 
  • Für weniger große Adressen soll es punktuelle Erleichterungen geben. 
  • Die dritte Gruppe der kleinen und wenig komplexen Institute soll in den Genuss eines abgespeckten Regelwerkes kommen. 

Auch Wissenschaftler wie Professor Hans-Peter Burghof, Lehrstuhlinhaber für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, hält ein eigenes Regelwerk für die Kleinen für "gut, wenn es richtiggemacht wird“. Die derzeit gültigen Vorgaben verlangten von kleinen Instituten, groß zu sein. Denn heute müssten kleine Kreditinstitute die gesamte Regulatorik kennen, um überhaupt erst mal zu wissen, was für sie eventuell nicht gilt. Gegenwärtig neigten die Regelsetzer dazu, alles bis ins kleinste Detail perfekt zu machen und alles überwachen zu wollen. "Das ist statisches Denken", meint Burghof und ergänzt: "Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht."

Starke Belastung durch Regulierungskosten

Für absurd hält er es auch, dass die deutsche Finanzbranche, welche die 2007/2008 ausgebrochene Schuldenkrise relativ gut überstanden habe, weil Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken für Stabilität gesorgt hätten, nun unverhältnismäßig stark von den Regulierungskosten belastet seien. Dass es auch anders geht, belegen die USA. Dort greifen Teile des Basel-III-Regelwerks erst sukzessiv mit dem Anstieg der Bilanzsumme beziehungsweise der Systemrelevanz, wie die nachfolgende Grafik von ZEB/Quarterly Review verdeutlicht:

Tabelle zum Regelwerk © Zeb, PSL Quarterly Review

Weitreichende Erleichterungen in den USA

Dem Gedanken der Proportionalität folgend, erfüllen US-amerikanische Banken mit Anstieg der Bilanzsumme beziehungsweise Systemrelevanz zunehmend die Basel-III-Anforderungen. Ob der Vorstoß aus Deutschland Erfolg haben wird, ist höchst ungewiss. Denn die Idee einer Small Banking Box hat bei den Regulatoren auf EU-Ebene wenig Freunde. Dass die Briten sich auch aus dieser Debatte verabschiedet haben, macht das Unterfangen nicht leichter. Ein eigenständiges Regelwerk für kleine Kreditinstitute gilt als deutscher Versuch, Sonderregeln für die angeblich viel zu zersplitterte Bankenlandschaft in Deutschland zu erreichen. Allerdings schwillt der Chor der Kritiker, die eine Überregulierung erkennen, an. Einen Überblick über die vielen unterschiedlichen Stimmen geben die Springer-Herausgeber Raphaël Douady, Clément Goulet und Pierre-Charles Pradier in ihrem Buch "Financial Regulation in the EU – From Resilience to Growth".

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