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29.01.2025 | Bankenregulierung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Banken fordern mehr Augenmaß bei der Regulierung

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die Umsetzung von Regulierungsvorgaben zu KI, ESG oder Kryptowährungen kommt die Bankenbranche teuer zu stehen. Zudem finden viele Institute kaum kompetentes Personal. Schon jetzt setzen viele Banken auf Regtech, um die Anforderungen zu erfüllen. Verbände fordern deshalb ein Moratorium für neuen Vorhaben.

Neue und immer komplexere Vorgaben verlangen Banken und Sparkassen viel ab: Ob es um das EU-Geldwäschepaket und insbesondere die 6. Geldwäsche-Richtlinie EU 2024/1640 und die Geldwäsche-Verordnung EU 2024/1624, die Regulierung der Märkte für Krypto-Assets (MiCA) oder den Digital Operational Resilience Act (DORA) geht - zahlreiche Rechtnormen bringen der deutsche und vor allem der europäische Gesetzgeber auf den Weg. Im vergangenen Jahr hat der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB,  insgesamt 410 neue Vorschriften auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene gezählt.  

"Das Maß ist voll. Die Banken brauchen wieder mehr Handlungsspielraum, um die Wirtschaft auch in schwierigen Zeiten mit Krediten versorgen zu können", kritisiert VÖB-Hauptgeschäftsführerin Iris Bethge-Krauß. Seit der Finanzmarktkrise 2008 wurden dem Verband zufolge 5.799 neue Rechtsnormen erlassen, wie eine Auswertung des Informationsdienstes Radar der VÖB Service ergab.

Regulierung für mehr Sicherheit beim KI-Einsatz

Derzeit bereiten sich die Geldhäuser auf den 2026 in Kraft tretenden European AI Act vor. "Er soll als weltweit erste umfassende Regulatorik für Künstliche Intelligenz (KI) für fairen Wettbewerb und ethisch agierende KI sorgen", schreibt Anja Kühner in der Januar-Ausgabe des Bankmagazins zum Thema und führt aus: 

Beim Einsatz von KI müssen die Institute ein Augenmerk darauf legen, Genauigkeit und Fairness ihrer Entscheidungen sicherzustellen, zu dokumentieren und Diskriminierung zu vermeiden. Banken benötigen ein robustes Risikomanagementsystem, das die Risiken von KI-Anwendungen bewertet und minimiert. KI-Systeme benötigen zum guten Funktionieren zudem Trainingsdaten von hoher Qualität, denn nur so können sie genaue und faire Entscheidungen treffen. Geldhäuser sind dazu verpflichtet, eine Datenbasis zu gewährleisten, die all diesen Anforderungen entspricht. Dazu benötigen sie auf dem Arbeitsmarkt begehrte Fachkräfte."

Grüne Regulierungswelle belastet Bankensektor

Besonders belastet fühlen sich die Institute auch durch Regulierungsaktivitäten mit Bezug zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG), so der VÖB. Alleine in diesem Bereich habe es 2024 eine Rekordsumme von 69 Einzelnormen gegeben. "Insgesamt umfasst die ESG-Regulierungswelle seit 2015 bereits 338 Rechtsnormen, wobei der mit Abstand aktivste Normensetzer nach wie vor die EU-Kommission ist." 

"Das heißere Klima und die Zerstörung natürlicher Ressourcen zwingen unsere Wirtschaft und unser Finanzsystem zur Anpassung", begründete EZB-Präsidentin Christine Lagarde die Notwendigkeit entsprechender Regulierungsvorstöße im Februar 2024. "Wenn wir unsere Bemühungen ausweiten und intensivieren, können wir die Tragweite dieser Anpassung besser nachvollziehen und somit zur Förderung der Stabilität und des grünen Wandels in der Wirtschaft und im Finanzsystem beitragen."

Aufsicht will verständliche und konsistente Regeln

Das sieht Norbert Pierper von der Finanzaufsicht Bafin ähnlich: "Mit ihrem Green Deal hat sich die EU-Kommission zum Ziel gesetzt, die Europäische Union (EU) bis 2050 zu einer modernen, wettbewerbsfähigen und vor allem klimaneutralen Wirtschaft zu entwickeln", erläutert der Experte im Bankmagazin-Gespräch im September 2024. Dafür sei es erforderlich, das vorhandene Kapital risikoadäquat und damit zielgerichtet und effizient einzusetzen - "und zwar nicht nur durch die Politik, sondern auch durch den Finanzsektor".

Dass Banken und Sparkassen aber unter der oft hohen Komplexität der vielfältigen Anforderungen leiden, ist der Finanzaufsicht dabei bewusst: "Wir brauchen insbesondere verständliche, konsistente und proportionale Regelungen", betont der Bafin-Fachmann mit Blick auf regulatorische Vorschriften wie etwa die EU-Offenlegungsverordnung oder auch die Vorgaben von MiFID II. "Eine Vereinfachung beziehungsweise Weiterentwicklung der Offenlegungsverordnung wäre dahingehend ein wichtiger Schritt. Als Bafin bringen wir uns mit konkreten Ideen dazu ein", so Pieper. 

Moratorium für neue Regulierungsvorhaben

Jede neue regulatorische Anforderung schränke jedoch die öffentlichen Banken bei ihrer Aufgabe ein, die grüne und digitale Transformation zu finanzieren, so der VÖB.

Wir brauchen ein Moratorium für neue Regulierungsvorhaben. Neben dem Ziel der Stabilität des Finanzsystems sollte zudem auch die Wettbewerbsfähigkeit der Banken im Mandat der Europäischen Aufsichtsbehörden verankert werden - analog zu den Aufsichtsbehörden im Vereinigen Königreich und in den USA", begründet VÖB-Chefin Bethge-Krauß die Forderung ihres Verbands nach eine Moratorium. 

Pfandbriefbanken warnen vor Nachteilen

Mit dieser Forderung liegen die öffentlichen Institute auf gleicher Linie wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (Vdp). Dieser mahnte bereits im Frühjahr 2024 einen entsprechenden Aufschub weiterer Regulierungsvorgaben an. Die Balance zwischen sinnvoller und überzogener Regulierung sei längst verloren gegangen, erklärte Vdp-Geschäftsführer Jens Tolckmitt im Rahmen der Jahrespressekonferenz im April vergangenen Jahres.

"Mittlerweile wirkt diese fortdauernde Regulierung nachteilig, weil sie die Kreditvergabe immer stärker hemmt." Das traditionelle Bankgeschäft wandere von gut regulierten Banken immer mehr in weniger oder gar nicht regulierte Bereiche des Finanzsystems ab. Jede neue, allein auf Banken gerichtete Regulierungsmaßnahme spiele dem Schattenbankensektor in die Hände, "der das Geschäft gerne absorbiert". 

Regulierung treibt Fusionswelle an

Bis aber die Botschaft in Brüssel oder Berlin ankommt, müssen deutsche Finanzinstitute mit dem herausfordernden Umfeld fertig werden. Und sie machen das in erster Linie mit Investitionen in die Weiterentwicklung ihrer IT-Systeme sowie vermehrtem Recruiting von Compliance-Spezialisten. Auch werden viele IT-Spezialisten eingestellt, und all diese Maßnahmen kosten eine Menge Geld. Nach Berechnungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) machen die Regulierungskosten inzwischen 25 Prozent aller Verwaltungskosten bei einer Bank aus. Das war für einige kleinere Institute zu viel, und auch deshalb kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Fusionen im Sparkassen- und Volksbanken-Sektor", bringt es Bankmagazin-Autor Jan F. Wagner auf den Punkt.

Regtech statt Fachpersonal

Was also tun? Mehr Ressourcen und Mitarbeiter zu allokieren als Reaktion auf die zunehmende Regulierung, hält KPMG-Partner Timo Purkott nicht immer für die geschickteste Lösung und angesichts des bestehenden Kostendrucks heute auch nicht mehr praktikabel. "Stattdessen ist der Fokus auf eine stärkere Automatisierung und die Nutzung innovativer Technologien der Schlüssel zum Erfolg. Folgerichtig wird die Zusammenarbeit mit Regtechs für Banken immer wichtiger", so der Experte. Denn beim Personalwachstum, insbesonder im IT-Bereich, sowie beim Budget sei für viele Finanzunternehemn das Ende der Fahnenstange erreicht.

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