Bei den meisten Konsumenten steigen mit den digitalen Möglichkeiten auch die Ansprüche an ihre Dienstleister. Für Banken bedeutet das, die Welt mit den Augen ihrer Kunden zu sehen, meint Gastautor Tosson El Noshokaty.
Jüngere Kunden sind besonders geschickte Netzwerker, und sie respektieren Marken, die dasselbe tun - das gilt auch für Unternehmen aus dem Finanzbereich.
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Da die Erwartungen der Menschen steigen, das Vertrauen in Marken jedoch abnimmt, hängt deren Relevanz von der konsequenten Ausrichtung auf die Kunden ab. Wenn man jedes Banking-Angebot aus der Perspektive des Verbrauchers betrachtet, zeigt sich ein Weg hin zu mehr Wachstum. Wichtig ist dabei, welche Ansprüche Bankkunden kurzfristig von Finanzdienstleistern erwarten. Hier gibt es fünf zentrale Punkte, die die Institute beherzigen sollten:
- Behaltet Google im Auge
- Hört auf, mit Online-Angeboten zu prahlen – tut lieber etwas Sinnvolles
- Erweckt rennomierte Namen durch neue Produkte zu neuem Leben
- Vernetzt Euch
- Stellt intelligente und reibungslos funktionierende Sicherheitslösungen bereit
Google im Blick
Ein Leben ohne Google können sich viele nur schwer vorstellen. Das Unternehmen plant nun, in das Bankgeschäft einzusteigen. Der Tech-Riese bietet in den USA bereits Girokonten an und die Google-Holding Alphabet steuert auf einen Börsenwert von einer Billion US-Dollar zu. Als der Konzern Fitbit übernahm, war von einem Ausverkauf der Privatsphäre die Rede.
Dennoch: Google ist mächtig. Es verfügt mit Android über das weltweit meistgenutzte Betriebssystem. Es möchte zum Gateway für Finanzen werden, so wie es bereits das Zugangsportal für Informationen ist. Die weiteren Schritte des US-Giganten werden auf Banken große Auswirkungen haben und könnten diese zu reinen Versorgungsunternehmen degradieren, während die Kundenbeziehung andere steuern. Finanzdienstleister wie HSBC und ING verfolgen bereits einen ähnlichen Ansatz, unabhängig davon, ob sie selbst über die dafür erforderlichen Produkte verfügen.
Gegen diesen Trend sprechen allerdings Datenskandale wie sie zum Beispiel Facebook verkraften muss. Sobald Verbraucher den Eindruck haben, dass ein Unternehmen mit ihren Finanzdaten Schindluder treibt, hat es ein Problem. Jedem Manager eines Finanzdienstleisters, der sich auf die Möglichkeit freut, Daten zu Geld machen zu können, stehen zehn Kunden gegenüber, für die dies eine Horrorvorstellung ist.
State-of-the-Art nicht als Innovation verkaufen
Die meisten Finanzdienstleister verfügen mittlerweile über mehr oder weniger attraktive digitale Banking-Lösungen. Ein mobiles Depot oder ein 24-Stunden-Service sind aber keine Innovationen, sondern werden von Kunden vorausgesetzt.
Banken müssen daher digitale Skills wie biometrische Lösungen, Stimmerkennungstools und Blockchain weiter entwickeln. Kunden verlangen technische Lösungen, die zu mehr Transparenz führen. Und sie möchten, dass Unternehmen einen übergeordneten Zweck verfolgen. So verknüpft zum Beispiel die Tomorrow Bank, ein seit 2019 am Markt agierendes Hamburger Fintech, Kundenaktivitäten mit Nachhaltigkeitsinitiativen.
Renommierte Namen brauchen neue Produkte
In puncto Innovation haben Start-ups wie Lemonade, Monzo und Zopa in den vergangenen Jahren alteingesessenen Unternehmen den Rang abgelaufen. Etablierte Institute bremste über Jahre aufgehäufter organisatorischer Ballast. Viele Banken haben erkannt, dass sich mit interner Agilität Prozesse beschleunigen lassen. Kunden honorieren es, wenn traditionelle Unternehmen Scheuklappen abwerfen und durchdachte Schritte unternehmen, um sich weiterzuentwickeln.
Auch Goldman Sachs versucht die Bereitschaft der Kunden, Finanzprodukte online in Anspruch zu nehmen, für sich nutzen. Dabei setzte die US-Bank im Gegensatz zum Wettbewerb aber nicht nur auf ein rein digitales Girokonto. Das Unternehmen wagte sich mit der Online-Plattform Marcus, die Kredite vergibt und Spareinlagen hereinnimmt, auch in das Privatkundengeschäft.
Kooperation statt Innovation
Der Aufstieg von Anbietern wie Venmo und Square Cash hat deutlich gemacht, dass radikal andere Finanzdienstleistungen, wie Peer-to-Peer-Produkte, Crowd Sourcing und Kryptowährungen, vor allem bei jüngeren Kunden ankommen. Diese Zielgruppe denkt über Grenzen hinweg und ist offen für neue Modelle. Sie bereiten so den Weg für eine globale Expansion. Besonders gut gelingt das Wettbewerbern in China: Alipay und Wechat Pay stehenn beide mittlerweile auch für ausländische Reisende in China zur Verfügung, ohne dass dafür ein Bankkonto erforderlich ist.
Dabei erwarten Kunden nicht, dass jede Bank selbst ein Innovator ist. Sie bewundern Marken, die Ökosysteme schaffen. Jüngere Kunden sind besonders geschickte Netzwerker, und sie respektieren Marken, die dasselbe tun. Ein Beispiel ist die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), zweitgrößtes Geldhaus Spaniens. Als das Institut 2017 den API Market einführte, war es eine der ersten Großbanken, die sich dem Open Banking öffnete, um für Kunden zusätzliche Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen. Es gilt noch heute als eines der fortschrittlichsten Portale der Welt. API Market ermöglicht Unternehmen, Start-ups und Entwicklern, neue Produkte und Dienstleistungen aufzubauen, indem sie auf die Daten der Bankkunden - mit deren Erlaubnis - zugreifen und sie in ihre Anwendungen integrieren.
Sicherheitslösungen: simpel zu bedienen und intelligent
Angesichts der Tatsache, dass Verbraucher und B2B-Kunden stetig verbesserte Sicherheitsfunktionen verlangen, die über den Datenschutz weit hinausgehen, können Befürchtungen in Bezug auf Cyber-Risiken nicht ernst genug genommen werden. Die zunehmenden Ängste im Hinblick auf Daten- und Informationsmanagement bedeuten, dass die Menschen ein hohes Maß an Transparenz erwarten. Und sie möchten auf ihre Daten jederzeit und an jedem Ort zugreifen und sie jederzeit und überall kontrollieren und verwalten können. Allerdings verursacht die explosionsartige Ausbreitung von Mehrfaktor-Authentifizierungsmethoden zunehmend auch Frustration. So wählen Verbraucher Marken, die einfache, personalisierte, verbundene und bedeutsame Kundenerlebnisse bieten.
Die Atom Bank, die eine reine Digitalbank Großbritanniens, arbeitet daran, den Millennials ihre Ängste in Bezug auf Geld zu nehmen. Ihr Weg: einfache, sichere und intuitive Digital-Banking-Prozesse einschließlich Selfie-Verifizierung.