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03.03.2017 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Vier Handlungsfelder gegen die Kundenabwanderung

verfasst von: Rainer Lindenau

3:30 Min. Lesedauer

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Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken verlieren laut einer Studie rund die Hälfte ihrer jungen Kunden. Welche Register Filialbanken ziehen sollten, um der Entwicklung entgegenzuwirken, erklärt Rainer Lindenau im Gastbeitrag.

Die Digitalisierung verändert die Bankenlandschaft grundlegend: Bereits heute erledigen insbesondere Kunden unter 35 Jahren einen Großteil ihrer Bankgeschäfte über das Internet. Das zeigt sich auch in den Wachstumsziffern der Direktbanken: Mit attraktiven Konditionen und sehr hohen Kundenzufriedenheitswerten hatten sie bis zum Jahr 2015 insgesamt mehr als 18 Millionen Kunden gewonnen. Langfristig gesehen ist dies eine kritische Situation für fast alle Filialbanken. Die Unternehmensberatung Mm 1 hat in der Studie "Abwanderung der Young Generation – Wie Sparkassen und Volks-und Raiffeisenbanken ihre jungen Kunden zurückgewinnen können" untersucht, wie sich der zunehmende Wettbewerb um die Kunden auf den Marktanteil der Sparkassen sowie der Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) auswirkt. Bei der zugrundeliegenden Umfrage standen Onlinebanking-Kunden im Alter von 18 bis 37 Jahren im Fokus.

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Umdenken im Vertrieb – Die Digitalisierung des Privatkundengeschäftes

Über die derzeit richtige Strategie des Privatkundengeschäftes im Finanzwesen kann heftig diskutiert werden. Besonders Sparkassen und Filialbanken haben aufgrund des dichten Filialnetzes einen enormen Kostendruck, dem sie trotz der spürbar sinkenden Erträge durch die Niedrigzinspolitik in der Eurozone standhalten müssen.

Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass fast alle Kinder und Jugendlichen zwar ihr erstes Konto einmal bei Sparkassen oder VR-Banken eröffnet haben. Trotzdem kehren rund die Hälfte der jungen Kunden ihrer Bank bis zum Alter von Mitte 30 den Rücken. Die Entwicklung der Marktanteile in dieser Zielgruppe bei Filial- und Direktbanken im Vergleich zeigt die nachfolgende Grafik. 


Um diese Entwicklung aufzuhalten, müssen Sparkassen und genossenschaftliche Institute alle Register ziehen. Um der Abwanderung gerader junger Kunden zu begegnen, bieten sich vier Handlungsfelder an:

Erstes Handlungsfeld: Attraktive Konditionen 

Direktbanken wie ING-Diba, Deutsche Kreditbank (DKB) oder Comdirect, aber auch viele Filialbanken, etwa die Sparda Banken, die Commerzbank, BB-Bank oder Santander, bieten aktuell Null-Euro-Girokonten an. Manche davon sind an einen Mindestgeldeingang pro Monat gekoppelt. 

Günstige Konditionen sind mit weitem Abstand der wichtigste Wechselgrund für junge Kunden der Sparkassen und VR-Banken, besonders, wenn nach Abschluss von Ausbildung oder Studium das Konto plötzlich kostenpflichtig wird. Sparkassen und VR-Banken kommen nicht umhin, für junge Berufstätige vergleichbare Angebote und Preismodelle auf den Markt zu bringen. Viele tun dies bereits, wie ein Blick auf die Zahlen aus der Studie zeigt. Demzufolge haben acht der 20 größten Sparkassen aktuell Girokonten mit einem Signalpreis von null Euro im Angebot, darunter die Stadtsparkassen in München und Düsseldorf. Diese Institute wollen Kunden, die fast alle ihre Bankgeschäfte online abwickeln, keinen Grund geben, zu einer anderen Bank zu wechseln. 

Zweites Handlungsfeld: Mehr Kundennähe 

Hier sehen die Sparkassen und VR-Banken ihren entscheidenden Wettbewerbsvorteil – ihrem eigenen Anspruch werden sie derzeit aber noch nicht hinreichend gerecht. So erfolgte laut Umfrage bei einer Kündigung des Girokontos seitens der jungen Kunden bei rund der Hälfte keinerlei Reaktion und bei einem weiteren Viertel erhielten die Kunden lediglich einen Standardbrief. Bei der Beratung zu wichtigen Zukunftsthemen für junge Kunden – etwa der persönlichen Vorsorge – sieht es heute nicht besser aus. 

Künftig zählen Kundennähe und viel häufigere Interaktionen entlang des gesamten Lebenszyklus der Bankkunden. Dazu gehören eine ganzheitliche Beratung und regelmäßige Kundenkontakte, um das Kundenverständnis zu vertiefen, die Geschäftsbeziehung zu stärken und gezielt in der jeweiligen Lebensphase des Kunden zu beraten. Zum Beispiel zum richtigen Kontomodell oder zu Berufsunfähigkeit beim Einstieg in den Beruf. 

Drittes Handlungsfeld: Beratung und Vertrieb neu ausrichten 

Retailbanken müssen ihr Beratungs- und Vertriebsmodell neu ausrichten, denn der klassische Filialfokus ermöglicht die erforderliche höhere Kontakthäufigkeit nicht. Diese gelingt nur mit einem deutlichen Ausbau telefonischer und elektronischer Interaktionen, was auch den Erwartungen der jungen Kunden entspricht, denn 57 Prozent besuchen Filialen gar nicht mehr, oder höchstens einmal pro Jahr.

Viertes Handlungsfeld: Kostenstrukturen optimieren 

In Zeiten von Niedrigzins und supereffizienten digitalen Wettbewerbern sind niedrige Kosten entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen und VR-Banken. Dies wird bei fast allen Instituten ein entscheidendes Thema der kommenden Jahre sein, besonders dann, wenn die Prognose von Johannes-Jörg Riegler, dem Vorstandsvorsitzenden der Bayern LB, eintritt, und das Niedrigzinsumfeld die Institute noch mindestens bis ins Jahr 2020 begleiten wird. Nimmt man die effizientesten Filialbanken zum Vergleich, werden die Kostensenkungen bei den meisten traditionellen Geldhäusern weit über die "üblichen 20 Prozent" hinausgehen, sagt Riegler. 

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