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18.07.2013 | Bankstrategie | Interview | Online-Artikel

"Facebook und Co. sind bei Banken eher angebots- als nachfragegetrieben"

verfasst von: Barbara Bocks

3:30 Min. Lesedauer

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Mit Sven C. Schumacher, Partner bei der Unternehmensberatung h&z, sprach Springer für Professionals über die Ergebnisse einer europaweiten Studie seines Hauses zum Thema "Innovation in Financial Services" und erläutert, warum Innovation mittlerweile mehr als ein Modewort bei Banken und Versicherungen ist.

Springer für Professionals: Worauf sollten Banken ihre Ressourcen verwenden: Innovation oder Kosteneffizienz und warum?

Schumacher: Die Ergebnisse unserer pan-europäischen Studie zum Thema Innovation zeigen, dass Banken mit Innovationen aktuell vorrangig die Kundenloyalität steigern und ihre Mitarbeiter motivieren wollen. Nur 28 Prozent streben mit ihren Initiativen zuvorderst Effizienzgewinne an. Insgesamt sagen 86 Prozent der befragten Führungskräfte, dass Innovationen für die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens entscheidend seien. Dieses Ergebnis ist stark vom Marktumfeld beeinflusst, das für Banken und Versicherungen in den letzten fünf Jahren unbestreitbar dynamischer, volatiler und damit unberechenbarer geworden ist. Künftig werden sich diejenigen Unternehmen behaupten, die eine Innovationskultur entwickeln. Innovation muss dabei nicht zwangsläufig auf neue Produkte gerichtet sein – genauso können Prozessinnovationen nachhaltige Effizienzvorteile ermöglichen. Der Computerhersteller Dell hat das auf beeindruckende Art und Weise gezeigt.

In den Geschäftsberichten wird oftmals von Innovation gesprochen, obwohl Innovationsfähigkeit bei Banken keinen sichtbar positiven Beitrag zum Geschäftsergebnis leistet. Wie erklären Sie sich das?

Vor der Finanzkrise war das Verhalten der Unternehmen ziemlich einheitlich: Innovation war ein Modewort. Danach bildeten sich zwei Richtungen heraus: Institute, die den Begriff kaum noch verwenden, die „Kostenoptimierer“, und Institute, die den Begriff als inhaltliches Bekenntnis zu mehr Innovation verstärkt nutzen. h&z hat die Geschäftsberichte der Top 20 Banken und Versicherungen im deutschsprachigen Raum untersucht. Es zeigt sich, dass Banken mit dem Innovations-Begriff sehr offensiv umgehen. Es fehlt jedoch oftmals schlichtweg an einer Verankerung von Innovationen im Unternehmen und an einer Innovationskultur.

Ein Studienergebnis war, dass Kunden Investitionen der Institute in neue Produkte und Services nicht genügend wertschätzen. Sollen die Institute trotzdem weiterhin auf Innovation setzen?

Ja, aber nur, wenn sie den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Innovationen lohnen sich für Banken nur dann, wenn sie die Kundenbedürfnisse besser stillen und sie es richtig kommunizieren. Und genau hier lag und liegt das entscheidende Problem, und das, obwohl über 75 Prozent der befragten Kunden Transparenz und Verständlichkeit bei Produkten und Services schätzen. Entsprechend bieten sich hier große Chancen für eine erfolgreiche Positionierung und Differenzierung im Wettbewerb. 

Gibt es hierbei konkrete Unterschiede zwischen einzelnen Kundengruppen und Produkten?

Wichtig ist, dass sich das Innovationsmanagement eng mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetzt. So konnten sich damalige Innovationen wie Internet- und Mobile-Banking zu Standards in allen Kundengruppen entwickeln. Social Media-Angebote fristen hingegen ein Schattendasein – auch bei der jüngeren und vermeintlich affineren Generation. Facebook und Co. sind bei Banken und Versicherungen eher angebots- als nachfragegetrieben. Das müssen Institute bei der Gestaltung ihres Produkt- und Serviceangebots stärker berücksichtigen.

Haben Sie konkrete Empfehlungen, welche Abteilungen bei Banken Wert auf Innovation legen sollten und welche nicht und warum?

Erfolgreiche Innovationen erfordern eine offene Kommunikation und eine konsequente Vernetzung und Zusammenarbeit aller Funktionsbereiche. Es gibt keine Abteilung, die sich dem entziehen kann und sollte. Schließlich helfen Innovationen auch immer, sich vom Wettbewerb abzuheben. Beispielsweise betreffen Effizienzanstrengungen bezüglich der durch Basel III steigenden Eigenkapitalanforderungen alle Abteilungen inklusive IT und Produktentwicklung. Erfolgreiche Institute wie zum Beispiel Commerzbank oder Generali setzen explizit auf interdisziplinäre Innovationsteams oder Innovationsmanager, die die Vernetzung und Zusammenarbeit treiben und gestalten.

Wie können die Institute trotz Kostendruck Innovationen konkret in ihren Geschäftsprozessen umsetzen?

Kostendruck ist kein Argument gegen Prozessinnovationen, sondern ganz im Gegenteil ein Argument dafür. Durch Investition in effiziente Prozesse kann die Kostenstruktur entlastet und der Weg allgemein für Innovationen freigemacht werden. Besonders zentral für Banken ist dabei ihre Fähigkeit, IT-Systeme und Prozesse den sich ändernden Anforderungen rasch anzupassen, skalierbar zu sein und so neue Produkte und Services effizienter in der Organisation abzubilden.

Zur Person

Sven C. Schumacher ist Partner bei der Unternehmensberatung h&z. Er unterstützt Banken und Versicherungen in ihren Optimierungs- und Transformationsprojekten. Seine Beratungsexpertise liegt in der Organisations- und Strategieentwicklung, im Einkaufs- und Sachkostenmanagement sowie in der Prozessoptimierung von Shared Services.

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