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12.03.2019 | Bankstrategie | Kolumne | Online-Artikel

Die Bank der Zukunft rückt den Kunden ins Zentrum

verfasst von: Dr. Thomas Honold-Reichert

5 Min. Lesedauer

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Der Kunde stand im vergangenen Jahrzehnt den Banken eher im Weg als im Fokus. Doch nach einer Phase der Selbstbeschäftigung kann sich kein Institut mehr eine Nabelschau leisten, meint Kolumnist Thomas Honold-Reichert.

Die Banken mussten zunächst einmal die Finanzkrise verarbeiten und Digitalisierung, IT-Modernisierung sowie regulatorische Anforderungen bewältigen. „Der Kunde im Fokus“, muss und wird künftig das Leitmotiv sein, insbesondere bei den regionalen Instituten, also den Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Doch wo liegen die Probleme im Umdenken? Vertrieb, Produktion, Steuerung – dieses heute weitverbreitete Drei-Säulen-Modell ist ein System der Bankorientierung. Strukturen und Prozesse resultieren aus der Binnenperspektive. Am Ende stehen Angebote und Lösungen, die der Kunde kauft – möglicherweise.

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Viele Entscheidungen entspringen der Innensicht

Datenschutz und Regulatorik nehmen so viel Raum ein, dass sie kaum noch Platz für die Suche nach dem Kundennutzen lassen. Auch die Idee, Kunden nach bestimmten Kriterien wie Vermögen aufzuteilen und die Marktprozesse daran auszurichten, entspringt dieser Innensicht und funktioniert heute nicht mehr. Da Leistungen wie zum Beispiel Kredite zunehmend austauschbar sind, müssen die Geschäftsmodelle der Zukunft den Kunden und seinen Bedarf in den Mittelpunkt stellen und seine Lebenssituation genau erfassen und darauf eingehen.

Wird die Drei-Säulen-Bank in die duale Bank der Zukunft transformiert, geht es im Wesentlichen darum, das System der Bankorientierung in ein System der Kundenzentrierung umzuwandeln. Zum Grundbedarf zählen zum Beispiel Zahlungsverkehr, Schnellkredit oder einfache Sparprodukte. Beim Individualbedarf handelt es sich um größere Finanzierungen und Anlage- oder Vorsorgestrategien. Im Omnikanal-Management von morgen typisiert oder segmentiert der Algorithmus nicht die Kunden, sondern differenziert nach Komplexität im Sinne von Lösungswegen. So löst das digital oder telefonisch erreichbare Kunden-Servicecenter der Zukunft Anforderungen des Grundbedarfs schnell und kundenorientiert. Im Individualgeschäft beantworten die Bankmitarbeiter in individuellen Gesprächen komplexe Fragen und bieten Lösungen an – auch mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Denn: Die Digitalisierung ist in diesem Umfeld nicht Auslöser der Veränderung, sondern Lösungsgeber.

Sparkassen und Genossen müssen Vertrauensvorschuss nutzen

Das nun schon viele Jahre bestehende Niedrigzinsumfeld verfestigt sich, die Margen und Erträge aus dem Zinsgeschäft geben Bankern auch auf lange Sicht keinen Grund zur Freude. Außerdem fallen durch die fortschreitende Digitalisierung sowie den enormen Innovationswettbewerb durch Fintechs und Plattformbetreiber auch andere Geschäftsfelder wie etwa der Zahlungsverkehr als klassische Ertragsquellen weg. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen sich daher fragen: Was sind unsere eigentlichen Wettbewerbsvorteile und was können wir besser als Fintechs? Was für Angebote jenseits des klassischen Bankings können wir für die duale Bank 4.0 entwickeln? Wenn sie darauf konkrete Antworten finden, ist die Bank ohne Zinsgeschäft keine Vision mehr.

Die vielen erfolgreichen Fintechs und Startups bieten einen bestimmten Service, der die Lösung auf von ihnen erkannte Probleme der Kunden ist. Diesen Ansatz können auch die etablierten Banken, Sparkassen und VR-Banken nutzen, wenn sie sich darauf besinnen, dass sie zum einen den Zugang zum Kunden mit allen dazugehörenden Daten haben und zum anderen einen Vertrauensvorschuss genießen, wenn es um die Nutzung dieser geht.

Bank 4.0 tritt als Mittler auf

Der erste Transformationsschritt zur dualen Bank ist eine Optimierung des bestehenden Drei-Säulen-Geschäftsmodells. Dabei treiben die Verantwortlichen den Digitalisierungsgrad so weit wie möglich nach oben. Das Kunden-Dialog-Center nutzt diese neuen Möglichkeiten und erhält Kundenverantwortung. Der Grundbedarf des Kunden wird komplett multimedial und auch mittels künstlicher Intelligenz befriedigt. Die digitalen Goldminen von morgen sind Schnittstellen und regionale Ökosysteme, in denen Dienstleister, Handel, Firmen, Behörden und Wettbewerber miteinander agieren. Die duale Bank 4.0 tritt als Mittler auf und erschließt sich so neue Ertragsfelder. Sie bringt auf lokaler und regionaler Ebene Nachfrager und Anbieter zusammen – etwa auf einer Plattform für Immobilien oder Handwerkerleistungen. Sie profitiert dabei von ihrer tiefen Marktkenntnis, der guten Vernetzung mit den Institutionen und Unternehmen vor Ort sowie einer breiten Kundenbasis.  

Die Institute 4.0 eröffnen den Kunden ein exzellentes, da effizientes und qualitativ hochwertiges Kauferlebnis. Außerdem ermöglicht sie Beratungen, die zum Ziel haben, die Kunden in ihrem Lebenszyklus vom ersten Konto über den Berufsstart und die Ausbildung der Kinder bis zur Altersvorsorge zu begleiten. Bei den künftigen Ertragsmodellen außerhalb des Zinsgeschäftes nutzen die Geldhäuser ihre ausgezeichnete Datenbasis, um den Kunden passgenaue Angebote zu machen. So bieten einzelne Banken bereits heute Dienste rund um das Thema Immobilie an. Diese haben mit dem klassischen Bankgeschäft nichts mehr zu tun, knüpfen aber zum Beispiel an die Hypothekenfinanzierung an.  Zusätzlich gibt es umfassende Versicherungspakete oder auch ein Leistungsportfolio um die Immobilienverwaltung, das bis hin zum Hausmeisterservice reicht. Manche Häuser vermitteln seit der Liberalisierung des Strommarkts entsprechende Verträge. Neu Leistungsfelder könnten die Kinder- und Altenbetreuung sowie die Nachlassorganisation sein,  aber auch Plattformen, die die Menschen in der Region vernetzen.

Regionale Banken sollten Fusionen ins Auge fassen  

Zudem müssen Banken über mögliche Fusionen und deren Management nachdenken. Große Institute bewältigen die Herausforderungen zum Beispiel in den Bereichen Datenschutz und Regulierung wesentlich besser als kleine. Letztere sollten sich daher ihre Kostenstruktur genau anschauen und prüfen, ob ein Zusammengehen mit einer anderen Bank aus der Region sinnvoll wäre. In jedem Geldhaus mit einer Bilanzsumme unter einer Milliarde Euro müssen sich die Verantwortlichen solche Gedanken machen. Ist die Fusion beschlossen, stellt zum Beispiel der Aspekt der Technologie keine große Herausforderung dar. Die IT-Landschaft in den einzelnen Finanzinstituten ähnelt sich mittlerweile sehr. Was es bei der Organisation des Zusammenschlusses jedoch unbedingt zu beachten gilt, sind die unterschiedlichen Unternehmenskulturen, Entscheidungsprozesse und Verhaltensweisen. Zusammenschlüsse müssen nicht nur gut geplant, sondern auf allen Ebenen gut gestaltet und moderiert werden.

Fazit: Die Bank der Zukunft muss sich zu einem Finanzinstitut wandeln, das sich gänzlich auf den Kunden fokussiert. Dies gelingt unter anderem, indem sie sich als lokale oder regionale Plattform für Dienstleistungen versteht. Ihr gelingt so, das eigene Profil im Vergleich mit den Fintechs zu schärfen und neue Ertragsmodelle zu finden.

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