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09.07.2020 | Bankstrategie | Interview | Online-Artikel

"Transfer in die erlebte Führungspraxis muss Banken gelingen"

verfasst von: Stefanie Hüthig, Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Alfred Burkart

ist geschäftsführender Gesellschafter der Personalberatungsgesellschaft SWK GmbH & Co. KG in Bad Homburg.

Banken und Sparkassen brauchen eine zeitgemäße Führung. Das gilt nicht nur, weil Mitarbeiter in der Krise Kunden vom Homeoffice aus betreuen müssen. Wie die neue Arbeitskultur die Führung verändert, erklärt Springer-Autor Alfred Burkart im Interview.

Mit guter Führung beschäftigen sich Manager aus vielen Branchen. Warum ist das Thema für die Banken so besonders?

Der Umbruch, den die Finanzbranche bereits seit Jahren erlebt, ist immens. Die sich vor einigen Jahren in Folge der Finanzkrise abzeichnenden Einschnitte und Veränderungen wirken sich aktuell ungebremst auf das Geschäftsmodell und damit auch auf die Mitarbeiter aus. Veränderungen stellen nicht mehr die Ausnahme dar oder vollziehen sich schleichend. Sie schlagen gerade mit voller Wucht durch und verlangen vom Einzelnen eine schnelle Anpassungsfähigkeit. Führung fungiert dabei als Transmitter und Befähiger und ist in Zeiten von Unsicherheit und Instabilität von zentraler Bedeutung.

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Wirksame Führung in Banken und Sparkassen

Dieses Buch gibt einen kompakten Überblick über aktuelle und künftige Ansätze von Führung und die damit verbundenen Herausforderungen in Banken und Sparkassen. Es werden die Wirkungszusammenhänge von unternehmensinternen Rahmenbedingungen und der Persönlichkeit der Führungskraft in einem sich schnell wandelnden Umfeld (be-)greifbar gemacht und neue Führungsansätze kritisch hinterfragt.

Welche speziellen Faktoren beeinflussen die Führung in Finanzinstituten?

Der wesentlichste Faktor ist ausgerechnet eine langjährig erlebte Solidität und Stabilität der Geschäftsmodellentwicklung der Finanzinstitute. War dies in früheren Zeiten positiv, bremst sich dadurch aktuell die notwendige Entwicklungsgeschwindigkeit. In Teilen loszulassen, was bisher immer funktioniert hat und neue, unsichere Wege zu gehen, fällt einzelnen Instituten und den darin arbeitenden Menschen schwer. Die aktuell erforderliche Lern- und Veränderungsgeschwindigkeit ist wesentlich höher als der dem gegenüberstehende Veränderungswille und an vielen Stellen auch die damit verbundene -möglichkeit.

Was bedeutet das für die Führungskräfte in den Geldhäusern? Wie lassen sich Bankmanager konkret in eine bestimmte Richtung entwickeln?

Sie müssen sich ebenfalls mitentwickeln. Sie müssen bereit sein, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich unter Umständen auf neues Führungsterrain bewegen. Die aktuellen Erkenntnisse der Gehirnforschung gehen von einer an der Biografie orientierten Entwicklung der Führungskräfte aus. Passende Lernmethoden sollen eine Reflexion beim Einzelnen anregen oder eine Verknüpfung von Lerninhalten mit biografischen Erfahrungen erleichtern. Der Transfer in eine individuelle Erfahrung und die erlebte Führungspraxis muss gelingen, damit sich Routinen herausbilden. Auch dem Lernen durch Motivation wird eine entscheidende Bedeutung beigemessen. Kennt man die Motivstrukturen von Führungskräften kann über eine Belohnung der Hauptmotive eine Verhaltensänderung erzielt werden.

Führung ist auch immer an die Unternehmenskultur geknüpft. Passt diese immer zum neuen Führungsverständnis? Wie sehen Ihre Erfahrungen aus der Beratungspraxis aus?

Die Strategie des Finanzinstitutes und dessen Unternehmenskultur müssen Hand in Hand gehen, denn die Kultur trägt die Strategieumsetzung über das täglich erlebte Handeln aller im Haus. Die hierzu passende Führung leitet sich aus beidem ab, nicht umgekehrt, wie es sich häufig in der Praxis beobachten lässt. Einem sich Klarwerden über ein realistisches Zielbild geht oft der Schritt voraus, losgelöst davon neue Führungspraktiken umsetzen zu wollen, die dann ihre Wirkung verfehlen. Ein Beispiel: Wenn Führung mehr Verantwortung und eine höhere Flexibilität auf der Mitarbeiterebene einfordert, Entscheidungen auf der Managementeben aber unbegründet hinausgezogen oder nicht nachvollziehbar oder gar nicht getroffen werden, gerät Führung schnell zum zahnlosen Tiger.

Was heißt das konkret für die Arbeitnehmer einer Bank?

Mitarbeiter spüren recht schnell, ob Denken, Reden und Handeln in ihrer Bank oder Sparkasse miteinander im Einklang stehen. Häufig existiert keine durchgängige Konsequenzkultur. Führungskräfte aber wollen Veränderungen, neben einzelnen Fördermaßnahmen, mit dem erforderlichen Nachdruck anstoßen. Gelingt dies nicht, bleiben darauffolgende, personalpolitische Maßnahmen oft, aus Angst Unruhe ins Haus zu tragen, aus. Infolge dessen werden Konsequenzen nicht erlebbar und Führung wird ihre Wirksamkeit entzogen.

Welche neuen Anforderungen stellt die Corona-Pandemie an Führungskräfte in Banken und Sparkassen?

Die Corona-Pandemie hat vor allem deutlich gemacht, wie wichtig Nähe zu den Mitarbeitern ist. Gerade bei Führung auf Distanz, wenn zahlreiche Kollegen mobil von zu Hause aus arbeiten, werden im Vergleich zum Präsenzkontakt Kommunikation und ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen noch wichtiger. Auch steht das Prinzip Selbstverantwortung noch mehr im Mittelpunkt des täglichen Miteinanders. Diese Faktoren wirken aber zusammen.

Haben Sie hierfür ein Beispiel?

In vielen Häusern war die Verunsicherung, vor allem im Kontakt mit dem Kunden auf den Filialen, deutlich spürbar. Dort wo Führung keinen klaren Orientierungsrahmen schuf, agierten die Mitarbeiter zwar nach eigenem Ermessen, aber aus Angst vor Ansteckung leider nicht immer adäquat. Darauffolgende Drohgebärden aus der Ferne zeigten, wie hilflos Führung diesen Verunsicherungen oftmals gegenüberstand. Einerseits hat uns die Krise gelehrt, dass Mitarbeiter durchaus in der Lage sind, ihren Arbeitsalltag aus der Ferne eigenverantwortlich zu gestalten. Andererseits hat sich gezeigt, wie schwierig es für Führungskräfte in Banken und Sparkassen sein kann, Vertrauen auf Distanz aufzubauen beziehungsweise aufrechtzuerhalten.

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