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12.04.2019 | Bankstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Eine Bankfusion führt nicht zwingend zu neuer Markenstärke

verfasst von: Barbara Bocks

4 Min. Lesedauer

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Seit die Deutscher Bank und die Commerzbank über eine mögliche Fusion sprechen, gibt es immer wieder Gerüchte über mögliche andere Partner aus dem In- und Ausland. Was bedeutet das für die Markenidentität beider Institute? 

Mit Fusionsverhandlungen der Commerzbank und Deutschen Bank hätte vor Jahren wohl keiner gerechnet. Selten sind Experten so überrascht und wenig begeistert. Das ist allerdings auch kein Wunder angesichts bisheriger Fusionen und der nachfolgenden Probleme, wie etwa bei Commerzbank und Dresdner Bank im Jahr 2009 oder der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank.

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Konsolidierung als Antwort auf steigenden Ertrags- und Kostendruck im Bankgeschäft?

Deutsche Banken beklagen seit vielen Jahren den steigenden Ertrags- und Kostendruck und das daraus resultierende hohe Verhältnis von Kosten zu Erträgen. Damit verbunden ist eine relativ niedrige Eigenkapitalrendite.

Zu welchem Ergebnis die Chefs der beiden Institute Ende April gelangen, darüber lässt sich nur spekulieren. Fakt ist jedoch, dass beide Geldinstitute aktuell unter zu hohen Kosten und zu geringer Profitabilität leiden. "Dafür gibt es strukturelle und hausgemachte Gründe", sagt Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance am House of Finance an der Goethe-Universität. Beide müssen ihm zufolge verstärkt in die Digitalisierung investieren, um in eine Vorreiterrolle zu kommen. Die fusionierte Bank muss laut Hackethal

  • die immense Komplexität des Zusammenschlusses bewältigen, 
  • massiv Kosten reduzieren und gleichzeitig 
  • ein tragfähiges Geschäftsmodell aufbauen, das gegen große Technologiefirmen und kleine Fintechs besteht. 

Märkte sind unsicher bei Geschäftsmodellen

"Nullzinsen, Regulierungskosten und der anhaltende harte Wettbewerb mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Heimatmarkt bei schier unentwirrbaren IT-Systemen und Belegschaften, die zum Teil noch in traditionellen Bankenkulturen verhaftet sind, engen die Spielräume für das Management heute deutlich ein", ist der Bankenexperte überzeugt. Die aus seiner Sicht "unerhört niedrigen Bewertungen beider Banken spiegeln nicht nur jene Probleme wieder, sondern sind auch Ausdruck der Ratlosigkeit der Märkte selbst, wie die Geschäftsmodelle repariert werden können".

Die Commerzbank ist aus Sicht der Börsianer mitunter ein Institut, das in den vergangenen Jahren seine Ziele verfehlt hat. So kommentiert Jochen Schmitt, Analyst beim Bankhaus Metzler, die Wahrnehmung der Börse in dem Artikel "Die Sanierung wird sichtbar" (Seite 23) in der aktuellen April-Ausgabe von Bankmagazin. Selbst wenn die Eigenkapitalrendite auf sechs Prozent steigen sollte, würden Börsen-Experten das Geldhaus nicht mehr als sonderlich profitabel einstufen. Zu diesem Ergebnis kommt Bankmagazin-Autor Jan F. Wagner in seinem Beitrag.

Ausländischer Partner benötigt viel Kapital und Zeit

Ob eine starke Auslandsbank wie die Unicredit oder UBS eine gute Option für eine der beiden Banken wäre, sieht Hackethal kritisch. "Unabhängig davon, wer der neue starke Partner aus dem Ausland an der Seite eines des Institute sein würde, er müsste sein Geschäftsmodell nach Adaption auf den deutschen Markt rigoros auf Deutsche Bank beziehungsweise Commerzbank ausrollen", argumentiert der Professor der Goethe-Universität Frankfurt am Main. "Hierzu ist viel Kapital und ein langer Atem notwendig, auch weil grenzüberschreitende Deals regulatorisch noch komplizierter sind", erklärt er gegenüber Springer Professional. Auch müsste eine Auslandsbank der Befürchtung entgegenwirken, dass sie in kommenden Krisen in Deutschland ihre Kreditengagements zurückfährt, weil der Heimatmarkt höher priorisiert wird. 

Sollte es tatsächlich zu einer Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank kommen, müsste das neugeformte Institut laut Hackethal auch nach der Fusion weiterhin neue Kunden gewinnen und bestehendes Geschäft halten. "Das wird herausfordernd bei Kunden, die sich vormals gezielt gegen einen der beiden Partner entschieden hatten und auch bei Firmenkunden, die aus Wettbewerbsgründen zu beiden Banken separat Geschäftsbeziehungen unterhielten und nun einen neuen Ausweichpartner benötigen", gibt er zu bedenken.

Markenidentität kann leiden

Folgen hat ein solcher Zusammenschluss auch für die Markenindentität. "Ein Zusammenschluss zweier Unternehmen ist für Kunden immer mit Unsicherheit verbunden und birgt die Gefahr, sich zunächst negativ auf die Wahrnehmung der Unternehmen auszuwirken, insbesondere, wenn der Zusammenschluss mit Entlassungen und Standortschließungen einhergeht", sagt Philipp Schneider, Head of Marketing bei Yougov Deutschland. Das sehe man beispielsweise am jüngsten Beispiel von Kaufhof und Karstadt. "Beide Unternehmen zeigten nach Bekanntwerden der fusionsbedingten Entlassungen eine Delle in der öffentlichen Wahrnehmung", so Schneider. Um Vertrauen und Zufriedenheit der Kunden zu steigern sei es sinnvoll, Vorteile des Zusammenschlusses für die Kunden nicht nur deutlich und über einen längeren Zeitraum zu kommunizieren, sondern sie auch erlebbar zu machen.

Bei den Privatkunden der Deutschen Bank und Commerzbank geht die Zufriedenheit bereits jetzt weit auseinander. Zu diesem Ergebnis kommt Schneider, der am 5. April den "Markentracker YouGov BrandIndex" analysiert hat. "Drei von fünf Commerzbank-Kunden sind mit dem Kreditinstitut zufrieden. Im Fall der Deutschen Bank sagt dies gegenwärtig nur ein Drittel der Privatkunden", so Schneider gegenüber Springer Professional. Auch mit einem Image-Score von 44,9 liegt die Commerzbank bei ihren Kunden Schneider zufolge deutlich vor der Deutschen Bank, deren Kunden sie mit 18,8 bewerten. Beide sind jedoch weit entfernt von Instituten wie der Direktbank ING. Deren Image-Score liegt laut dem Index am 5. April bei 71,8.

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