Beim Thema Nachhaltigkeit haben britische Banken laut einer internationalen Großbanken-Studie die Nase vorn. Die Commerzbank und die Deutsche Bank landeten nur in der Kategrie "Grüne Produkte" auf dem Siegertreppchen. Deutsche Regionalbanken setzen hingegen auf kreative Projekte und Ideen.
Das von Alvarez & Marsal (A&M) im Oktober veröffentlichte Green-Pace-Ranking hat die Geschäftsmodelle 25 führender europäischer und nordamerikanischer Banken auf ihre Nachhaltigkeit hin unter die Lupe genommen. Die Analyse weist drei britische Institute als Gesamtsieger aus. Platz eins belegt die Natwest Group, ehemals Royal Bank of Scotland, gefolgt von Barclays auf Rang zwei und HSBC als dritte Bank im Bunde. Von den beiden deutschen Finanzkonzernen im Ranking landet die Commerzbank auf Rang elf. Ihr folgt die Deutsche Bank auf Platz zwölf.
Die Kategorien im Überblick:
- Im Kompetenzbereich Grüne Produkte, für den die Studienautoren eine breite Palette nachhaltiger Finanzprodukte inklusive Anleihen, Darlehen und Derivate positiv bewerteten, hat die Commerzbank vor der Deutschen Bank den Spitzenplatz erklommen. Das Geldhaus habe ihr Ziel für nachhaltige Finanzierungen auf 80 Prozent der Bilanzsumme bis 2030 festgelegt. Das sei der höchste Wert innerhalb der Branche, heißt es zur Begründung. Aktuell habe das Institut bereits 65 Prozent ihres Ziels für 2025 erreicht. A&M zufolge haben sich die 25 untersuchten Banken verpflichtet, bis 2030 rund 13 Billionen Euro in nachhaltige Finanzprodukte zu investieren. Dies entspreche 37 Prozent der gesamten Bilanzsumme oder 15 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP).
- Bei der Ausrichtung auf Netto-Null haben die Studienautoren ein Benchmarking durchgeführt, dass die Anzahl der Portfolios, die Abdeckung der Vermögenswerte, die Datenqualität und die internen Instrumente einschließt. Das Ergebnis: Die meisten Banken haben sich verpflichtet, die Finanzierung von Kohle innerhalb der EU beziehungsweise in der OECD bis 2030 und weltweit bis 2040 auslaufen zu lassen. Einige Banken wollen sogar früher aussteigen. Hier schnitt die ING als bestes Institut ab. „Der Ansatz der Bank zur Steuerung des Terra-Netto-Null-Kreditportfolios war bei seiner Einführung im Jahr 2020 wegweisend“, heißt es in dem Report. Er umfasse detaillierte Ziele für neun Sektoren, Dashboards zur Klimaausrichtung, Sektorausblicke, Steuerungsmaßnahmen und Möglichkeiten der Kundenberatung. Die Deutsche Bank erreichte in diesem Bereich Platz fünf.
- In Sachen Kundenorientierung und Einblicke legten die Studienherausgeber Wert auf maßgeschneiderte Angebote, für die Banken die Bedürfnisse ihrer Kunden kennen müssen. Hierzu wurden unter anderem die Instrumente zum Tracking des Kohlenstoffausstoßes sowie die den Kunden zur Verfügung gestellten Analysen und Aktionspläne für die Umstellung bewertet. In diesem Bereich belegt die Lloyds Bank den Spitzenplatz. "Die Bank hat mehr als sechs Analysetools für die Transition ihrer Kunden implementiert, um dadurch verschiedenen Kundensegmenten bei ihren jeweiligen Transformationsplänen zu helfen", heißt es hierzu in der Analyse.
- Letztlich blickte die Studie noch auf die Umsetzung der Transition, für die zum Beispiel Climate-Tech-Investitionen, innovative Joint Ventures und digitale Plattformen ausgewertet wurden. In diesem Segment überzeugte die Crédit Agricole aufgrund ihrer Investitionen in ESG-Marktplätze die Studienautoren am meisten. Das französische Institut bietet Plattformen für Hausbesitzer, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Landwirte, um diese bei der nachhaltigen Renovierung, der Umstellung auf eine Netto-Null-Lösung oder der Entwicklung von Techniken zur Kohlenstoffabscheidung zu unterstützen.
"International führende Banken haben erkannt, dass der Übergang zu Netto-Null eine riesige Geschäftsmöglichkeit darstellt", sagt A&M-Director Niklas Leibecke. "Wir beobachten, dass immer mehr Finanzinstitute Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Aktivitäten stellen. Nachhaltige Bankstrategien entwickeln sich von regulatorischen und compliance-bedingten Strategien hin zu einer breiteren Palette von Initiativen. Diese können neue Einnahmequellen und innovative Lösungen für Kunden bieten."
Regionalbanken brauchen pfiffige Ideen
Während die großen Banken an umfassenden Strategien für nachhaltige Geschäftsmodelle arbeiten, haben es kleine, regional aufgestellte Banken in Deutschland deutlich schwerer, neben vielen anderen Herausforderungen auch den ökologischen Wandel zu stemmen. Für sie ist bereits die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts mitunter eine Mammutaufgabe. Mit welchen kreativen Ideen es ihnen dennoch gelingen kann, erläutert Bankmagazin-Autor Michael Sudahl in der Oktober-Ausgabe. Dort beschreibt der Wirtschaftsjournalist Projekte, mit denen Regionalbanken in Deutschland grüner werden wollen.
So sorge zum Beispiel die VReG, ein Zusammenschluss dreier Volksbanken nördlich von Hamburg, seit 2019 dafür, dass in ihrem Einzugsgebiet neue Blühwiesen für Insekten entstehen. Die erst kürzlich fusionierte Flächenbank, die sich über sieben Regionen von Itzehoe bis Ratzeburg erstreckt, beschäftigt derzeit knapp 500 Menschen. Ihre Bilanzsumme liegt bei vier Milliarden Euro.
Sparkasse Hannover in der Vorreiterrolle
"Die Sparkasse Hannover hat Nachhaltigkeit seit 2009 in der Unternehmensstrategie verankert und arbeitet seitdem daran, ihre Finanzdienstleistungen klimaneutral anzubieten", berichtet der Autor. Petra Tute, Nachhaltigkeitsmanagerin der Sparkasse, habe als erste in Deutschland 2013 den Deutschen Nachhaltigkeitskodex unterzeichnet. Das Geldhaus war mit seiner Entsprechenserklärung für das Geschäftsjahr 2012 ebenfalls Vorreiter. "Heute, zehn Jahre später, ist die Sparkasse wieder die erste im Land, die ein Nachhaltigkeitsrating erstellen lässt. Hier fließen Klimaschutzaspekte aus allen Bereichen ein. Mit der Emission eines ersten grünen Pfandbriefs hat die Bank voriges Jahr etwa ihr Portfolio erweitert", schreibt Sudahl.
Wie das Hannoveraner Institut setzt auch die kleinere VR-Bank Westmünsterland mit einer Bilanzsumme von 3,4 Milliarden Euro und 360 Mitarbeitenden auf öffentliche Ladestationen, um grüner zu weden. "In den kommenden Jahren sollen 59 davon an acht Standorten installiert werden, komplett betrieben mit Ökostrom", so der Autor.
Keine Transformation ohne Dienstleister
Allerdings schaffen die Regionalbanken die ökologische Transformation nicht ohne ihre Dienstleister, wie etwa der Finanz Informatik (FI) der Sparkassen-Gruppe oder der Atruvia als genossenschaftliches Pendant. "Wer also nach CO2 - Reduktion in der Finanzindustrie fragt, sollte schauen, wie die Datendienstleister agieren", schreibt Sudahl. Diese setzen dem Autor zufolge unter anderem auf Photovoltaik und Ökostrom in ihren Rechenzentren, emissionsärmere Dienstreisen und transparentere Lieferketten.