In einer Studie beleuchtet die Helaba die personellen Trends am Finanzplatz Frankfurt. Der Report schildert nicht nur die Herausforderungen des Fachkräftemangels, sondern hält auch Lösungsansätze bereit, um junge Talente zu gewinnen und gezielt mehr Qualifikationsmöglichkeiten zu schaffen.
Personalmanagement ist auch Risikomanagement - allen voran für Banken. "Die quantitative und qualitative Personalausstattung des Instituts hat sich insbesondere an betriebsinternen Erfordernissen, den Geschäftsaktivitäten sowie der Risikosituation zu orientieren", heißt es in den Erläuterungen zu MaRisk der Finanzaufsicht Bafin. Das verlangt von den Geldhäusern "Qualität und Erfahrung von Stelleninhabern und deren Vertretern sowie die Quantität des Personals im Blick zu behalten", wie es Gabriele Herdin, Coach und Beraterin für den Bereich Personal, in der Zeitschrift "Bankmagazin" formuliert.
Laut der Anfang Oktober veröffentlichten Studie der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) waren in den Frankfurter Banken im ersten Quartal 2024 rund 70.700 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ist ein Plus von fast drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit arbeiten elf Prozent der Bankangestellten in der Mainmetropole. Deutschlandweit sind die Personalzahlen in den Instituten allerdings rückläufig und Städte wie München, Berlin oder Düsseldorf liegen deutlich zurück.
Frankfurt hat vom Brexit profitiert
Dabei hat Frankfurt nach Aussage der Helaba-Experten vom Ausstieg Großbritanniens profitiert: Der Brexit hat seine Stellung als europäisches Finanzzentrum gestärkt, insbesondere durch die Ansiedlung ausländischer Banken. "Ausländische Institute tragen maßgeblich zur Entwicklung des deutschen Finanzzentrums bei und viele agieren von hier auch in nahe gelegenen Ländern", heißt es in dem Report. So hat die Stadt gezielte Maßnahmen eingeleitet, um ihre Attraktivität weiter zu steigern. Hierzu gehören die Reform der Ausländerbehörde sowie die Eröffnung eines Welcome Centers im Herbst 2024.
Dennoch gibt es zahlreiche Herausforderungen im Personalbereich: Der demografische Wandel führt zu einem zunehmenden Fachkräftemangel. Es scheiden nicht nur Mitarbeiter der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt aus. Auch gibt es weniger Nachwuchs. Die Sparkassen erwarten bis 2034 etwa 45.000 Rentenabgänge, und die Landesbanken schätzen, dass zehn bis 30 Prozent ihrer Belegschaft in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen werden. Besonders gefragt sind hochqualifizierte Arbeitskräfte in Bereichen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Regulierung.
Banken nutzen vielfältige Personalstrategien
Um im harten Wettbewerb um die heiß begehrten Spezialisten zu punkten, setzen Banken der Analyse zufolge auf moderne Recruiting-Strategien, inklusive direktem Kontakt zu Schulen und Universitäten, Praktika, Werkstudenten und dualen Studiengängen.
Laut Gabriele Herdin tun sich dennoch immer wieder blinde Flecken auf, wenn es um die Risikofelder im Personalmanagement der Banken und Sparkassen geht:
Für die Risikosteuerung Personal ist es sinnvoll, verantwortliche Personen, insbesondere Führungskräfte als einflussreichste Gruppe, beobachtungs- und handlungsfähig zu machen. Checklisten je Risikoklasse mit Lösungs- und Anspracheideen fördern das Risikobewusstsein und infolgedessen den Gleichklang im Umgang mit Risiken", rät die Expertin.
Risikolücken und Gegenmaßnahmen
Institute und ihre Führungskräfte sollte offen darüber diskutieren,
- wodurch Personalrisiken entstehen und was Identifizierungs- und Lösungsmöglichkeiten sind,
- ob im eigenen Bereich Tendenzen zu erkennen sind, dass jemand wechseln oder kündigen möchte,
- wie die Personalbedarfsplanung im eigenen Aufgabenfeld für die kommenden Jahre aussieht,
- wie viel Ungeplantes in den vergangenen Jahren passierte und was sich daraus ableiten lässt,
- ob es Überbelastungen bei Personen gibt, die zu einem Ausfall führen können und wie und woran Überbelastungen zu erkennen sind,
- welche Kompetenzen in der kommenden Zeit gebraucht werden, auf die geschult werden muss und
- ob bestimmte Kompetenzen demnächst überholt sein werden und andere dafür weiterzuentwickeln sind.
Wie passende Maßnahmen für die jeweiligen Risiken aussehen, zeigt Personalexpertin Herdin in nachfolgendendem Schema:
Zahl der Bankazubis steigt wieder
Viele Frankfurter Geldhäuser setzen bei ihrer Personalplanung auf den Nachwuchs, wie die Helaba-Studie feststellt. Rund 1.000 Bankazubis zählten die Studienautoren am Finanzplatz Frankfurt Anfang 2024. Die Landesbank selbst plant, den Anteil junger Beschäftigter im Alter von unter 30 Jahren bis 2030 auf mindestens zehn Prozent auszuweiten.
In Deutschland absolvierten 2023 gemäß DIHK-Daten fast 21.700 Personen eine klassische Bank-Ausbildung. Das sind gut 600 mehr als im Vorjahr. Tendenziell sei diese Anzahl in den vergangenen Jahren jedoch rückläufig, schränken die Helaba-Experten ein. Zusätzlich gibt es mittlerweile noch einige spezielle Ausbildungswege bei Banken und Sparkassen. Ihr Schwerpunkt liegt beispielsweise auf dem Digitalisierungsmanagement oder dem Bereich E-Commerce. Hinzu kommen duale Studiengänge und Trainee-Programme, wie nachstehender Überblick zeigt:
Akademische Ausbildung rückt in den Fokus
Insbesondere aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach Fachkräften in Bereichen wie Nachhaltigkeit und Regulatorik hat die akademische Ausbildung eine wachsende Bedeutung. In Frankfurt sind an der Goethe-Universität und der Frankfurt School of Finance & Management rund 9.200 Studierende im Bereich Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben. Letztere bietet neben grundlegenden Studienprogrammen auch einige spezielle Abschlüsse. Hierzu gehören der Master of Leadership in Sustainable Finance, der Master in Applied Data Science oder der Master of EU Banking & Financial Regulation.
Eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Finanzbranche soll laut Helaba-Report einen besseren Austausch von Wissen und die Schaffung spezialisierter Qualifikationsmöglichkeiten fördern.
"Ebenso positiv würde sich eine engere Zusammenarbeit des Wissenschaftsstandortes Frankfurt mit hiesigen finanzbezogenen Institutionen auswirken. Schließlich kann der Finanzplatz mit einigen namhaften Institutionen aufwarten - sei es in puncto Geldpolitik, Aufsicht, Regulierung oder auch Nachhaltigkeit und Geldwäsche", so die Landesbank. So eröffnet Anfang 2025 die neue EU-Behörde Anti-Money Laundering Authority (AMLA) ihre Pforten in Frankfurt. Zum Start der direkten Institutsaufsicht Anfang 2028 sollen dort rund 430 Beschäftigte ihren Dienst verrichten.
Technologische Entwicklungen entlasten bei fehlendem Personal
Der Fachkräftemangel lasse sich zwar nicht "wegdigitalisieren, aber zumindest abfedern". So sorge die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Banken und Sparkassen für Effizienzgewinnen sowie Innovationen. Bei administrativen Abläufen oder Vorlagen bleibe mehr Zeit für komplexere Aufgaben.
Da aktuell unterschiedliche KI-Anwendungsfälle in den Instituten konzipiert und umgesetzt werden, bestehe eine hohe Nachfrage nach entsprechend qualifizierten Beschäftigten "und womöglich ergibt sich mittelfristig neben Produktivitätszuwächsen auch eine gewisse Entlastung auf dem Arbeitsmarkt".
Beschäftigtenanstieg wird sich demografisch bedingt verlangsamen
Insgesamt rechnet die Helaba bis Ende 2025 mit einem weiteren Anstieg der Bankbeschäftigung in Frankfurt um vier Prozent auf rund 73.500 Mitarbeitende. "Dies würde etwa 2.800 neue Arbeitsplätze bedeuten", heißt es in dem Report. Allerdings werde die demografischen Entwicklung das Wachstumstempo in den kommenden Jahren voraussichtlich abbremsen. Deshalb müsse der Finanzplatz langfristig seine intellektuelle Infrastruktur ausbauen und mehr Qualifikationsmöglichkeiten in wichtigen Zukunftsfeldern schaffe - etwa in den Bereichen Sustainable Finance und Geldwäschebekämpfung.
Auch innovative Rekrutierungsstrategien, flexible Arbeitsmodelle und die Förderung einer diversifizierten Altersstruktur sind den Ökonomen zufolge weitere wichtige Faktoren, um den Fachkräftemangel abzumildern.