Trotz Beratungsprotokoll läuft die Bankberatung noch nicht rund.
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An die gesetzliche Einführung des Beratungsprotokolls vor vier Jahren waren hohe Erwartungen geknüpft: Die Bankberatung sollte sich verbessern und Anlageempfehlungen transparenter machen. Doch Kleinanleger könnten dabei künftig zu kurz kommen.
Knapp 60 Prozent der Bundesbürger sind skeptisch in Sachen Beratungsprotokoll der Banken, wie eine repräsentative Befragung der Unternehmensberatung Cofinpro bei 1.000 Bundesbürgern jetzt festgestellt hat. Danach befürchten 62 Prozent der Befragten, dass Kreditinstitute aus Furcht vor dem bürokratischen Aufwand vor allem Anlagen empfehlen, die kein aufwändiges Protokoll erfordern. 59 Prozent meinen, dass insbesondere Kleinanleger von der Protokollierungspflicht deshalb nicht profitieren, weil Banken sich bei ihnen aufgrund der Zusatzarbeit mit der Dokumentationspflicht gleich ganz aus der Beratung zurückziehen.
Eingeschränkte Produktauswahl
Die Cofinpro-Wertpapier-Expertin Melanie Purgar hat festgestellt, dass viele Institute zudem "die Produktauswahl eingeschränkt haben", um den Dokumentationsaufwand bei ihren Kunden in Grenzen zu halten. Nach Erfahrungen von 83 Prozent der Befragten empfehlen die Banken in erster Linie Standardprodukte aus dem eigenen Haus. Dagegen wünschen sich zwei Drittel der Umfrageteilnehmer, dass die Geldhäuser die generierten Beratungsprotokolle gezielt auswerten, um Bankkunden aufgrund der gewonnenen Informationen künftig passende Angebote zu unterbreiten. Insbesondere im Beratungsfolgeprozess seien Banken zu wenig agil, meinen 74 Prozent der Befragten. Sie bemängeln, dass die Banken bisher nach der Beratung beispielsweise nicht genügend Zeit investieren, um die Geldanlagen ihrer Kunden im Blick zu behalten.
Anlageberatung muss mit Klarheit punkten
Auch Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, merkte Mitte dieses Jahres im Interview mit BANKMAGAZIN an, dass Banken sich zu langsam bewegten und es noch "Informationsasymmetrien" bei Beratungsprotokollen und Beipackzetteln gebe. Produktinformationsblätter (PIBs) und Beratungsprotokolle müssen vor allem übersichtlich und klar strukturiert sein und eine Sprache wählen, die Bankkunden verstehen, schreiben die BANKMAGAZIN-Autoren Wolfgang A. Eck und Silke Kalinowski. Damit der Kunde die Anlageformen, die ihm angeboten werden, besser versteht und er seine Kaufentscheidung entsprechend gezielt treffen kann, sollten die Kurzinformationen vor allem die Risiken klar und anschaulich darstellen.
Welche Anforderungen sich aus der Protokollpflicht ergeben, hat Gerd Klaasen in dem Beitrag "Wie aus Pflicht Mehrwert wird" zusammengefasst. Danach müssen Beratungsprotokolle dem Kunden nach dem Beratungsgespräch über Wertpapiere ausgehändigt werden und sollten beispielsweise mindestens
- Anlass und Dauer der Beratung,
- seine persönliche Kundensituation,
- wesentliche Anliegen des Kunden sowie
- die Empfehlungen des Beraters samt einer Begründung
umfassen. Eine Unterschrift des Kunden ist nicht erforderlich. Künftige Anforderungen an Protokolle sind, dass sie nur noch eine Art Beratungsplattform sind. Die eigentliche Kundenbetreuung muss aus ganzheitlicher Sicht geschehen. Fragen, die sich aus den Dokumentationspflichten innerhalb von IT-gestützten Beratungsprozessen ergeben, dienen dann als Ankerpunkte für Beratungsgespräche.
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