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17.05.2023 | Bankvertrieb | Schwerpunkt | Online-Artikel

Einlagengeschäft ist Schlüsselfaktor im Retail Banking

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Wie haben zehn Jahre Niedrigzinsen das Verhalten von Privatkunden verändert? Eine aktuelle Studie hat relevante Kundengruppen und Geschäftsmodelle untersucht. Das Kernergebnis: Das Retail-Segment ist äußerst heterogen. Doch es bietet zugleich auch gute Wachstumschancen - etwa im Einlagengeschäft. 

Die Studie "Privatkundengeschäft 2023" des Beratungshauses Simon-Kucher hat insgesamt vier relevante Kundensegmente identifiziert, die den deutschen Retail-Markt mit Blick auf das Kauf- und Entscheidungsverhalten der Verbraucher bestimmen: "Vermögende Finanzprofis", "Aufstrebende Anleger", "Risikoscheue Interessierte" und "Konservative Verwahrer". Für die Analyse standen mehr als 2.000 Finanzentscheider in privaten Haushalten zwischen Januar und Februar 2023 Rede und Antwort. Der Fokus der Erhebung lag auf allen relevanten Produktfeldern im Privatkundengeschäft mit Ausnahme des Kreditbereiches. 

Neue Medien und Wettbewerber als Treiber

Dabei ermittelten die Studienautoren, dass trotz der großen Heterogenität vor allem das Einlagengeschäft für Regionalbanken "zum absoluten Schlüsselfaktor für künftiges Wachstum im Privatkundengeschäft" geworden ist. Dabei habe sich das Kundenverhalten nach fast zehn Jahren Zinsabstinenz deutlich verändert. Vor allem neue Medien und Wettbewerber seien im Bewusstsein der Verbraucher angekommen und inzwischen fester Bestandteil der Entscheidungsfindung.

Trägheitsannahmen früherer Jahre, insbesondere im Einlagengeschäft, sollten demnach nur mit äußerster Vorsicht auf künftige Verhaltensprognosen der eigenen Kundschaft übertragen werden", mahnt Steffen Ulitzka, Partner im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher.

Einlagengeschäft mit Wachstumschancen

Dabei unterscheidet sich laut Erhebung das Entscheidungsverhalten hinsichtlich Finanzdienstleistungen in den vier Kundensegmenten teilweise erheblich – und das über den gesamten Kaufzyklus hinweg. "Es besteht die klare Notwendigkeit einer differenzierten Marktbearbeitung. Die in vielen Banken rein an soziodemografischen Kriterien vorgenommene Markt- und Kundensegmentierung lässt erkennen, dass in manchen Bereichen ein vorhandener Bedarf noch nicht ausreichend adressiert wird", erläutert Steven Kiefer, Director im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher. So seien Verbraucher aus dem Segment der "Risikoscheuen Interessierten" durchaus für das Wertpapiergeschäft offen. Doch nur knapp mehr als 30 Prozent der Befragten sind jemals zu diesem Thema angesprochen worden. 

"Von hoher Wichtigkeit für die Bearbeitung der Segmente wird in Zukunft das Einlagengeschäft sein. Dies gerade auch deshalb, weil diese Produktkategorie von nahezu allen Segmenten in ähnlichem Ausmaß, jedoch mit völlig unterschiedlichen Bedarfen und Erwartungshaltungen genutzt wird", schlussfolgert Ulitzka. Einlagen gelten dem Experten zufolge als klassisches Fremdgehprodukt. Hier werden Kunden auch abseits der eigenen Hausbankbeziehung fündig, was von neuen Wettbewerbern vergleichsweise einfach zur Neukundengewinnung eingesetzt werde. So habe fast jeder dritte Regionalbankkunde angegeben, eine bestehende Zweitbankverbindung hauptsächlich für die Verwaltung von Einlagen zu nutzen.

Deposit und Wertpapiersparen as a Service

Dabei haben Banken und Sparkassen während der Niedrigzinsphase beim Einlagengeschäft zugleich verstärkt auf Produkte externer Anbieter zurückgegriffen, wie Anja Kühner in der Zeitschrift "Bankmagazin"  (Ausgabe 4 | 2023) schreibt. "Zunächst kauften Finanzinstitute sich vor allem diejenigen Angebote ein, die für sie selbst nicht mehr lukrativ waren", so die Autorin. Unternehmen wie Raisin mit Weltsparen.de seien heute "in enorm vielen Banken und Sparkassen eingebunden". 

Dadurch könne Deposit as a Service "schnell hoch- oder heruntergefahren werden und die Time to Market eines Angebots verkürzt sich enorm", zitiert Kühner Boris Strucken, Leiter Banking Germany bei Fidelity Information Services, kurz FIS. Gleiches gelte im Wealth Management für das Wertpapiersparen as a Service. 

Allerdings folge die Entscheidung des Bankkunden für ein bestimmtes Angebot "nur in seltenen Fällen nach streng rationalen Regeln", belegt die Erhebung von Simon-Kucher. Abstrakte Sicherheitsbedürfnisse dominieren laut Studie das Verhalten in nahezu allen Segmenten wesentlich stärker als das Streben nach einer möglichst hohen Verzinsung. Würden solche Bedürfnisse jedoch nicht adressiert, sei der Preis der ausschlaggebende Aspekt.

Individuelle Kundenansprache als Erfolgsfaktor

Wie eine breite und digital unterstützte Kundenansprache gelingt, darüber berichten Oliver Mihm und Frédéric Begemann im Buchkapitel "Wachstumsstrategien in Banken - Erfolgsfaktor Kundenaktivierung" (Seite 91). Wichtig sei, nicht in unabhängigen Produktkampagnen zu denken, sondern Kunden über intelligente Anspracheketten emotional zu adressieren. Diese passgenaue Verknüpfung sei die Voraussetzung, "um die Wahrnehmungsschwelle bei den Kunden zu durchbrechen und positive Kontakterlebnisse zu schaffen".

Für den Erfolg sind den Springer-Autoren zufolge drei Faktoren von besonderer Bedeutung (Seite 91 f.): 

  1. Die Segmentierung: Vor allem sei die Selektion der Zielkunden nach ihren individuellen Affinitäten der regelbasierten Auswahl, die sich nach Mustern und Statistiken richtet, "deutlich überlegen". 
  2. Das Ansprache-Konzept: Hier sollten Banken und Sparkassen vor allem auf systematische, mehrstufige Ansprache-Ketten mit emotionalem Einstieg setzen anstatt auf die noch oft verbreiteten Einzelproduktmailings. Dabei gehe es um die Emotionalisierung der Kommunikation mit Kunden, etwa über Themen wie Regionales, Events, Sport oder gesellschaftliches Engagement. "Im weiteren Verlauf sollte die Kommunikation der Bank behutsam auf das Leistungsportfolio gelenkt und Kunden so schrittweise aktiviert werden." Dabei sollten die Institute zeitnah und persönlich auf ein erstes Interesse, etwa beim Besuchen von eigens angelegten Landingpages oder die Teilnahme an Umfragen, reagieren. 
  3. Die Marketing-Performance: Zudem müssen laut Mihm und Begemann die Erfolge der Marktbearbeitungsmaßnahmen gemessen und wichtige Erkenntnisse daraus abgeleitet werden. Um vorab definierte Erfolgskennzahlen wie gewonnene Leads oder die Bestandsdurchdringung messen zu können, bedürfe es auch geeigneter Controlling-Mechanismen.

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