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03.05.2017 | Bankvertrieb | Interview | Online-Artikel

"Institute sollten herausfinden, was ihre Kunden erwarten"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

3 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Prof. Dr. Marcel Seidel

ist Herausgeber des Springer-Buchs "Banking & Innovation 2017".

Mit den enormen Veränderungen in der Finanzbranche hat für viele Institute eine neue Zeitrechnung in den Geschäftsmodellen begonnen. Bankenexperte Marcel Seidel erklärt im Interview, wo die Geldhäuser derzeit stehen und welche Weichen sie jetzt stellen sollten.

Springer Professional: Herr Professor Seidel, "Bankgeschäfte sind wichtig, aber niemand wird künftig noch eine Bankfiliale benötigen“, heißt es an einer Stelle Ihres Buchs "Banking&Innovation". Die Digitalisierung in der Finanzbranche entwickelt sich rasant weiter, nicht zuletzt durch Fintechs und ihre disruptive Marktkraft. Sind die Kreditinstitute mit ihrer jetzigen Struktur gut genug gerüstet?

Marcel Seidel: Im Moment scheint es so, als würden viele Banken abwarten und hoffen, dass die Auswirkungen von Fintechs nicht so stark sind, wie alle sagen. Tatsächlich sind es ja im Kern nicht die Fintechs, die den Markt verändern, sie sind die Symptome einer neuen Generation des Bankings. Das Zukunftsinstitut hat beispielsweise Digitalisierung, Konnektivität und Individualisierung als Megatrends ausgemacht. Genau in diesem Fahrwasser bewegen sich Fintechs und treffen damit den Nerv der Zeit. Ich glaube nicht, dass einzelne Fintechs eine Gefahr darstellen. Vielmehr ist die Entwicklung hin zu einem "technisierten und individuellen Banking" etwas, das die Geldhäuser beschäftigen sollte.

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Umdenken im Vertrieb – Die Digitalisierung des Privatkundengeschäftes

Über die derzeit richtige Strategie des Privatkundengeschäftes im Finanzwesen kann heftig diskutiert werden. Besonders Sparkassen und Filialbanken haben aufgrund des dichten Filialnetzes einen enormen Kostendruck, dem sie trotz der spürbar sinkenden Erträge durch die Niedrigzinspolitik in der Eurozone standhalten müssen.

Wie können Geldhäuser aus Ihrer Sicht trotz Digitalisierung ein neues Kundenerlebnis schaffen und einen Effizienzvorsprung nutzen, der auch noch nachhaltig ist?

Dazu muss die Qualität stimmen. Natürlich dürfen die Kosten nicht zu hoch sein, es müssen schnelle Lösungen gefunden werden und sie müssen für Kundenzufriedenheit sorgen. Die Realität sieht jedoch teilweise anders aus. Die deutsche Bankenregulierung sorgt dafür, dass angedachte Lösungen zumindest den rechtlichen Anforderungen genügen. Die Kosten sind natürlich eine große Herausforderung und sollten daher stets im Blick gehalten werden. Heutzutage ist Zeit ein sehr wichtiges Erfolgskriterium. Nehmen Sie beispielsweise die langwierige Herangehensweise der Genossenschaftsbanken und Sparkassen im Thema Paydirekt. So kann man den Wettbewerb nur schwer gewinnen. Großbanken tun sich da aufgrund ihrer Struktur etwas leichter. Trotzdem sind auch hier die Prozesse eher langwierig. Bleibt noch die Kundenzufriedenheit. Ich behaupte, Banken wissen nicht genau, was ihre Kunden wirklich wollen. Kundenzentrierung als Leitmaxime ist zwar bekannt aber in Banken mehrheitlich noch nicht angekommen. Ich glaube, die Institute sollten zu allererst herausfinden, was ihre Kunden erwarten. Hier ist jedes Kundensegment anders, genauso wie die verschiedenen Kundengenerationen. Ich arbeite aktuell an einer Studie, die genau auf diese Frage Antworten geben soll.

Im Buch ist die Rede davon, dass so genannte End‐to‐End‐Banking‐Fintechs eine Gefahr für etablierte Kreditinstitute darstellen, weil sie Kunden Alternativen bieten...

...Ja, wenn Kunden entdecken, dass Bankgeschäfte leichter und schneller gehen und gleichzeitig die Individualität des einzelnen Bankkunden berücksichtigen, ist das für viele, insbesondere Kunden der Generation Y und Z, besonders attraktiv. Vor allem mit Blick auf ältere Bankkunden ist das vielleicht noch keine Alternative. Hier spielt die Zeit jedoch gegen die Kreditinstitute. Die Kunden der Generation Y werden in drei bis fünf Jahren die wichtigste Kundengeneration sein. Noch gibt es Hoffnung. Denn wie gesagt, es geht im Kern nicht um Fintechs selbst, sondern um deren Arbeitsweise – die können auch Banken lernen.

Kunden verändern ihr eigenes Verhalten im Banking. Wie sollten Retailinstitute dem begegnen, ohne ihr Kerngeschäft künftig aus den Augen zu verlieren?

Nehmen wir die Generation Y und Z, die vielleicht besonders affin gegenüber Leistungen von Fintechs sind. Interessanterweise gilt hier das "Sowohl-als-auch-Prinzip“. Diese Kundengeneration, die ja auch manchmal als Digital Natives bezeichnet wird, wünscht sich für tägliche Bankgeschäfte technische Möglichkeiten, wie sie Fintechs bieten und gleichzeitig eine vertrauensvolle, individuelle Beratung bei besonderen Anlässen, zum Beispiel bei der Wohnbaufinanzierung oder anderen größeren Anschaffungen.

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