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06.06.2025 | Bankvertrieb | Gastbeitrag | Online-Artikel

Mit Smart Pricing steigern Banken ihre Profitabilität

verfasst von: Dr. Johann Thieme

4 Min. Lesedauer

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Viele Banken arbeiten mit pauschalen, wenig differenzierten Preismodellen und verschenken damit Ertragspotenzial. Die Umsetzung intelligenter Preismodelle erfordert Mut zur Segmentierung, datengestützte Entscheidungen und eine strategische Verankerung in Organisation und Vertrieb.

Smart Pricing erfordert bereichsübergreifende Koordination.


Einfache Modelle dominieren: Konten werden per Flatrate bepreist, Depots gibt es häufig nur in einer Variante, Baufinanzierungen unterscheiden selten mehr als die Sondertilgung. Das ist bequem, verschenkt aber viel Ertrag. Viele Banken und Sparkassen behandeln stark heterogene Kundengruppen häufig gleich - mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen. Vielnutzer mit hoher Zahlungsbereitschaft werden querfinanziert, während Wenignutzer oft überversorgt sind oder das Preis-Leistungs-Verhältnis hinterfragen und damit abwanderungsgefährdet sind.

Der Druck durch IT-Investitionen und Neobanken ist weiterhin hoch. Zudem sinken die Zinsergebnisse nach der erneuten Zinswende 2024 wieder. Wer Pricing als reine Verwaltungsaufgabe behandelt, verzichtet nicht nur auf Ertrag - sondern auf gezielte Steuerung und Differenzierung im Kundengeschäft. Smart Pricing ist ein strategischer Hebel.

Fencing statt Flatrate: Zahlungsbereitschaft gezielt abschöpfen

Erfolgreiches Pricing braucht klare Grenzen - sogenanntes Fencing. Premiumangebote können Zusatznutzen wie Haushaltsplaner, bevorzugte Terminvergabe, erweiterte Sicherheitsfunktionen oder Concierge-Services bieten. Entscheidend ist, dass diese Leistungen exklusiv und transparent positioniert sind, um Aufpreisbereitschaft zu aktivieren.
Die Produktentwicklung muss sich dabei am Verhalten realer Kunden orientieren: Wird beispielsweise häufig manuell zwischen Unterkonten umgebucht, kann ein automatisierter Liquiditätsmanager echten Mehrwert schaffen. So wird ein erkennbares Bedürfnis zu einem differenzierenden Leistungsmerkmal. Wird Fencing in dieser Form eingesetzt, schützt es nicht nur das obere Preissegment, sondern verleiht der gesamten Modelllandschaft innere Logik - mit positiver Wirkung auf Ertrag, Kundenerlebnis und Markenprofil.

Zinswende als Test für strategisches Pricing

Mit der Rückkehr der Zinsmargen sind die Spielräume größer geworden, doch viele Banken sind in reflexhafte Gratisangebote zurückgefallen, etwa gebührenfreie Konten bei Gehaltseingang oder Mindestsaldo. Gebührenfreie Gehaltskonten haben strategische Vorteile (Kundengewinnung und -bindung), aber auch Nachteile (Mitnahmeeffekte, Anschein des "Sternchen"-Produkts) und sollten daher als Maßnahme genau abgewogen werden.

Seitdem die meisten Institute ihre bedingungslosen Null-Euro-Konten abgeschafft haben, akzeptieren Kunden wieder, dass Bankleistungen einen Preis haben – wenn sie nachvollziehbar sind. Wer die vorhandenen Spielräume durch die aktuellen Zinsmargen nutzt, kann differenzierte Modelle aufbauen: etwa durch gestufte Kontopakete, modulare Zusatzleistungen oder Zinsangebote für bestimmte Volumina oder Segmente. Auch kreative Produkte wie Zinstreppen können sinnvoll sein. So entsteht nicht nur mehr Flexibilität im Pricing, sondern auch ein besseres Leistungsversprechen im Wettbewerb.

Andere Branchen sind hier mittlerweile weiter. Telekommunikationsanbieter haben klar gestufte Tarife, etwa S, M und L, ergänzt durch Zusatzpakete für Datennutzung oder Auslandstelefonie. Airlines haben diverse Preisstufen und Aufpreise für jede Einzelleistung. Energieversorger bieten variable Strompreise an, um vom günstigen Nachtstrom zu profitieren.

Intelligente Preisstrategien müssen operativ tragfähig sein

Neue Preismodelle scheitern selten an der Idee - sondern an der Umsetzung. Vertrieb, IT, Controlling und Kommunikation müssen zusammenspielen. Deshalb darf die Komplexität der Angebote nicht ausufern. Wer zu viele Varianten gleichzeitig einführt, überfordert Mitarbeiter und Kunden. Entscheidend ist, welche Modelle Nutzen stiften, umsetzbar sind und vom Vertrieb getragen werden.

Ein Roll-out in Pilotregionen oder mit Testsegmenten hilft, Risiken wie Kannibalisierung und extremen Mehraufwand zu minimieren. Parallel sollte die technische Basis geprüft werden: Unterstützt das Kernbanksystem die neue Tariflogik? Ist die Preissteuerung zentralisiert oder fragmentiert? Und wie werden Mitarbeiter vorbereitet und begleitet? Smart Pricing erfordert bereichsübergreifende Koordination.

Preisentscheidungen datenbasiert treffen

Preisentscheidungen lassen sich datenbasiert treffen: durch A/B-Tests, Messung von Preiselastizitäten oder Simulationen. Im Einlagengeschäft etwa können unterschiedliche Zinsstufen getestet werden, etwa gestaffelt nach Laufzeit oder Einlagenhöhe. Bei digitalen Services wie Ausgabenanalyse, Dokumentenspeicher oder personalisiertem Finanz-Feed lassen sich Zahlungsbereitschaften durch Pilotierungen prüfen.

Wichtig ist ein systematischer Prozess: Kundengruppen analysieren, Hypothesen entwickeln, Ergebnisse messen und Feedback integrieren. Pricing wird damit zum lernenden System. Gleichzeitig müssen Organisationen sich an häufigere Anpassungen gewöhnen - auch kommunikativ. Wer Preisanpassungen professionell vorbereitet, transparent erklärt und auf Kritik gefasst ist, erhöht die Akzeptanz nachhaltig und gewinnt Spielraum für künftige Anpassungen.

Pricing als strategisches Instrument nutzen

Smart Pricing ist ein strategischer Ansatz, kein kurzfristiges Optimierungsprojekt. Wer differenzieren will, braucht klare Ziele, konsequente Umsetzung und Veränderungsbereitschaft. Der Einstieg muss nicht groß sein: Ein überarbeitetes Kontomodell, ein testweiser Zusatzservice oder eine erste Segmentierung im Einlagengeschäft können viel bewirken.

Wichtig ist die Haltung: Pricing nicht als Störfaktor begreifen, sondern als Werkzeug zur Kundengestaltung, Leistungstransparenz und Ertragssicherung. Branchen wie Telekommunikation oder Energie machen es vor. Banken können davon lernen - ohne ihre Werte preiszugeben. Denn wer Preise klug gestaltet, gewinnt: an Profil, an Wirkung und an Ergebnis.

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