Skip to main content

05.05.2023 | Bankvertrieb | Schwerpunkt | Online-Artikel

Bankkunden wünschen sich persönliche Ansprache

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Wie zufrieden sind Kunden mit dem Service ihrer Hausbank, wann gehen sie in eine Filiale und wer bezieht Produkte und Dienstleistungen von neuen, meist digitalen Wettbewerbern? Auf diese Fragen hat die Global Banking Consumer Study von Accenture Antworten gefunden.

In der Bankenbranche, die bestimmt wird von immer neuen Services und Produkten, ist der Wechsel von einem zum anderen Anbieter derzeit so einfach wie nie zuvor. Das zwingt klassische Geldhäuser nicht nur dazu, auf kundenfokussierte Strategien zu setzen, sondern auch die eigene Organisation dem stetigen Wandel anzupassen. Dabei sollten sich die Institute nicht mehr an Branchenstandards messen, sondern daran, wie gut es gelingt, Wünsche und Anforderungen der Verbraucher in ihren Dienstleistungen zu antizipieren. Dass sie dabei nicht immer und überall erfolgreich sind, belegt die im April veröffentlichte Global Banking Consumer Study des Beratungshauses Accenture. Hierfür sind weltweit 49.000 Bankkunden befragt worden - darunter 2.000 in Deutschland und 1.000 in der Schweiz.

Empfehlung der Redaktion

2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

Wachstumsstrategien in Banken – Erfolgsfaktor Kundenaktivierung

Banken haben in der heutigen Zeit mit dynamischen Rahmenbedingungen und zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Um sich zukunftsfähig aufzustellen, bedarf es einer Marktbearbeitung, die diesen externen Faktoren mit dem Kunden als Nukleus Rechnung trägt. Der Schlüssel ist die emotionale Bindung und Aktivierung der Kunden, um Wachstumspotenziale zu heben. Dazu ist ein in der Organisation verankertes ganzheitliches Verständnis von Kundenzentrierung entscheidend. Zudem ist die konsequente Optimierung und Orchestrierung von Kontaktpunkten durch intelligente Marktbearbeitungsmaßnahmen ein zentraler Erfolgsfaktor.

Beim Service ist noch Luft nach oben

Ein zentrales Ergebnis: Nicht mal ein Drittel der Deutschen (29 Prozent) bezeichnen den Kundenservice ihrer Hausbank als exzellent. Das Produkt- und Dienstleistungsangebot bewertet nur jeder Fünfte (19 Prozent) als "hoch". Weltweit haben fast 60 Prozent der Teilnehmer deshalb "in letzter Zeit ein Finanzdienstleistungsprodukt von einem anderen Anbieter als ihrer Hausbank erworben", heißt es in der Analyse. So empfiehlt auch nur gut jeder vierte von zehn Befragten seine Hausbank Freunden oder Kollegen. 

Offenbar hapert es also an Services bei den etablierten Banken, die den Nerv des Kunden treffen. Die Banking-App der Hausbank kommt nur bei 34 Prozent der Teilnehmer gut an. Und den Kundenservice bewertet nicht mal ein Drittel (30 Prozent) mit neun von möglichen zehn Punkten. Dennoch macht auch die Vielzahl von neuen, innovativen Finanzdienstleistern und die wachsende Zahl von zumeist digitalen Angeboten die Menschen offenbar nicht zufriedener.

Mit der Zahl der Angebote sinkt der Überblick

So geben zum Beispiel 82 Prozent der Kunden im Alter von 18 bis 24 Jahren an, in den vergangenen zwölf Monaten Produkte oder Dienstleistungen eines neuen Anbieters genutzt zu haben. Hierzu gehören unter anderem Kreditkarten, Gehalts- und Sparkonten. Doch führt diese Entwicklung bei 32 Prozent aller befragten Verbraucher zu einem Kontrollverlust in Finanzdingen. 

Dabei verlieren junge Kunden noch häufiger den Überblick als ältere Verbraucher (46 Prozent). Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten hätten daher gerne eine Lösung, die über alle Anbieter und Kanäle hinweg für Durchblick sorgt. 60 Prozent möchten diese gerne als App auf dem Smartphone installieren. 

Bankkunden verstehen lernen

Egal ob es darum geht, Kundinnen und Kunden eine überzeugende Customer Experience zu bieten, ihnen die Customer Journey hin zum Fallabschluss so bequem wie möglich zu gestalten oder sie mithilfe einer Datenanalyse zu beobachten - hinter all dem steckt das Bemühen, die Kundschaft besser zu verstehen und dieses Verständnis zum Ausgangspunkt der eigenen Aktivitäten zu machen", schreibt Dieter Rohrmeier, Professor an der Hochschule für Finanzwirtschaft & Management in Bonn, in der Zeitschrift "Bankmagazin" (Ausgabe 4 | 2023).

Der Ökonom empfiehlt, eine "brachiale Sicht" auf den Kunden einzunehmen. Diese befasse sich mit Produkten, in denen es für die Zielgruppe um mehr geht als um den finanziellen Aspekt. "Hier stehen ganze Themenwelten im Raum, beispielsweise Wohnen, Alter oder Selbstständigkeit. Das bedeutet, dass der Vertrieb mit den Augen und dem Herzen der Individuen erfahren muss, was diese alles mit einer solchen Themenwelt verbinden, wie sie einzelne Situationen darin erleben und wie diese Situationen miteinander verbunden sind", erläutert Rohrmeier. 

"Um die Perspektive des Kunden zu erfassen, ist mindestens ein Touchpoint nötig", schreiben Elke Benning-Rohnke und Sebastian Martin im Buchkapitel "Die Perspektive des Kunden erfassen" (Seite 20). Diese sind den Springer-Autoren zufolge die Punkte, an denen eine Interaktion des Kunden mit dem Produkt, dem Unternehmen oder der Geschäftsidee geschieht - "also konkretes Erleben stattfindet". 

Bankfiliale ist noch bei vielen beliebt

Neben dem Online und Mobile Banking gehören nach wie vor die Filialen der Geldhäuser zu diesen Touchpoints. Die Vor-Ort-Präsenzen mit persönlichen Ansprechpartnern stehen immerhin bei 54 Prozent der Deutschen hoch im Kurs. Weltweit liegt dieser Anteil sogar bei 67 Prozent, zeigt die Befragung. Dennoch verschwinden Bankfilialen - vor allem aus Kosten- und Effizienzgründen - seit Jahren immer mehr aus unseren Stadtbildern.

Im Jahr 2020 waren 1.508 Kreditinstitute mit einer Bilanzsumme von 9.002 Milliarden Euro und 552.450 Beschäftigten am Bankplatz Deutschland vertreten. Betrachtet man die Zahlen seit 2006, so sind diese in allen Bereichen rückläufig. Im Jahr 2006 gab es noch 2.301 Institute mit 681.300 Mitarbeitenden. Diese Entwicklung zeigt sich ebenso bei der Filialstruktur, die sich von 42.633 Bankfilialen im Jahr 2006 auf 24.100 Filialen im Jahr 2020 reduziert hat", beschreiben Peter Klett, Vorstandsvorsitzender der Weser-Elbe-Sparkasse, und Jürgen Weimann, Berater für die Bankenbranche, im Buch "Kunden begeistern" (Seite 98) die Entwicklung.

Blick auf interne Strukturen notwendig

Um sich nicht nur mit ihren Produkten, sondern auch in der gesamten Organisation besser auf die Kunden und deren Bedürfnisse auszurichten, hat die Weser-Elbe-Sparkasse auch die eigenen Strukturen kritisch unter die Lupe genommen und setzt nun auf Agilität. Hierzu gehöre zum Beispiel, 

  • Veränderung als Normalzustand zu erleben, 
  • auf Kooperation und Teams statt auf Silodenken zu setzen, 
  • zeitnah und transparent zu kommunizieren, 
  • Innovationsfreude und -fähigkeit ohne Angst vor Korrekturen zu fördern,
  • durch Fehler besser zu werden und 
  • Eigeninitiative voranzubringen und anzuerkennen.

Ein Ergebnis dieser neuen Strukturen ist das Projekt "WESPA to Huus". Dabei handelt es sich um ein digitales Beratungscenter, in dem von 8 bis 20 Uhr Bankmitarbeiter für persönliche Gespräche auf verschiedenen Kommunkationswegen zur Verfügung stehen. 

Vier wesentliche Stellschrauben für Bankerfolg

In der digitalen Filiale mit persönlichen Ansprechpartnern sieht auch die Accenture-Studie einen der vier wesentlichen Faktoren für den künftigen Erfolg etablierter Banken. Zudem sollten 

  • alle mobilen und Online-Funktionen möglichst einfach und intutitiv bedienbar sein und sich dynamisch an den Wünschen der Kunden anpassen, 
  • individuelle, am Bedarf ausgerichtete Produkte, etwa für Einlagen und Finanzierungen, angeboten und die Kundenzufriedenheit zum Beispiel über integrierte Loyalitätsprogramme gesteigert werden 
  • und schließlich die Rolle der Filiale selbst überdacht werden - im Hinblick auf ihre Größe und Gestaltung, der technologischen Ausstattung und ihrer Funktion als persönlicher Touchpoint. 

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

27.04.2023 | Filiale | Schwerpunkt | Online-Artikel

Immer weniger Mittelständler gehen in die Bankfiliale

06.02.2023 | Datenmanagement | Gastbeitrag | Online-Artikel

Darum sollten Banken Daten demokratisieren

07.02.2023 | Bankstrategie | Infografik | Online-Artikel

Wo Europas Bankenmarkt 2035 steht