Frank van Alen ist Partner der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Hamburg.
Frank van Alen/SKW
Nun hat der XI. Zivilsenat zwei Entscheidungen getroffen, die die bisherige Rechtsprechung konkretisieren, aus denen weder Banken und Sparkassen noch Verbraucherschützer klare Vorteile für sich ziehen können. Im ersten Verfahren (Az. XI ZR 501/15) hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) zum Aspekt der Rechtsmissbräuchlichkeit des Widerrufs geäußert: Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Kreditnehmer sich damit von den negativen Folgen einer für ihn unvorteilhaften Investitionsentscheidung lösen will. Der BGH verwies den Fall aber zugleich an das Oberlandesgericht (OLG) zurück, das nun prüfen muss, ob der Kläger aus sonstigen Gründen rechtsmissbräuchlich gehandelt hat und ob sein Widerrufsrecht verwirkt ist.
In der zweiten Entscheidung (Az. XI ZR 564/15) erneuert der BGH seine bestehende Rechtsauffassung, die Formulierung: "Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung" belehre den Darlehensnehmer nicht hinreichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Zudem könne die beklagte Sparkasse sich nicht auf die so genannte Gesetzlichkeitsfiktion der verwendeten Widerrufsbelehrung berufen. Denn deren Text weicht erheblich vom Mustertext der BGB-Informations-Verordnung ab. Worin die Abweichungen liegen, lässt sich der Pressemitteilung des BGH vom 12. Juli 2016 leider nicht entnehmen.
Für Banken und Sparkassen bleiben Fragen offen
Wenig erbaulich ist aus der Sicht von Banken und Sparkassen die Feststellung des BGH, dass die in den vom BGH entschiedenen Fall verwendete Widerrufsbelehrung erheblich anders als der Mustertext der BGB-InfoV ausfällt. Inwieweit dies auch auf solche Widerrufsbelehrungen ausstrahlt, die für den Beginn der Widerrufsfrist nicht (mehr) die "frühestens"-Formulierung beinhalten, bleibt abzuwarten. Die Entscheidungsgründe werden dies hoffentlich konkretisieren.
Geldinstitute werden sich in vergleichbaren Fällen vermutlich künftig verstärkt auf die Themen rechtsmissbräuchliche Ausübung sowie die Verwirkung des Widerrufsrechts konzentrieren. Da der "Widerrufsjoker" zum 22. Juni 2016 abgeschafft wurde, betreffen die jüngsten Urteile nur bis zum 21. Juni 2016 vom Darlehensnehmer widerrufene Immobilienkreditverträge. Für diese bleibt es allerdings weiter spannend, denn die BGH-Entscheidungen zeigen zweierlei: Die Ausübung des Widerrufsrechts kann durchaus als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden. Und selbst die von Verbraucherschützern stets vehement bestrittene Verwirkung des Widerrufsrechts ist möglich.