BorgWarner zeigt in Darmstadt, wie effiziente Verfahren für Batteriesysteme aussehen. Seit 2018 sind rund 65.000 NMC- und LFP-Akkus entwickelt und ausgeliefert worden.
BorgWarner lud zum Battery Press Day nach Darmstadt ein.
Michael Reichenbach | ATZ
Der hessische Standort, 2020 neu gebaut, hat Tradition. Keimzelle von BorgWarner in Darmstadt war das Studenten-Start-up Akasol aus dem Jahr 2008. Schon damals beschäftigten sich Experten wie Felix von Borck, Björn Eberleh (noch heute im Unternehmen als Manager Product Integrity von BorgWarner) und Michael Rinker intensiv mit der Effizienzsteigerung von Traktionsbatterien – wie etwa für den Kleinwagen Oscar, siehe der Fachartikel dieser drei Autoren in der ATZelektronik 1/2008: "Vielversprechend sind hierbei Elektroden aus Nickel-Mangan-Kobalt(NMC)-Legierungen und der vor allem in den USA verfolgte Ansatz der Lithium-Eisen-Phosphate (LFP)", stellte die Autoren schon vor 17 Jahren fest.
Diese LFP-Zellen verschiedener Hersteller wie CATL, BYD, Gotion oder Svolt sind heute in vielen Anwendungen Standard, sie werden beispielsweise in Elektro-Pkw wie BYD Han, Ford Mustang E-Mach, Tesla Model Y und Volvo EX30 eingesetzt. BorgWarner in Darmstadt erweitert das Anwendungsspektrum um die Bereiche Nutzfahrzeuge wie Stadtbusse, Lastwagen und Speditions-Lkw sowie Off-Highway mit Bauwesen, Landwirtschaft und Schifffahrt sowie Spezialanwendungen mit maßgeschneiderten Kundenlösungen (Mobilkrane und Rammen). Einer von fünf Elektro-Stadtbussen in Europa und Nordamerika nutzt Produkte von BorgWarner, zum Beispiel wird im eCitaro von Mercedes-Benz mit dem 400-V-Elektroantrieb AxTrax AVE von ZF unter anderem der NMC-Akku von den Darmstädtern verwendet.
Dreiteilige Produktstrategie
Doch werden die neueren LFP-Zellen die NMC-Zellen nicht international verdrängen, denn jeder Typ hat seine eigenen Vor- und Nachteile und seinen speziellen Anwendungsfall. So wird der Sportwagenbereich mit Porsche weiterhin für hohe Performance der Batterie auf die NMC-Technik setzen, die durch ihre Energiedichte besticht, aber kostenmäßig nicht an die LFP-Variante herankommt. "Für unsere globale Produktstrategie zur Elektromobilität nutzen wir eine dreiteilige Strategie", sagt Johannes Rossmanith, Director R&D EU Battery & Charging Systems bei BorgWarner in Darmstadt. Zum Ersten setzt er auf NMC-Batterien namens GrowNow, zum zweiten auf LFP-Batterien unter dem Label GoBroad, und als drittes auf die zukünftige Plattform GoNext.
Die GrowNow-Technik setzt den Standard in Sachen Energiedichte, mit dieser gar nicht alten Technik könnten weiterhin kontinuierlich Verbesserungen erzielt werden. Mit ihnen lässt sich zudem sicherstellen, dass die Anforderungen der Fahrzeuggesetzgebung vollständig erfüllt würden. Der GoBroad-Strategiepunkt sei ein Produkt mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis auf Basis von LFP-Blade-Zellen von BYD der neuesten Generation. Die flexible Plattform erfülle alle Anforderungen des anspruchsvollen Elektro-Nfz-Markts. Übrigens beinhaltet die Partnerschaft mit BYD (FinDreams Battery) für BorgWarner ein Exklusivrecht, die Blade-Zellen als einziger Nicht-OEM Batteriehersteller exklusiv in Europa und in anderen globalen Nutzfahrzeugmärkten zu verwenden, nachdem BYD selbst sie ursprünglich für Pkw entwickelt und dann auch für Nutzfahrzeuge weiterentwickelt hatte.
Letzter Punkt ist GoNext und das Thema Gesamtbetriebskosten oder Total Cost of Ownership (TCO) – dies ist das wichtigste Kriterium in der Nfz-Branche: Hier möchte BorgWarner, so Rossmanith, branchenführend werden durch das Setzen neuer TCO-Standards im europäischen Markt. Grundlage für die dreiteilige Strategie sind die sogenannte Hardware Foundation (HWF) als modulare Hardwareplattform und die Software Foundation (SWF) als hardwareunabhängige Softwareplattform. Diese beiden Grundlagen bilden ein Baukastensystem, sodass sich die Batterien modular zusammenstellen lassen. Als Beispiel für die Modularität nennt Rossmanith die Serie aus 3AKM, 6AKM und 9AKM: Hier besteht ein AKM (das Akronym steht für AKasol Module) aus einer Batterie mit 20s30p-Zellkonfiguration, installiertem 68,4 kWh Energieinhalt und 665 V Spannung.
Auf den Bereich Off-Highway spezialisiert
BorgWarner erweitert die Standard- und Großserienanwendung von Batterien für den Pkw seit einigen Jahren um den weitgefächerten und spezialisierten Bereich der On-Highway- und Off-Highway-Fahrzeuge mit kleinen Losgrößen. Dabei profitieren diese Sonderanwendungen von den in hoher Stückzahl produzierten NMC- und LFP-Zellen für Pkw, wie sie zum Beispiel von LG oder Samsung aus Südkorea und von BYD aus China kommen. Der Zulieferer kann hierzu eine große Expertise in seinen 19 Technikzentren vorweisen: In 61 Standorten werden Antriebsmodule und -systeme entwickelt und hergestellt. Er ist mit weltweit 38.000 Mitarbeitern in den drei Regionen Amerika, Europa und Asien al pari aufgestellt. Zum Unternehmensbereich Batteriesysteme zählen neben Darmstadt und Langen in Deutschland, wo ein Technikzentrum und eine Fabrik zusammenarbeiten, auch Technikzentren in Schanghai (China) und Auburn Hills (USA) sowie Fabriken in Seneca (USA) und Piracicaba (Brasilien). Der Bereich produzierte im Jahr 2024 rund 3,0 Gigawattstunden NMC-Batteriepacks der dritten Generation (Ultra-High-Energy – UHE Gen-3) und will im Jahr 2025 5,4 Gigawattstunden produzieren, was einer Steigerung um 46 % entspräche.
Basis dafür ist die zylindrische NMC-Batteriezelle im Format 21700. Sie hat einen Durchmesser von 21 mm und eine Länge von 700 mm. Borg Warner stellt also selbst keine Zellchemien oder Zellen her, sondern kauft diese am Markt zu. Das Unternehmen hat sich vielmehr auf die Themen Entwicklung, Packaging und Montage von Batterien spezialisiert. Der Start der Serienproduktion fand in Darmstadt im Jahr 2022 in zwei Linien statt. Die Linie 1 ist heute, nach einigem Lehrgeld, komplett in Aktion. Die Linie 2 soll Ende 2025 voll aktiv sein. 850 Mitarbeitende fertigen in Darmstadt auf 15.000 m2 Fläche und in Langen auf 4.000 m2 Fläche nach Zertifizierungen wie zum Beispiel IATF 16949, ISO 14001 und ISO 45001. Hauptprodukte sind die Ultra-High-Energy(UHE)-Batterie in dritter Generation. Hinzu kommen hier das Batteriemanagementsystem und die austauschbare Kontaktbox sowie kundenspezifische Fahrzeugschnittstellen-Lösungen und Subsysteme wie Multistringmanager, Verteiler (Junction Box) und Datenlogger. BorgWarner hatte über 15 Journalisten aus Europa zum Battery Press Day am 19. März 2025 nach Darmstadt eingeladen.