Die Mittel für die Batterieforschung sind in Deutschland erheblich gekürzt worden. Das sorgt für deutliche Kritik von Forschern und Industrieverbänden. Wie wirkt sich die Kappung der Förderung auf die Technik und den Standort aus?
Lithium-Ionen-Batterie: Der geplante Förderstopp ab 2025 stellt die deutsche Batterieforschung vor elementare Probleme.
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Das Herzstück eines Elektrofahrzeugs ist eine technisch hochentwickelte Traktionsbatterie. Der Akku bestimmt über die Kosten, Leistungsfähigkeit und Reichweite von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) und Plug-in-Hybriden (PHEV) – und ist damit maßgeblich für deren Wettbewerbsfähigkeit und Verkaufserfolg. Rund ein Drittel der Wertschöpfung beim Elektroauto entfällt derzeit auf die Batterie. Der Stand der Batterietechnik ist gut – besonders in Asien, aber auch in Deutschland, zum Beispiel was das Batterie-Packaging oder die Feststofftechnologie in der Forschung betrifft. Jetzt hat die Bundesregierung die Mittel für die Batterieforschung gekappt. Was bedeutet das für die deutsche Batteriebranche?
Globale Wirtschaftsstandorte intensivieren Forschung
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Batterieforschung in Deutschland und Europa aufgeholt. Traditionell war Japan Technologieführer und wurde dann von Südkorea eingeholt. Mittlerweile hat China beide Länder hinter sich gelassen und dominiert die Batterietechnologie. Hinzu kommen noch die USA, die ebenso an neuen, nachhaltigeren und preiswerteren Batteriesystemen arbeiten. Aktuell haben diese Länder neue Strategiepläne erarbeitet und ihre Forschungsaktivitäten weiter intensiviert. Wie der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI angibt, habe China angekündigt 750 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung von Festkörperbatterien zu investieren. Die USA fördern zwei neue Forschungsteams mit 113 Millionen Euro zur Entwicklung neuer Batteriesysteme. Im Rahmen des "Battery Materials Processing and Battery Manufacturing and Recycling Program" seien Gesamtinvestitionen in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar für die Herstellung, Verarbeitung und das Recycling von Batterien geplant. Und auch Südkorea verstärke seine Batterieindustrie mit 6 Milliarden Euro.
Damit befindet sich die weltweite Batteriebranche in einer Phase des Markthochlaufs – und am entscheidenden Schritt hin zu einem Technologietransfer von der Forschung in die Industrie. Die Industrie wiederum arbeitet am Aufbau einer Batterie- und Zellproduktion und am Entstehen von Recyclingwerken. Vor diesem Hintergrund muss sich Deutschland positionieren – doch gerade jetzt droht der Rückschlag.
Kappung der Forschungsförderung durch das BMBF
Denn ab 2025 sollen keine neuen Batterieforschungsprojekte mehr durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden – nur laufende Projekte sollen bis zum Projektende ausfinanziert werden. Bereits für 2024 wurden die Mittel für die deutsche Batterieforschung deutlich gekürzt. Bislang finanzierte das BMBF rund 30 % der öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben in der Batterietechnologie in Deutschland. Allein das BMBF hat in den vergangenen 15 Jahren rund eine Milliarde Euro in den Aufbau der deutschen Batterieforschung investiert.
Die Entscheidung des BMBF, die Mittel zu kürzen beziehungsweise auslaufen zu lassen, stößt auf scharfe Kritik aus Wissenschaft und Industrie. "Damit steigt das BMBF de facto aus der Zukunftstechnologie Batterie, einem der aktuell ökologisch und ökonomisch bedeutsamsten Forschungsfelder aus", kritisieren der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Verband Deutscher Maschinen – und Anlagenbau (VDMA), das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) und ZVEI. Dies sei umso unverständlicher, da andere globale Wirtschaftsregionen massiv die Forschung und Entwicklung in dieser Zukunftstechnologie verstärken.
Das Problem: Hierzulande wird mit dem Produzieren von Batteriezellen noch kein Geld verdient. Daher ist staatliche Unterstützung aus Sicht der Branche entscheidend, bis sich Investitionen in diesen Bereich lohnen. Auch in der derzeitigen Phase, in der die Industrie am Aufbau der Produktion arbeitet und nicht alles gleichzeitig finanzieren kann, ist weitere F&E-Unterstützung nötig.
Konsequenzen des Ausstiegs aus der Batterieforschung
Die Kappung der Forschungsförderung durch das BMBF hat daher deutliche Folgen für Deutschland: Zum einen droht der massive Abbau von Forschungskapazitäten im Bereich Batterie. Zum anderen laufen Arbeitsverträge aus, Nachwuchstalente haben keine Perspektiven. Damit beginne jetzt der Abbau von Arbeitskreisen und des BMBF-Dachkonzepts Batterieforschung, so VCI, VDMA, KLiB und ZVEI. Damit einher gehe der Reputationsverlust des Forschungsstandortes Deutschland. Die Zukunft der Forschungskooperationen mit den USA, Japan, Taiwan und Frankreich sei gefährdet.
Auch ein Brandbrief aus dem September der in Deutschland führenden Batterieforscher an die Bundesregierung mahnt schwerwiegende Konsequenzen an. "Es hat bereits ein Verlust von Talenten und Know-how eingesetzt, der sich in den kommenden Monaten verstärken dürfte", heißt es in dem Schreiben. Viele Nachwuchskräfte aus der Materialforschung und aus der Batterie- und Produktionsentwicklung ziehe es ins Ausland. Gleichzeitig seien "Batterie-Arbeitsplätze ohnehin schon am schwierigsten im Technologiesektor zu besetzen", wie Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker von der RWTH Aachen im ATZ-Gastkommentar Akku leer? Richtige und falsche Signale erläutert.
Gründe für eine starke Batterieforschung in Deutschland
Warum eine starke Batterieforschung und -entwicklung für Deutschland unerlässlich ist, machen die Batterieforscher, zu denen auch Kampker gehört, in ihrem Brandbrief deutlich. Sie nennen folgende Gründe:
- "Ohne günstige, leistungsfähige Batterien wird es keine vollumfängliche Energiewende geben". Aktuell könnten nur Batterien als elektrochemische Energiespeicher eine "lückenlose und stabile Energieversorgung" sicherstellen, heißt es. Das Potenzial der Batterieforschung sei jedoch bei Weitem nicht ausgeschöpft.
- "Ohne Batterien ist es nicht möglich, den Verkehr flächendeckend zu elektrifizieren". Ohne die Herstellung kostengünstiger, sicherer Energiespeicher-Technologien in nationalen Gigafabriken sei die Verkehrswende nicht wie geplant möglich.
- "Ohne eine resiliente Versorgung mit Batterien ist das mobile Leben und Arbeiten sowie der Einsatz von Robotik in unserer Gesellschaft, wie wir es kennen, nicht möglich". Batterien seien ein zentraler Bestandteil unserer technologischen Infrastruktur und unseres modernen Lebens, auch abseits der Elektrifizierung des Verkehrs.
- "Ohne spezialisierte Batterien wird es weniger Innovationen und neue Geschäftsmodelle geben". Wer eine Batterie am besten auf die jeweiligen Bedürfnisse, Innovationen und Geschäftsmodelle anpasse, erhalte einen signifikanten Wettbewerbsvorteil entlang zahlreicher Wertschöpfungsketten.
- "Eine ganzheitliche Batteriewertschöpfungskette mit Forschung, Entwicklung und Produktion in Deutschland wäre ein wesentlicher Hightech-Standortvorteil, denn hier droht eine strategische Abhängigkeit von asiatischen Akteuren". Denn im Fall von Konflikten verfügten weder Deutschland noch Europa über eine ganzheitliche Batteriewertschöpfungskette, um die für die Mobilitäts- und Energiewende sowie für alle unsere täglichen Anwendungen notwendigen Stückzahlen und Batteriegrößen zu produzieren.
- "Ohne eine starke Batterieforschungsförderung ist es nicht möglich, Deutschland und Europa technologisch souverän aufzustellen“. Elementar sei dabei eine gezielte Projektförderung als strategische Investition in Forschung und Ausbildung.
Förderstopp trifft auf Auto-Krise
Schlussendlich lässt sich die Situation so zusammenfassen: Die Streichungen in der Batterieforschung kommen zu einem Zeitpunkt, an dem andere globale Wirtschaftsregionen diesen Bereich massiv fördern und sich die deutsche Automobilindustrie ohnehin in einer Krise befindet. Sinkende Verkaufszahlen, hohe Kosten und neue Konkurrenz aus China machen der Branche zu schaffen und sie droht, bei der Elektromobilität den Anschluss zu verpassen. Nun werden zudem die Forschungs- und Entwicklungsausgaben durch den Bund in der Batterieforschung gekürzt.
Wissenschaftler und Industrieverbände mahnen daher klare positive Signale für die Zukunftstechnologie Batterie an. VCI, VDMA, KLiB und ZVEI fordern, "dass die Bundesregierung klare Signale sendet, die Batterieforschung fortzusetzen und sogar weiter auszubauen". Die Batterieforscher fordern im Brandbrief eine langfristige Strategie seitens der Bundesregierung, um eine verlässliche Planung und gezielte Unterstützung von Projekten der Batterieforschung und -entwicklung zu sichern. Dort heißt es: "Nach den vielen Jahren des Aufbaus ist jetzt die Phase gekommen, in der wir unsere Forschungsergebnisse in die Wirtschaft überführen können. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, was wir in Deutschland dank einer konsequenten und strukturierten Förderpolitik leisten können."
Und für Kampker ist klar: "Was wir dem Erfahrungsvorsprung asiatischer Hersteller entgegensetzen können, sind innovative Fertigungstechnologien", so der Wissenschaftler im ATZ-Gastkommentar. Doch er mahnt: "Wer am Ende zu den Gewinnern zählen möchte, muss zuerst investieren. Das muss sich Deutschland leisten können. Ohne Bildung kein Know-how. Ohne Ausgaben keine Einnahmen. Ohne Input kein Output."