Batterien werden bisher überwiegend in Asien produziert. Daher hat sich die EU das Ziel gesetzt, 90 % ihres Batteriebedarfs bis 2030 aus heimischer Produktion zu decken. Einer Studie zufolge ist das eher unwahrscheinlich.
Wie kann Europa seine Batterieproduktion ankurbeln und welche politischen Maßnahmen braucht es dazu?
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Europas Weg zu einer eigenen Versorgung mit Batterien ist schwierig. Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die in der Zeitschrift "Nature Energy" veröffentlicht wurde, sieht nur eine etwa 50-prozentige Chance, dass das von der EU gesteckte Ziel einer 90-prozentigen Selbstversorgung im Jahr 2030 erreicht wird. Und es gebe gute Argumente dafür, dass auch das zu optimistisch sei. Zumindest eine Versorgung zu 50 bis 60 % halten die Forscher um Autor Steffen Link aber für relativ sicher.
Insgesamt werde die Nachfrage nach Batteriezellen in Europa bis 2030 den Wert von einer Terawattstunde pro Jahr wahrscheinlich übersteigen, schreiben die Forscher. Für ihre Studie simulierten sie jeweils 1.000 Szenarien für den Bedarf und die Produktion. Dabei gab es zwar auch Fälle, in denen der Bedarf übertroffen wird, häufiger war allerdings das Gegenteil, wie Link erklärt.
"Dabei wäre gerade vor dem Hintergrund der globalen Unsicherheiten und eskalierenden Handelskonflikte Eigenständigkeit ein wichtiger Punkt, um Lieferengpässe zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa zu sichern", hieß es. Schließlich seien Batterien nicht nur für Autos, sondern auch für die Energieversorgung eine Schlüsseltechnologie.
Perspektiven der europäischen Batterieindustrie bis 2030
Fraunhofer ISI
Nicht am billigsten, aber vielleicht besser
Europa werde zwar vermutlich kaum die günstigsten Batterien herstellen können, sagt Link. "Aber vielleicht kann man auf lange Sicht in Sachen Nachhaltigkeit oder Performance bessere Eigenschaften erzielen oder sogar führend werden." Wenn man nur mit- oder hinterherlaufe, keine Risiken eingehe, und Innovationen nicht proaktiv vorantreibe, werde man im Wettbewerb weiter zurückfallen.
Um die Chancen, auf eine europäische Eigenständigkeit zu verbessern, rät Link der Politik vor allem, verlässliche und stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, bürokratische Hürden abzubauen, und Investitionen beispielsweise durch öffentlich-private Partnerschaften abzusichern. "Der Aufbau der Fertigung und die Skalierung dauern momentan einfach zu lange."
Produktion ausbauen, leistungsfähigere Batterien entwickeln
Auch die Studie "The battery revolution: Shaping tomorrow’s mobility and energy" des Capgemini Research Institute sieht die Batterieindustrie mit dieser doppelten Herausforderung konfrontiert: einerseits die Produktion auszubauen und zu modernisieren, andererseits leistungsfähigere, nachhaltigere Batterien zu entwickeln, etwa alternative Technologien wie Natrium-Ionen- und Festkörperbatterien.
Der Studie sieht die Batterieindustrie daher an einem Wendepunkt. "Technologische Fortschritte entlang der gesamten Batteriewertschöpfungskette werden die gesamte Industrie neu sortieren und bieten ein hohes Potenzial für neue Anwendungsfälle. In dieser Zeit des Wandels muss speziell die deutsche und europäische Batterieindustrie den Rückstand zu den asiatischen Marktführern aufholen und eigene Differenzierungsmerkmale ausarbeiten“, sagt Michael Müller, Head of Climate Tech & Sustainability bei Capgemini Engineering in Deutschland.
Rückschläge für europäische Batterieproduktion
Für den Aufbau einer europäischen Batterieproduktion hatte es zuletzt mehrere Dämpfer gegeben. So ist die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt ein Rückschlag für die europäischen Pläne einer von Asien unabhängigen Batteriefertigung für Elektromobilität. Nach den USA hat der Konzern nun auch in Schweden Insolvenz angemeldet. Zwar sollen die Bauarbeiten für die bei Heide in Schleswig-Holstein geplante Fabrik zur Fertigung von Zellen für bis zu einer Million Elektroautos pro Jahr weitergehen, doch wie lange noch ist ungewiss.
Auch an anderer Stelle zögern die Hersteller. Unter anderem ist das Projekt einer in Kaiserslautern geplanten Batteriezellfabrik des deutsch-französischen Herstellers ACC ins Stocken geraten. Bei Opel in Kaiserslautern liegen Pläne einer neuen Batteriefabrik auf Eis. VW baut bisher erst zwei der einst sechs geplanten Batteriefabriken und hat die Entscheidung für weitere Standorte ausgesetzt. Auch beim fast fertigen Werk in Salzgitter bremst Europas größter Autobauer: Die erste Produktionsstrecke soll wie geplant 2025 anlaufen, über eine bisher angedachte zweite Fertigungslinie wird erst später entschieden. Als Gründe verweisen die Unternehmen vor allem auf die hohen Strompreise und den stockenden Hochlauf der Elektromobilität.
"Generell hat sich die ursprüngliche Euphorie bei den Batterieinvestitionen etwas abgekühlt", sagt der Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbands Batterien, Gunther Kellermann, der Deutschen Presse-Agentur. In Deutschland habe dazu unter anderem das Ende der E-Auto-Förderung beigetragen.
China dominiert globalen Markt
Die Nachfrage nach Batterien auf dem Weltmarkt steigt seit Jahren, was vor allem an Elektrofahrzeugen liegt. Nach Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) aus Paris kommen mehr als 70 % aller Batterien für E-Autos aus China. Der chinesische Hersteller CATL kündigte jüngst an, seine Produktion im 2023 eröffneten Werk bei Erfurt weiter hochzufahren.
In Europa kommen die wichtigsten Produzenten aus Asien. Außer CATL sind die drei südkoreanischen Unternehmen LG Energy Solution, Samsung SDI und SK Innovation zu nennen, wie Fraunhofer-Wissenschaftler Link berichtet. "Northvolt war der erste europäische Player, der versucht hat, Batteriezellen im großen Maßstab zu fertigen."