Zwei Jahre lang erforschten Wissenschaftler der TU Braunschweig Wege, wie Verzögerungen und Kostenexplosionen in großen Bauvorhaben vermieden werden können. So ist ein Handlungsleitfaden für Bauherren, Projektmanager und Planer entstanden.
Der im Rahmen des Forschungsprojektes "OI+BAU" erstellte Handlungsleitfaden hat den störungsfreien Ablauf komplexer Bauvorhaben zum Ziel und konzentriert sich vorrangig auf Hochbauprojekte. Die Empfehlungen starten mit den Aufgabenfeldern in der frühesten Projektphase, der sogenannten Initiierungsphase, die eine Kernaufgabe der Projektentwicklung darstellt, wie es im Kapitel "Kernprozesse des Projektmanagements" des Springer-Fachbuchs "Ein multifunktionales Modell des Projektmanagements im Hochbau" heißt – dabei geht es auch um psychologische und politisch-ökonomische Aspekte, die zu Fehlentwicklungen innerhalb von Bauprojekten führen können.
Dieser ersten Phase, so die Experten für Bauwirtschaft, Immobilienmanagement und Industriebau der Technischen Universität Braunschweig, komme eine entscheidende Bedeutung zu, in ihr gehe es um eine intensive Analyse der Ausgangslage. Und in ihr würden die wesentliche Randbedingungen für die weitere Projektabwicklung definiert. Außerdem diene die Ausgangslage als ständiger Orientierungspunkt. So bauen auch die 16 weiteren Aufgabenfelder des Handlungsleitfaden auf dieser Phase auf. Am Ende der Phase sollte ein "Concept Freeze" erstellt werden, der zentrale Entscheidungen als verlässliche Planungsgrundlage für die weitere Projektabwicklung festhält, empfehlen die Wissenschaftler. Auch ein sogenanntes Initiierungscoaching könne helfen, um Fehler zu vermeiden. Dabei werden Erfahrungen aus ähnlichen Bauvorhaben gesammelt und auf das aktuelle Projekt projiziert. Die Autoren der "Einleitung" im Springer-Fachbuch "Prozessorientiertes Bauprojektmanagement" ordnen der Projektvorbereitung die Punkte "Erkannter Bedarf/Nutzungsidee/Grundstück", "Bedarfsplanung" sowie die "Zielplanung" zu. Dann folgen die einzelnen Stufen der Planung bevor es zur Ausführung und schließlich zum Betrieb, dem Erhalt und dem Unterhalt kommt.
Auch "weiche" Faktoren spielen in Bauprojekten eine Rolle
Die Braunschweiger Forscher beschränken sich in ihrer Analyse jedoch nicht nur auf die harten Faktoren, sie betonen, dass ebenso sogenannte "weiche" Faktoren zu beachten seien. Denn gerade mit Projektstart könne es der Faktor Mensch sein, der negative Dynamiken in komplexe Bauvorhaben bringe. Zu den psychologischen und politisch-ökonomischen Phänomenen würden beispielsweise der "Fluch der ersten Zahl" oder psychologische Verdrängungsmechanismen zählen. Es brauche daher einen offenen Umgang mit Fehlern, Risiken und Änderungen.
Was die Erfolgskriterien für das Projektmanagement betrifft, so schreiben die Autoren des Kapitels "Projektmanagement" im Springer-Fachbuch "Performancesteigerung im Unternehmen", dass die Erfüllung der Erwartungshaltung der Projektbetroffenen von besonderer Bedeutung sei. Dafür sei es notwendig, die Stakeholder und deren Erwartungshaltungen zu kennen. Daher sei auch diesem Punkt eine entscheidende Bedeutung in den Phasen der Projektvorstufe und des Projekt‐Kick‐offs beizumessen. Zudem müsse die Zielsetzung genau definiert sein. Dies betreffe den zeitlichen Aspekt, den wirtschaftlichen Aspekt und den inhaltlichen, das heißt gegenständlichen Aspekt.