Ingenieure der TU Dresden entwickeln mit Partnern in einem Verbundprojekt eine vollständig vernetzte Baustelle. In den kommenden drei Jahren sollen dort neue Maschinen- und Kommunikationstechnologien erprobt werden.
Baumaschinen, die ihre Arbeitsaufgaben automatisiert oder teilautomatisiert ausführen, digitale Assistenzsysteme, eine digitale Baustellenlogistik, eine Baustellencloud und ein Connectivity-Modul: Im Verbundprojekt "Bauen 4.0. Effizienz und Produktivitätssteigerung von Bauprozessen durch Vernetzung und Kommunikation mobiler Arbeitsmaschinen" erproben Ingenieure der TU Dresden zusammen mit mehr als 20 Partnern aus Wissenschaft und Industrie in den kommenden drei Jahren neue Vernetzungsmöglichkeiten und Automatisierungsfunktionen. Erforscht werden soll der komplette Kommunikationsweg von der Bau- und Prozessplanung über die Baustellenlogistik bis hin zu der Baumaschine. Orientieren will man sich dabei an Aufgaben, die im Tiefbau notwendig sind.
"Eine schnelle, stabile und kabellose Datenübertragung ist die Grundvoraussetzung für die digitalisierte Baustelle. Erst die leistungsstarke Drahtlos-Technologie 5G ermöglicht eine Echtzeitkommunikation, mit der alle Bauprozesse und Akteure sowie deren Interaktion digital abgebildet und gestaltet werden können", erklärt der Koordinator des Verbundprojektes und Direktor des Institutes für Mechatronischen Maschinenbau an der TU Dresden, Prof. Jürgen Weber. 5G werde zum Türöffner für neue Möglichkeiten und Anwendungsfälle, von denen viele bis heute noch unbekannt seien, schreiben auch die Autoren des Kapitels "5G-Datentransport mit Höchstgeschwindigkeit" im Springer-Fachbuch "Digitalisierung". Denn neben der Vernetzung von Menschen werde 5G zudem die Vernetzung von intelligenten Objekten ermöglichen. Doch, so die Autoren: "Dabei ergeben sich für viele Anwendungsfälle spezielle Anforderungen an das Kommunikationsnetz bezüglich Datenrate, Zuverlässigkeit, Energieverbrauch, Latenz etc. Diese Diversität an Anwendungen und die entsprechenden Anforderungen erfordern ein skalierbares und flexibles Kommunikationsnetz, sowie die Integration diverser zum Teil auch sehr heterogener Kommunikationslösungen."
Eine Baustellencloud und digitale Baustellenlogistik
So heißt ein Themenschwerpunkt des Verbundprojektes nicht umsonst "Vernetzung und Kommunikation". Eine Baustellencloud soll die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine, zwischen Maschinen untereinander als auch die zwischen Maschinen und der Cloud möglich machen, sie übernimmt rechenintensive Prozesse und die Datenverwaltung. Ein zusätzlich entwickeltes Connectivity-Modul sorgt dafür, dass die Planungsdaten zur Maschine gelangen. Für all das braucht es eine vollständige Vernetzung und kabellose Kommunikationstechnologien.
Ein zweiter Themenschwerpunkt läuft unter dem Titel "Digitale Baustelle". Hierbei geht es um eine digitale Baustellenlogistik, die immer genau weiß, welches Material oder Werkzeug an welchem Ort ist und zu welcher Zeit wo gebraucht wird. Auch hierbei laufen die entsprechenden Informationen über die bereits beschriebene Cloud. Weber beschreibt es anhand eines Beispiels: "Ein komplett vernetzter Radlader sendet live das Gewicht seines Schaufelinhaltes an eine Baustellencloud. Die digitale Baustelle überwacht den Ladeprozess und warnt den Maschinenführer rechtzeitig, bevor die erlaubte Achslast des Lasters überschritten wird." Ein Best Practice zu dem Thema ist im Kapitel "Bauprozess optimieren" des Springer-Fachbuchs "Aktuelle Entwicklungen in Baubetrieb, Bauwirtschaft und Bauvertragsrecht" zu finden.
Antwort auf die Herausforderung Fachkräftemangel
Womit das dritte Schwerpunktthema des Projekts genannt ist: Digitale mobile Arbeitsmaschinen. In diesem geht es um die Weiterentwicklung von Baumaschinen – vorrangig Erdbewegungsmaschinen, damit diese Arbeitsaufgaben automatisiert oder teilautomatisiert ausführen können, heißt es vonseiten er TU Dresden. Die Maschinen, die bisher noch manuell gesteuert werden, sollen durch zusätzliche elektronische Ansteuerungen erweitert werden. Dazu zählen beispielsweise auch digitale Assistenzsysteme für deren Fahrer: VR-Brillen zum Beispiel können dem Baggerfahrer nach der Bodenvermessung einen Blick ins Erdreich der Baustelle und damit auch auf mögliche Versorgungsleitungen gewähren, intelligente Steuerkonsolen den Radladerfahrer zum korrekten Erdhaufen navigieren und anzeigen, wie viel Material er dort umschlagen soll.
Teil- oder vollautomatisierte Baumaschinen, die eines Tages über Baustellen fahren werden, werden aber nicht die einzigen Veränderungen des zukünftigen Bildes einer Baustelle sein. Weber malt das Bild noch weiter: "In den Baustellencontainern, in denen heute vor allem Fachkräfte arbeiten und wohnen, werden in Zukunft Serverfarmen Einzug halten." So trägt die digitalisierte Baustelle nicht nur der technologischen Weiterentwicklungen Rechnung, sie ist zudem auch die Antwort auf andere Herausforderungen des Bauwesens: zum Beispiel den Fachkräftemangel.